Unter dem Einfluss der im frühen 19.Jh. einsetzenden Stildiskussion und der in
Musterbüchern und Sammelwerken erscheinenden Ornamentstile des Mittelalters setzte
eine retrospektive Baukunst ein, die bestimmend war durch die Wiederaufnahme
romanischer und gotischer Stilformen. So z.B. die Bauten in Behrensen von 1870, in
Nörten-Hardenberg (ev. Kirche) von 1902/04, die kath. Pfarrkirche St. Marien in Nort-
heim von 1885/86 und die auf Entwürfe C. W. Hases zurückzuführenden Beispiele in
Bollensen von 1882/83, in Lindau (ev. Kreuzkirche) von 1895 und Bishausen von 1867.
Bishausen (Flecken Nörten-Hardenberg) Kapelle, Südansicht. In: C. W. Hase, Sammlung von Zeichnungen,
Hannover 1872-75, H. IX, BI. 1.
Wüstungskirchen
Neben ihrer bau- und siedlungsgeschichtlichen Bedeutung halten die nur noch in
Rudimenten erhaltenen Kirchen der Wüstungen, die keinen eigenständigen Bautypus
ausbildeten, die Erinnerung an die einstigen Siedlungsplätze wach: an das bei Hettensen
gelegene ehemalige Sollingdorf Vredewolt, an den wüst gefallenen Ort Leisenberg west-
lich von Gillersheim, an den erstmals 1318 urkundlich erwähnten Ort „Melighagen“, das
spätere Malliehagen etwa 2 km östlich von Dinkelhausen, und an den aufgegebenen
Siedlungsplatz Winnefeld im Gemeindefreien Gebiet Solling.
Nahtlos fügt sich die wohl um 1300 entstandene Wüstungskirche Vredewold in das Bild
mittelalterlicher Wehrkirchen ein, deren Kirchenplatz zusätzlich durch eine Grabenanlage
von unregelmäßigem Zuschnitt gesichert war. Die obertägigen rezenten Mauerreste,
Teile eines mehrgeschossigen wehrhaften Turmwerkes, weisen die Kirche als geostete
einschiffige Saalkirche wohl mit geradem Chorschluss und quadratischem Westturm
aus, deren Turm mit den Außenmauern des Langhauses fluchtete.
Offenbar turmlos war die Kirche des St. Johannes Ev. der Wüstung Leisenberg westlich
von Gillersheim nahe der Göttinger Landkreisgrenze. Der Sakralbau, der wohl auch in
die Zeit um 1300 zu datieren ist, bildete den Mittelpunkt der mittelalterlichen Siedlung,
die um 1450 aufgegeben wurde. Erhalten haben sich noch die beiden etwa 5,80 m
hohen Giebelmauern, die nur ansatzweise die räumliche Gestalt der Wehrkirche zu ver-
anschaulichen vermögen.
Erstmals 1318 wird die östlich von Dinkelhausen gelegene Siedlung „Melighagen“ im
heutigen Malliehagental urkundlich genannt. Ihr Wüstfallen erfolgte wohl zwischen 1410
und 1596. Erst 1784 berichten die Schriftquellen von der „Maljehäger Kirche“, deren
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Musterbüchern und Sammelwerken erscheinenden Ornamentstile des Mittelalters setzte
eine retrospektive Baukunst ein, die bestimmend war durch die Wiederaufnahme
romanischer und gotischer Stilformen. So z.B. die Bauten in Behrensen von 1870, in
Nörten-Hardenberg (ev. Kirche) von 1902/04, die kath. Pfarrkirche St. Marien in Nort-
heim von 1885/86 und die auf Entwürfe C. W. Hases zurückzuführenden Beispiele in
Bollensen von 1882/83, in Lindau (ev. Kreuzkirche) von 1895 und Bishausen von 1867.
Bishausen (Flecken Nörten-Hardenberg) Kapelle, Südansicht. In: C. W. Hase, Sammlung von Zeichnungen,
Hannover 1872-75, H. IX, BI. 1.
Wüstungskirchen
Neben ihrer bau- und siedlungsgeschichtlichen Bedeutung halten die nur noch in
Rudimenten erhaltenen Kirchen der Wüstungen, die keinen eigenständigen Bautypus
ausbildeten, die Erinnerung an die einstigen Siedlungsplätze wach: an das bei Hettensen
gelegene ehemalige Sollingdorf Vredewolt, an den wüst gefallenen Ort Leisenberg west-
lich von Gillersheim, an den erstmals 1318 urkundlich erwähnten Ort „Melighagen“, das
spätere Malliehagen etwa 2 km östlich von Dinkelhausen, und an den aufgegebenen
Siedlungsplatz Winnefeld im Gemeindefreien Gebiet Solling.
Nahtlos fügt sich die wohl um 1300 entstandene Wüstungskirche Vredewold in das Bild
mittelalterlicher Wehrkirchen ein, deren Kirchenplatz zusätzlich durch eine Grabenanlage
von unregelmäßigem Zuschnitt gesichert war. Die obertägigen rezenten Mauerreste,
Teile eines mehrgeschossigen wehrhaften Turmwerkes, weisen die Kirche als geostete
einschiffige Saalkirche wohl mit geradem Chorschluss und quadratischem Westturm
aus, deren Turm mit den Außenmauern des Langhauses fluchtete.
Offenbar turmlos war die Kirche des St. Johannes Ev. der Wüstung Leisenberg westlich
von Gillersheim nahe der Göttinger Landkreisgrenze. Der Sakralbau, der wohl auch in
die Zeit um 1300 zu datieren ist, bildete den Mittelpunkt der mittelalterlichen Siedlung,
die um 1450 aufgegeben wurde. Erhalten haben sich noch die beiden etwa 5,80 m
hohen Giebelmauern, die nur ansatzweise die räumliche Gestalt der Wehrkirche zu ver-
anschaulichen vermögen.
Erstmals 1318 wird die östlich von Dinkelhausen gelegene Siedlung „Melighagen“ im
heutigen Malliehagental urkundlich genannt. Ihr Wüstfallen erfolgte wohl zwischen 1410
und 1596. Erst 1784 berichten die Schriftquellen von der „Maljehäger Kirche“, deren
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