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Kämmerer, Christian [Hrsg.]; Lufen, Peter Ferdinand [Hrsg.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 7,1): Landkreis Northeim: Südlicher Teil mit den Städten Hardegsen, Moringen, Northeim und Uslar, den Flecken Bodenfelde und Nörten-Hardenberg, der Gemeinde Katlenburg-Lindau und dem Gemeindefreien Gebiet Solling — Braunschweig, 2002

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https://doi.org/10.11588/diglit.44420#0207
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Wolbrechtshausen, Am Thie, Tie mit platzumschließender Randbebauung

Ortes bis ins letzte Drittel des 19.Jh. veran-
schaulichen die „Karte von der Feldmark des
Dorfes Wolbrechthausen des Königlichen Amts
Northeim“ von 1861/63 und die König!. Preuss.
Landesaufnahme von 1876. Die letztgenannte
Bildquelle zeigt die herausgehobene Stellung
der stark gekrümmten Dorfstraße, von der die
Neustadt nach Südosten abzweigt. An dieser
Leitlinie des Straßen- und Wegesystems liegen
der für die Ortsgeschichte bedeutsame Tie und
die leicht von der Straßenflucht zurückgesetzte
Kapelle, die, wohl aus einer mittelalterlichen
Wehrkapeile hervorgegangen, die Keimzelle
Wolbrechtshausens anzeigt. An der ortsbilddo-
minierenden Dorfstraße entstand auf der
Ostseite eine stattliche Gutsanlage, deren
Zeugniswert jedoch durch spätere bauliche
Eingriffe erheblich beeinträchtigt ist.
Denkmalqualität besitzen die Objekte: der Tie-
platz, Am Thie, die Brücke über den Espolde-
bach an der Dorfstraße, die ev. Kapelle an der
Dorfstraße, die Wohnhäuser Dorfstraße 3, 5, 7
und 21, das Wohnwirtschaftsgebäude Espol-
deweg 9, die Scheune Feuergasse 2, die
Wohnhäuser Feuergasse 2 und 4, das Wohn-
haus Hottenbühl 4, die Mühle mit Neben-
gebäude Mühlenweg 2 sowie das Wohnwirt-
schaftsgebäude Neustadt 8.
Der älteste erhaltene Fachwerkbau Wol-
brechtshausens ist das Wohnhaus Feuergas-
se 4 aus dem 17.Jh. Der traufständig zur Stra-
ße ausgerichtete Bau gehört zu den wenigen im

südniedersächsischen Raum noch erhaltenen
ländlichen Ständer-Geschossbauten mit einem
altertümlich anmutenden konstruktiven Gefüge.
Während die Südseite verkleidet ist, zeigt die
Nordseite den alten Abbund, der gekennzeich-
net ist durch hohe, bis zur Traufe reichende
Ständer, in die die Riegel eingezapft sind.
Hohe, weit ausladende Fußstreben steilen die
Winkelsicherheit des inzwischen überformten
Baues her, der um 1900 an der Nordwestseite
einen Anbau erhielt.
Denkmalqualität besitzt auch die kleine
Hofanlage Feuergasse 2, bestehend aus einem
doppelgeschossigen Wohnhaus wohl der 2.
Hälfte des 18.Jh. und einer angrenzenden
Fachwerkscheune aus der Mitte des 19.Jh.
Einfluss auf das Straßenbild nimmt das Wohn-
haus Dorfstraße 21 aus der Mitte des 18.Jh.,
ein doppelgeschossiger Fachwerkbau auf ver-
putztem Bruchsteinsockel mit einseitig leicht
vorkragendem Oberstock. Zeitgleich entstand
das Wohnwirtschaftsgebäude Dorfstraße 30,
dessen Fachwerk auf der Südseite mit Blech-
platten des 19.Jh. verkleidet wurde. In die Mitte
des 19.Jh. lassen sich das Wirtschaftsgebäude
Espoldeweg 9 und das Wohnhaus Dorfstraße 5
datieren, die durch einen strengen rasterartigen
Aufbau gekennzeichnet sind.
Inschriftlich „1734“ datiert ist das Wohnwirt-
schaftsgebäude Neustadt 8, ein doppelstöck-
iger Fachwerkbau auf Sandsteinquadersockei

mit allseitig vorkragendem Oberstock. An das
Wohnhaus schließt ein Wirtschaftsteil an.
Herauszustellen ist der im Nordwesten des
Dorfes gelegene ehemalige Hof Mühlenweg 2,
erschlossen durch eine von der Dorfstraße ab-
zweigende Stichstraße. Das Wohnhaus präsen-
tiert sich als zeittypischer doppelstöckiger
Fachwerkbau aus der Mitte des 18.Jh. Be-
grenzt wird der Hofraum auf seiner Nordwest-
seite durch einen lang gestreckten Wirt-
schaftsteil (Stall/Speicher) aus der 2. Hälfte des
19.Jh.

Ev. Kapelle
In unmittelbarer Nähe des für die Ortsge-
schichte bedeutsamen Ties entstand am
Südwestrand des Dorfes die bemerkenswerte
Kapelle, deren ursprünglicher Wehrcharakter
sich trotz Veränderungen noch weitgehend
erhalten hat. Ältester Bauteil - die Entste-
hungszeit wird in die 1. Hälfte des 14.Jh. ge-
setzt - ist der annähernd quadratische, gedrun-
gen wirkende Turm. An das Turmwerk schließt
das ebenfalls quadratische, in Bruchstein ge-
mauerte Langhaus an, das, offenbar nur wenig
später errichtet, mit dem Turmuntergeschoss
heute einen einheitlichen Kirchenraum bildet.
Verunklärend wirken die Veränderungen der
Fensterformate - ein baulicher Eingriff, der
offenbar einherging mit der Verschieferung des
Turmes Mitte des 19.Jh.

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