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sich zu einer stadträumlichen Gruppe zu-
sammenschließenden, nach Bauzeit und
Bautypen differierenden Architekturen wer-
den im Südwesten von den beiden jüngsten
und größten Bauten, dem Städtischen Mu-
seum (Steintorwall 14) und der Stadtbiblio-
thek (Steintorwall 15) dominiert.
Zwischen 1901 und 1906 errichtete der dama-
lige Stadtbaumeister M. Osterloh den in ba-
rockisierenden Formen gehaltenen Muse-
umsbau auf der Westseite des südlichen
Steintorwalles, auf einem bis dahin unbebau-
ten Gelände, das zur benachbarten Husaren-
kaserne auf dem Löwenwall gehörte. Die auf
niveauausgleichendem Souterraingeschoß
ruhende Vierflügelanlage mit zentralem
Lichthof hat unterschiedlich ausgeformte
dreigeschossige Fassaden nach Norden, We-
sten und Süden, wobei die zum Steintorwall
weisende den ursprünglichen, von Hermen-
pfeilern flankierten Haupteingang enthält. Die
mit Rauh- und Feinputz in Grautönen viel-
gliedrig gestalteten und mit plastischen Mas-
kenköpfen geschmückten Schaufronten
sind durch Vor- und Rücksprünge lebhaft
rhythmisiert, jede Seite ist individuell durch-
gebildet, dabei aber streng symmetrisch auf-
gebaut. Eine besondere Ausprägung erfuhr
die Südseite zum Löwenwall, deren Mittelteil
- einer Kirchenfassade ähnlich - zwischen
zwei Turmbauten gespannt ist, die mit ihren
glockenförmigen Hauben die Walmdächer
des übrigen Baues überragen. Rund- und
Stichbogenfenster, in unterschiedlichen Grö-
ßen, einzeln oder zu Gruppen zusammenge-
faßt, an der Südseite auch mit figürlicher
Farbverglasung, belichten die Schauräume,
die zwischen 1972 und 1976 völlig umstruktu-
riert wurden und in denen Sammlungen zur
Braunschweiger Kunst- und Kulturge-
schichte präsentiert werden. Nach leichten
Beschädigungen im Zweiten Weltkrieg
wurde das Gebäude 1946 instandgesetzt
und erstmals im Inneren verändert. Umfang-

reiche Dachumbauten erfolgten im Jahre
1968. Zusammen mit der Neuorganisation
des Inneren während der siebzigerJahre ist
der Haupteingang von der Ostseite auf die
Nordseite am Magnitorwall verlegt worden.
Zu einer städtebaulich eindrucksvollen Grup-
pierung schließt sich der Museumsbau mit
dem nach Norden bis zur Fluchtlinie der
Straße Am Magnitor vorspringenden, schma-
len, aber hohen Archiv- und Bibliotheksbau
zusammen, der durch einen in drei Bögen
geöffneten Torbau mit dem Museum verbun-
den ist fSfe/ntorwa//15/Auf Schlußsteinen im
Verbindungstrakt finden sich die Datierun-
gen „1907“ und „1908“, die wohl auch auf den
Bibliotheksbau selbst zu beziehen sind. Wie
am Museum besteht auch hier die architek-
tonische Gliederung aus verschieden struk-
turierten graugetönten Putzen, mit denen
bossierte Quader, Putzfugenschnitte und
Gesimsprofile hergestellt wurden. Das über-
höhte Hauptgeschoß der Bibliothek wird all-
seitig von sehr hohen, segmentbogigen Fen-
stern belichtet. Eine ungewöhnliche Ausfor-
mung zeigt das Dachgeschoß: Über einem
niedrigen Fußwalm umzieht das ganze Ge-
bäude ein aus der Fassadenebene zurückge-
setzter, dicht befensterter und nur wenig ho-
her Mauerstreifen über dem dann erst das
allseitig abgewalmte und leicht vorkragende
Dach ansetzt. Im Gegensatz zu dem mit ba-
rock geschwungenen Formen und phanta-
sievollen Jugendstildetails arbeitenden Ent-
wurf des Museumsbaues ist das Archiv- und
Bibliotheksgebäude auf eine strengere Form-
gebung zurückgeführt, die nur im Süden und
Westen mit aus den Fassaden halbrund her-
vortretenden Treppentürmen unterbrochen
wird.
Auf den platzartig erweiterten Kreuzungsbe-
reich nimmt das 1894 von R. Martinius errich-
tete Doppelwohngeschäftshaus Am Magni-
tor 7a/Magnitorwall 8 Bezug, das der Stadtbi-
bliothek nördlich gegenüberliegt und dessen

historistische Formgebung an der dem Platz
zugewendeten, abgeschrägten Ecke beson-
ders konzentriert ist. Über den in modernen
Formen erneuerten Ladeneinbauten ist dem
ersten Obergeschoß hier ein Balkon vorge-
legt, auf dem als Nischenfigur ein geharnisch-
ter Lanzenträger steht, flankiert von in Putz
reich ornamentierten Fenster-ZTüröffnungen.
Das erste und zweite Obergeschoß des Zie-
gelbaues wird durch Putzlisenen mit floral
gestalteten Kapitellen zusammengefaßt und
das dritte Obergeschoß durch ein umlaufen-
des Gesims abgesetzt. Bei Erneuerungen
des steilen Mansarddaches in der Nach-
kriegszeit wurden die rundbogigen Gauben
z.T. durch Dachflächenfenster ersetzt, bekrö-
nende Vasen und Aufsätze entfernt und die
in Renaissancemanier gestalteten Zwerch-
giebel in vereinfachter Form restauriert.
Auf den unter spitzem Winkel zusammenlau-
fenden, sich platzartig erweiternden Zusam-
menschluß von Magnitorwall und Steintor-
wall ist das Wohnhaus Magnitorwall 7ausge-
richtet, das mit nach Süden gewendeter Fas-
sade hier um 1825/30 entstand und das mit
seiner Ausrichtung bereits zu diesem frühen
Zeitpunkt auf die besondere stadträumliche
Situation an dieser Stelle Bezug nimmt. Das
zweigeschossige, massive und hell verputzte
Wohnhaus liegt auf dem im Süden abgerun-
deten Grundstück relativ weit zurück. Es ist
im Kern ein klassizistischer Bau mit einem
flach geneigten, weit überstehenden Walm-
dach, der im Laufe des 19. Jh. mehrfach ver-
ändert wurde und dessen klare Form durch
An- und Umbauten, besonders durch den
1919 der Fassadenmittelachse vorgelegten
eingeschossigen Altan verunklärt wurde. Die
an den Fassadenecken doppelt gestellten
und die Mittelachse und das Zwerchhaus in
einfacher Anordnung begleitenden kolossa-
len Putzpilasterscheinen ebenfalls einer Um-
gestaltung des frühen zwanzigsten Jahrhun-
derts zu entstammen.

Am Magnitor 7a/8, Wohn-/Geschäftshaus, 1894, Architekt R. Martinius


Magnitorwall 7, Wohnhaus, um 1825/30


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