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Kämmerer, Christian [Hrsg.]; Lufen, Peter Ferdinand [Hrsg.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 7,1): Landkreis Northeim: Südlicher Teil mit den Städten Hardegsen, Moringen, Northeim und Uslar, den Flecken Bodenfelde und Nörten-Hardenberg, der Gemeinde Katlenburg-Lindau und dem Gemeindefreien Gebiet Solling — Braunschweig, 2002

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https://doi.org/10.11588/diglit.44420#0047
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Zugleich überrascht der westliche Bereich des Altkreises Northeim mit älteren
Wohnwirtschaftsgebäuden, die, anders als im Bereich östlich des Sollings, zumindest in
der Mehrzahl der Fälle beeinflusst wurden von den typischen Hausformen des
Oberwesergebietes. Hier im Überschneidungsgebiet zwischen niederdeutschem und
mitteldeutschem Haus finden sich neben dem niederdeutschen Hallenhaus des
Oberwesertyps Sonderformen des Hallenhauses, in denen Hallenhaus und mittel-
deutsches Haus in regionaltypischen Abwandlungen eine Symbiose eingingen.
Entstanden sind hauskundlich bemerkenswerte Bauten auf dem Gebiet des Fleckens
Bodenfelde und des östlich anschließenden Uslarer Beckens, während in den
Gemeinden östlich des Sollings auf dem Gebiet der Städte Hardegsen und Moringen -
wenigstens heute - zweifellos niederdeutsch geprägte Wohnwirtschaftsgebäude bzw.
Überschneidungsformen nur noch vereinzelt am unmittelbaren Sollingrand anzutreffen
sind (Ertinghausen, Am Gretchenbach 3; Espol, Brinkstraße 11; Fredelsloh, Am
Hainberg 17).

Doch wenden wir uns zunächst den mitteldeutschen Haus- und Hofformen zu. Die in
mannigfachen Ausprägungen überkommene mitteldeutsche Bauweise lässt sich bis auf
regional-spezifische und zeittypische Gemeinsamkeiten, die sich vornehmlich an den
Schmuckformen manifestieren, nicht in ein starres Gerüst eines bestimmten idealisierten
Haustyps mit einheitlichen Wesensmerkmalen pressen. Einheitsstiftende Größe ist
neben der räumlichen Querteilung eigentlich nur der Queraufschluss, der die unter-
schiedlichen Gestaltungsvarianten der mitteldeutschen Hausformen zusammenhält.



Erdgeschossgrundriss eines streckhofartigen quergeteilten mitteldeutschen Hauses (nach Peter F. Lufen).
In: G. Dehio, Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler, Bremen-Niedersachsen. 1992

Der rezente, häufig stark überformte und durch Erweiterungen beeinträchtigte
Althausbestand des südlichen Northeimer Kreisgebietes stammt zum überwiegenden
Teil aus der 2. Hälfte des 18. bzw. dem frühen 19.Jh. und reicht vereinzelt bis in die Mitte
des 17.Jh. zurück, wie die Beispiele in Nörten-Hardenberg Lange Straße 16 und Markt
8 (datiert 1657) belegen. Vorherrschend ist das kleinteilige Wohnwirtschaftsgebäude,
das häufig zu einer „regulären“ Gehöftanlage in Gestalt eines Hakenhofes erweitert
wurde, während das streckhofartige, alle wesentlichen Funktionen des Wohnens und
Wirtschaftens auf sich vereinigende Einhaus (Hohnstedt, Hannoversche Straße 13;
Sudheim, Hintere Straße 14) als auch die stattlichen Drei- und Vierseithöfe im
Bearbeitungsgebiet kaum vertreten sind.
Insgesamt gesehen weisen die mitteldeutschen Hausformen erheblich voneinander
abweichende Grundrissdispositionen nebeneinander auf, die sich einem einheitlichen
räumlichen Gliederungsschema widersetzen. So entwickelten sich im Laufe der
Jahrhunderte die Bauten durch Hinzufügung weiterer Querzonen (Zellen, Querraum-
streifen) in Firstrichtung bisweilen zu lang gestreckten Baukörpern unter gemeinsamem
Dach, ohne jedoch im Inneren eine organische Einheit zu bilden.

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