Bei allen Veränderungen, die die fränkische Eroberung für die Sachsen mit sich brachte,
lehnte sich doch die fränkische Verwaltung des eroberten Landes an dessen ur-
sprüngliche Einteilung in seine altsächsischen Gaue an, deren Namen in den Urkunden
der Zeit fortlebten. Die Abgrenzungen dieser Bereiche einer in altsächsischer Zeit nur
lockeren politischen Organisation, mit der das Land in eine große Zahl von Siedlungs-
gemeinschaften unterteilt war, waren nicht fest umrissen und sind aufgrund der lücken-
haften Überlieferung kaum zuverlässig zu bestimmen, sie lassen sich daher nur in
großen Zügen darstellen. So war in dem hier behandelten Teil des Kreisgebietes der
südliche Randbereich zugehörig zum ausgedehnten Leinegau (Lagni), der das Gebiet
der oberen Leine zwischen Nörten, Göttingen und Friedland umfasste, im Westen aber
auch bis an die Weser ausgriff und auch noch das Bodenfelder Gebiet mit einschloss.
Weiter nordöstlich war es der Rittigau, der den Raum nördlich der Rhumemündung bis
in das Vorland des Harzes einnahm und in dessen Gebiet der Ort Northeim einzuordnen
ist. Im Südosten lag der Lisgau (Hlisgo), dem das Harzvorland im äußersten Ostteil des
Landkreises zuzurechnen ist. Den Landschaftsraum des Moringer Beckens umfasste im
Wesentlichen der Mooregau (Moronga), der sich aber auch nach Westen weit bis in den
Solling hinein erstreckte, während im Norden des Mooregaus nördlich von Solling und
Ahlsburg sich der Sülberggau (Suilberge) mit dem Gebiet um Einbeck anschloss. Ganz
am Westrand des Kreisgebiets griff der Agau (Auga) mit seinem südöstlichen Teil über
die Weser hinweg nach Osten tief bis in den Solling hinein.
Für die Verwaltung des solchermaßen eingeteilten Sachsenlandes wurden nach dessen
Unterwerfung und Eingliederung in das Frankenreich königliche Beamte, die Grafen
eingesetzt, die von Karl dem Großen vielfach aus dem Kreis der einflussreichen und
begüterten sächsischen Geschlechter ausgewählt wurden. Deren Machtstellung im
Lande wuchs mit dem Niedergang der fränkischen Monarchie unter den Nachfolgern
Karls des Großen. So verstanden sich die Grafen in der Folge nicht mehr als königliche
Beamte, sondern als Inhaber erblicher und unabhängiger Lehen. Mit der Verbindung von
Grafenrechten und erheblichem Eigenbesitz war der Grund gelegt für die Ausbildung
erster territorialer Machtbereiche, die sich im 11. und 12. Jahrhundert überall im Lande
entwickelten und die in den zu jener Zeit zahlreich errichteten Burgen ihre Zentren hat-
ten.
Der weltlichen Verwaltung zur Seite stand die Kirche, in deren Händen die Missionierung
und geistliche Versorgung des Landes lag. In den eroberten Gebieten der Sachsen hatte
Karl der Große neue Bistümer in Bremen, Verden, Minden, Osnabrück, Münster und
Paderborn errichtet, während die südlichen und westlichen Randbereiche des Sachsen-
landes den alten Diözesen Mainz und Köln angeschlossen wurden. Im Northeimer Raum
war es die Mainzer Diözese, der bereits das angrenzende Hessen und Thüringen ange-
hörte und die nunmehr nach der fränkischen Eroberung ihr Einflussgebiet bis an den
Rand des Harzes vorschieben konnte. Zentrum des großen Mainzer Archidiakonats-
bezirks, der den südniedersächsischen Bereich zwischen Weser und Harz einnahm und
dem der größte Teil des heutigen Kreisgebiets zugehörte, war das Petersstift in Nörten.
