48 Lincke, Kambyses in der Sage,
Hier werden also aus den Brüdern des Königs und des einen
Magers Söhne desselben. Auf welche Quelle geht nun diese Dar-
stellung zurück? Jean d'Outremeuse giebt in seiner Einleitung (p. 1 ff.
Bd. Í) an, er habe ausser Josephus, Titus Livius, Eusebius-Hierony-
mus, Orosius, Gottfried v. Viterbo etc. auch „chroniques Suétoniens"
benutzt; wenn nun auch der Herausgeber des 1. Bandes, Borgnet,
bemerkt, dieser Sueton sei wohl kaum der Biograph der Cäsaren, so
ist doch ein anderer Suetonius unbekannt1 und deshalb die Vermutung
nicht unerlaubt, dass unter dieser Chronik die vielleicht irgendwo in
dem Auszuge vorliegende Suetonsche Schrift „de regibus" gemeint ist.
Es stehen überhaupt interessante Dinge in dieser Chronik des Jean
des Preis; so z. B. eine Legende über Judas Ischariofch, welche eine
Variante zu der Oedipus-Pabel ist, da in dieser Sage Judas, von
Pilatus als „chamberlain et maitre conselhier" aufgenommen, unwissent-
lich seinen Vater Ruben tötet und seine Mutter Cyborea heiratet.
Als Cyborea den Stand der Dinge erfährt, veranlasst sie den Judas,
Schüler des Herrn zu werden1. — H. Schedel erzählt in seiner oben
genannten Weltchronik Blatt 69 u. A. Folgendes von Karabyses:
„dann als er in raysiger rftmratigkeit vnd gerechtigkeit doch ertlicher
mass mit grausamkeit vermischet wider sein undertan gestolzet vnd
darin den vater vbertroffen. Er hat die Ethiopes herniedergelegt, ime
vil land vnderworffen, vil Krieg durch Holofernem geübt, in egybten
gerayset vnd vil gegent daselbst verheeret vnd die andern Babiloniam
gepawet" ; nach Valerius Maximus führt er auch die auf Befehl ι
Kambyses erfolgte Hinrichtung des untreuen Richters Sisamnes (Herod.
V 25) an; eine That übrigens, zu welcher eine Menge Analogien in
der persischen Geschichte vorliegen3 und welche merkwürdigerweise
vom ganzen Mittelalter dem Kambyses gerade zum Verdienste an-
gerechnet wurde, wie wir noch später sehen werden. Was uns Menschen
der Neuzeit als barbarisch erscheint, entsprach freilich durchaus den
harten Rechtsanschauungen des Mittelalters und auch noch späterer
Jahrhunderte; waren ja damals die grausamsten Leibes- und Todes-
strafen, wie Blenden, Abschneiden von Ohren, Nase und Zunge, Ent-
mannen, Rädern etc. an der Tagesordnung. — Schedel nennt übrigens
den einen Mager Patizetis, wie Herodot (ΠΙ61). Patizeithis ist übrigens,
wie kürzlich I. Marquarfc nachgewiesen (die „Assyriaka d. Ktesias"
ι s. Liebrecht „Des G. v. Tilbury Olia ìmperialia" 1856, p. 114 Aiim.
1 Bd. I p. 353f, 389f. Creizenach „Judas Iscliarioth iu Sage a. Legende i
Mittelalters" (1875; s. p. 18 ff.).
3 a. χ. Β. BrissoiiiuB „de regio Persarum principatu" (1710) p. 571 ff.
Hier werden also aus den Brüdern des Königs und des einen
Magers Söhne desselben. Auf welche Quelle geht nun diese Dar-
stellung zurück? Jean d'Outremeuse giebt in seiner Einleitung (p. 1 ff.
Bd. Í) an, er habe ausser Josephus, Titus Livius, Eusebius-Hierony-
mus, Orosius, Gottfried v. Viterbo etc. auch „chroniques Suétoniens"
benutzt; wenn nun auch der Herausgeber des 1. Bandes, Borgnet,
bemerkt, dieser Sueton sei wohl kaum der Biograph der Cäsaren, so
ist doch ein anderer Suetonius unbekannt1 und deshalb die Vermutung
nicht unerlaubt, dass unter dieser Chronik die vielleicht irgendwo in
dem Auszuge vorliegende Suetonsche Schrift „de regibus" gemeint ist.
Es stehen überhaupt interessante Dinge in dieser Chronik des Jean
des Preis; so z. B. eine Legende über Judas Ischariofch, welche eine
Variante zu der Oedipus-Pabel ist, da in dieser Sage Judas, von
Pilatus als „chamberlain et maitre conselhier" aufgenommen, unwissent-
lich seinen Vater Ruben tötet und seine Mutter Cyborea heiratet.
Als Cyborea den Stand der Dinge erfährt, veranlasst sie den Judas,
Schüler des Herrn zu werden1. — H. Schedel erzählt in seiner oben
genannten Weltchronik Blatt 69 u. A. Folgendes von Karabyses:
„dann als er in raysiger rftmratigkeit vnd gerechtigkeit doch ertlicher
mass mit grausamkeit vermischet wider sein undertan gestolzet vnd
darin den vater vbertroffen. Er hat die Ethiopes herniedergelegt, ime
vil land vnderworffen, vil Krieg durch Holofernem geübt, in egybten
gerayset vnd vil gegent daselbst verheeret vnd die andern Babiloniam
gepawet" ; nach Valerius Maximus führt er auch die auf Befehl ι
Kambyses erfolgte Hinrichtung des untreuen Richters Sisamnes (Herod.
V 25) an; eine That übrigens, zu welcher eine Menge Analogien in
der persischen Geschichte vorliegen3 und welche merkwürdigerweise
vom ganzen Mittelalter dem Kambyses gerade zum Verdienste an-
gerechnet wurde, wie wir noch später sehen werden. Was uns Menschen
der Neuzeit als barbarisch erscheint, entsprach freilich durchaus den
harten Rechtsanschauungen des Mittelalters und auch noch späterer
Jahrhunderte; waren ja damals die grausamsten Leibes- und Todes-
strafen, wie Blenden, Abschneiden von Ohren, Nase und Zunge, Ent-
mannen, Rädern etc. an der Tagesordnung. — Schedel nennt übrigens
den einen Mager Patizetis, wie Herodot (ΠΙ61). Patizeithis ist übrigens,
wie kürzlich I. Marquarfc nachgewiesen (die „Assyriaka d. Ktesias"
ι s. Liebrecht „Des G. v. Tilbury Olia ìmperialia" 1856, p. 114 Aiim.
1 Bd. I p. 353f, 389f. Creizenach „Judas Iscliarioth iu Sage a. Legende i
Mittelalters" (1875; s. p. 18 ff.).
3 a. χ. Β. BrissoiiiuB „de regio Persarum principatu" (1710) p. 571 ff.