Weitere Unterteilungen des Archidiakonats Nörten bildeten zwölf Archipresbyterate,
unter denen die Erzpriesterstühle in Nörten, Moringen, Berka, Hohnstedt und Ödeisheim
für Bereiche des südlichen Kreisgebiets zuständig waren. Nur der äußerste südwestliche
Zipfel des Kreises im Gebiet der heutigen Gemeinde Bodenfelde stand ursprünglich in
Abhängigkeit zum Bistum Paderborn, aus dessen erster, im Solling gelegener
Klostergründung Hetis (815) durch anschließende Verlegung das nahe Corvey am linken
Weserufer hervorging.
Auch nach seiner Eingliederung in das fränkische Reich verblieb dem Sachsenstamm
eine gewisse Eigenständigkeit, die in der Ausbildung eines eigenen Stammesherzog-
tums ihren Ausdruck fand. Aus dem Kreis der großen sächsischen Geschlechter, der
Liudolfinger, Immedinger, Billunger, Brunonen und der Grafen von Northeim, in deren
Händen sich Macht, Grundbesitz und Rechte im Lande gehäuft hatten, waren es die
Liudolfinger, die in der Mitte des 9. Jahrhunderts das Herzogamt in Sachsen und mit
Heinrich I. (919-36) und Otto I. (936-73) schließlich die deutsche Königskrone erwarben.
Unter den anderen sächsischen Großen, die sich in die Verwaltung des Herzogtums teil-
ten, konnten in Südniedersachsen die Northeimer Grafen im 11. Jahrhundert den Raum
zwischen Harz und Weser unter ihre Abhängigkeit bringen und hier ihre Machtstellung
im großen Umfange ausbauen. So besaßen sie Komitatsrechte im Ritti- und Mooregau
und in verschiedenen Nachbargauen, darüber hinaus eine Vielzahl von Grund-
herrschaften, Vogtei- und Besitzrechten in einem weit über das Zentrum ihrer Macht hin-
ausgehenden Bereich. Neben den Northeimer Grafen erschienen im 11. Jahrhundert die
seit 997 in Südniedersachsen nachweisbaren Grafen von Katlenburg, ein Geschlecht,
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lehnte sich doch die fränkische Verwaltung des eroberten Landes an dessen ur-
sprüngliche Einteilung in seine altsächsischen Gaue an, deren Namen in den Urkunden
der Zeit fortlebten. Die Abgrenzungen dieser Bereiche einer in altsächsischer Zeit nur
lockeren politischen Organisation, mit der das Land in eine große Zahl von Siedlungs-
gemeinschaften unterteilt war, waren nicht fest umrissen und sind aufgrund der lücken-
haften Überlieferung kaum zuverlässig zu bestimmen, sie lassen sich daher nur in
großen Zügen darstellen. So war in dem hier behandelten Teil des Kreisgebietes der
südliche Randbereich zugehörig zum ausgedehnten Leinegau (Lagni), der das Gebiet
der oberen Leine zwischen Nörten, Göttingen und Friedland umfasste, im Westen aber
auch bis an die Weser ausgriff und auch noch das Bodenfelder Gebiet mit einschloss.
Weiter nordöstlich war es der Rittigau, der den Raum nördlich der Rhumemündung bis
in das Vorland des Harzes einnahm und in dessen Gebiet der Ort Northeim einzuordnen
ist. Im Südosten lag der Lisgau (Hlisgo), dem das Harzvorland im äußersten Ostteil des
Landkreises zuzurechnen ist. Den Landschaftsraum des Moringer Beckens umfasste im
Wesentlichen der Mooregau (Moronga), der sich aber auch nach Westen weit bis in den
Solling hinein erstreckte, während im Norden des Mooregaus nördlich von Solling und
Ahlsburg sich der Sülberggau (Suilberge) mit dem Gebiet um Einbeck anschloss. Ganz
am Westrand des Kreisgebiets griff der Agau (Auga) mit seinem südöstlichen Teil über
die Weser hinweg nach Osten tief bis in den Solling hinein.
Für die Verwaltung des solchermaßen eingeteilten Sachsenlandes wurden nach dessen
Unterwerfung und Eingliederung in das Frankenreich königliche Beamte, die Grafen
eingesetzt, die von Karl dem Großen vielfach aus dem Kreis der einflussreichen und
begüterten sächsischen Geschlechter ausgewählt wurden. Deren Machtstellung im
Lande wuchs mit dem Niedergang der fränkischen Monarchie unter den Nachfolgern
Karls des Großen. So verstanden sich die Grafen in der Folge nicht mehr als königliche
Beamte, sondern als Inhaber erblicher und unabhängiger Lehen. Mit der Verbindung von
Grafenrechten und erheblichem Eigenbesitz war der Grund gelegt für die Ausbildung
erster territorialer Machtbereiche, die sich im 11. und 12. Jahrhundert überall im Lande
entwickelten und die in den zu jener Zeit zahlreich errichteten Burgen ihre Zentren hat-
ten.
Der weltlichen Verwaltung zur Seite stand die Kirche, in deren Händen die Missionierung
und geistliche Versorgung des Landes lag. In den eroberten Gebieten der Sachsen hatte
Karl der Große neue Bistümer in Bremen, Verden, Minden, Osnabrück, Münster und
Paderborn errichtet, während die südlichen und westlichen Randbereiche des Sachsen-
landes den alten Diözesen Mainz und Köln angeschlossen wurden. Im Northeimer Raum
war es die Mainzer Diözese, der bereits das angrenzende Hessen und Thüringen ange-
hörte und die nunmehr nach der fränkischen Eroberung ihr Einflussgebiet bis an den
Rand des Harzes vorschieben konnte. Zentrum des großen Mainzer Archidiakonats-
bezirks, der den südniedersächsischen Bereich zwischen Weser und Harz einnahm und
dem der größte Teil des heutigen Kreisgebiets zugehörte, war das Petersstift in Nörten.
Weitere Unterteilungen des Archidiakonats Nörten bildeten zwölf Archipresbyterate,
unter denen die Erzpriesterstühle in Nörten, Moringen, Berka, Hohnstedt und Ödeisheim
für Bereiche des südlichen Kreisgebiets zuständig waren. Nur der äußerste südwestliche
Zipfel des Kreises im Gebiet der heutigen Gemeinde Bodenfelde stand ursprünglich in
Abhängigkeit zum Bistum Paderborn, aus dessen erster, im Solling gelegener
Klostergründung Hetis (815) durch anschließende Verlegung das nahe Corvey am linken
Weserufer hervorging.
Auch nach seiner Eingliederung in das fränkische Reich verblieb dem Sachsenstamm
eine gewisse Eigenständigkeit, die in der Ausbildung eines eigenen Stammesherzog-
tums ihren Ausdruck fand. Aus dem Kreis der großen sächsischen Geschlechter, der
Liudolfinger, Immedinger, Billunger, Brunonen und der Grafen von Northeim, in deren
Händen sich Macht, Grundbesitz und Rechte im Lande gehäuft hatten, waren es die
Liudolfinger, die in der Mitte des 9. Jahrhunderts das Herzogamt in Sachsen und mit
Heinrich I. (919-36) und Otto I. (936-73) schließlich die deutsche Königskrone erwarben.
Unter den anderen sächsischen Großen, die sich in die Verwaltung des Herzogtums teil-
ten, konnten in Südniedersachsen die Northeimer Grafen im 11. Jahrhundert den Raum
zwischen Harz und Weser unter ihre Abhängigkeit bringen und hier ihre Machtstellung
im großen Umfange ausbauen. So besaßen sie Komitatsrechte im Ritti- und Mooregau
und in verschiedenen Nachbargauen, darüber hinaus eine Vielzahl von Grund-
herrschaften, Vogtei- und Besitzrechten in einem weit über das Zentrum ihrer Macht hin-
ausgehenden Bereich. Neben den Northeimer Grafen erschienen im 11. Jahrhundert die
seit 997 in Südniedersachsen nachweisbaren Grafen von Katlenburg, ein Geschlecht,
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