246
SCHÜLER. ANDREA DEL SARTO. SIENA
finden sich die Einflüsse des Piero di Cosimo, Albertinelli, Raffael und Sarto. So wenig ihm
des letzten Kompositionsgabe und Frische verliehen war, so wenig erreichte er auch dessen farbige
Feinheiten. Für seine Bildnisse (s. o.) bleibt die Wendung des Kopfs nach vorn typisch; mit
den starken Kontrasten großer Farbflächen zielt er nicht auf malerische Wirkung, sondern auf
die Betonung der Form, bei der auch die Linie noch stark mitspricht.
Von Sartos Schülern erwies sich Domenico Puligo (1492—1527) als unvollständiger Nach-
ahmer des duftigen Sfumato, mit dem er oft über die Mängel seiner Zeichnung hinwegzutäuschen
suchte. Francesco Ubertini, genannt Bacchiacca (1494-1557) knüpfte an Sartos kleinfigurige
novellistische Darstellungen an, in welchen er durch launige Einfälle und eine mit Entlehnungen
aus nordischen Stichen und Holzschnitten gewürzte Erzählung über das mangelnde Raumgefühl
und das Mißverhältnis zwischen Figuren und Umgebung zu entschädigen sucht. Daß seine Stärke
in behaglicher idyllischer Darstellung lag, der man keinen Zug ins Große zumutet, beweisen die
nach seinen Entwürfen gefertigten Teppiche in den Uffizien. Sartos bedeutendster Schüler,
Pontormo, gehört schon der folgenden Epoche an.
Siena
trat in dieser Epoche künstlerisch noch mehr zurück als im Quattrocento; daß die Ma-
lerei überhaupt in die Anschauungsweise des Cinquecento eintrat, war zunächst nur außer-
lokalen Einflüssen zu verdanken. Auch jetzt gab sie ihren uralten Grundcharakter nicht preis;
im Gegenteil, es scheint als ob das alte Ideal der weichen, lyrischen Schönheit und der verklä-
renden Pracht — in neuer Gestalt — wieder das Hauptpostulat würde, nur legt man sich oft
die Frage vor, ob dieses echt und ursprünglich „Sienesische“ im Vergleich zu den Einflüssen,
die aus Florenz und Rom kamen, nicht etwas Negatives, nicht ein Hemmnis bedeutete. Überblickt
man aber die Malerei dieses Zeitraumes und gewahrt man einerseits völlig geistlose Nachahmung
fremder Vorbilder, mühseliges Losringen von der Überlieferung, oder mit ganz unzureichenden
Kräften versuchte Nachbildung des großen römischen Historienstils (Peruzzis historische Bilder),
so empfindet man den sienesischen Einschlag, wo er sich Geltung zu verschaffen vermag, immerhin
wohltuend und als Sieg eines lebensfähigen Elements im Wust des Ungelösten und Unfreien. Dieses
Sienesische in der Cinquecentomalerei mit Hilfe des Einflusses Leonardos und der antiken wie
modernen römischen Kunst rein erhalten zu haben, ist das Verdienst des Lombarden Sodoma.
Baldassare Peruzzis Bedeutung als Dekorateur ist an anderer Stelle bereits gewürdigt worden.
Kaum aber hatte sich die sienesische Malerei von der Überlieferung befreit, lenkte sie schon
ins Fahrwasser des Eklektizismus ein; es darf keineswegs befremden, wenn sich bei einzelnen
Malern Einflüsse von Quattrocentisten und Cinquecentisten vereinigt finden.
Bernardino Fungai (1460—1516) ist unter dem Einfluß des Giovanni da Paolo und Fran-
cesco di Giorgio aufgewachsen, und bleibt auch mit seiner nach altem Schema komponierten
Krönung Mariae von 1512 (Siena, Fontegiusta) ein Nachzügler des Quattrocento. Allein ver-
heißungsvoll waren seine Ansätze zu einer detailreichen Landschaft, die es ja in der sienesischen
Malerei der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts so gut wie gar nicht gab. Giacomo
Pacchiarotto (geb. 1474, | wohl 1540) ging aus der Schule des Matteo di Giovanni hervor
und fühlt sich dann durch Francesco di Giorgio auf Signorelli hingewiesen (Himmelfahrt Christi,
Siena, Akademie).
Giovanni Antonio Bazzi, gen. il Sodoma (geb. 1477in Vercelli, mit Defendente dei Ferraris Schüler bei
Martino Spanzotti da Casale, bis 1500 unter dem Einfluß des mailändischen Kunstkreises, 1501—1508 in Siena, 1508
SCHÜLER. ANDREA DEL SARTO. SIENA
finden sich die Einflüsse des Piero di Cosimo, Albertinelli, Raffael und Sarto. So wenig ihm
des letzten Kompositionsgabe und Frische verliehen war, so wenig erreichte er auch dessen farbige
Feinheiten. Für seine Bildnisse (s. o.) bleibt die Wendung des Kopfs nach vorn typisch; mit
den starken Kontrasten großer Farbflächen zielt er nicht auf malerische Wirkung, sondern auf
die Betonung der Form, bei der auch die Linie noch stark mitspricht.
Von Sartos Schülern erwies sich Domenico Puligo (1492—1527) als unvollständiger Nach-
ahmer des duftigen Sfumato, mit dem er oft über die Mängel seiner Zeichnung hinwegzutäuschen
suchte. Francesco Ubertini, genannt Bacchiacca (1494-1557) knüpfte an Sartos kleinfigurige
novellistische Darstellungen an, in welchen er durch launige Einfälle und eine mit Entlehnungen
aus nordischen Stichen und Holzschnitten gewürzte Erzählung über das mangelnde Raumgefühl
und das Mißverhältnis zwischen Figuren und Umgebung zu entschädigen sucht. Daß seine Stärke
in behaglicher idyllischer Darstellung lag, der man keinen Zug ins Große zumutet, beweisen die
nach seinen Entwürfen gefertigten Teppiche in den Uffizien. Sartos bedeutendster Schüler,
Pontormo, gehört schon der folgenden Epoche an.
Siena
trat in dieser Epoche künstlerisch noch mehr zurück als im Quattrocento; daß die Ma-
lerei überhaupt in die Anschauungsweise des Cinquecento eintrat, war zunächst nur außer-
lokalen Einflüssen zu verdanken. Auch jetzt gab sie ihren uralten Grundcharakter nicht preis;
im Gegenteil, es scheint als ob das alte Ideal der weichen, lyrischen Schönheit und der verklä-
renden Pracht — in neuer Gestalt — wieder das Hauptpostulat würde, nur legt man sich oft
die Frage vor, ob dieses echt und ursprünglich „Sienesische“ im Vergleich zu den Einflüssen,
die aus Florenz und Rom kamen, nicht etwas Negatives, nicht ein Hemmnis bedeutete. Überblickt
man aber die Malerei dieses Zeitraumes und gewahrt man einerseits völlig geistlose Nachahmung
fremder Vorbilder, mühseliges Losringen von der Überlieferung, oder mit ganz unzureichenden
Kräften versuchte Nachbildung des großen römischen Historienstils (Peruzzis historische Bilder),
so empfindet man den sienesischen Einschlag, wo er sich Geltung zu verschaffen vermag, immerhin
wohltuend und als Sieg eines lebensfähigen Elements im Wust des Ungelösten und Unfreien. Dieses
Sienesische in der Cinquecentomalerei mit Hilfe des Einflusses Leonardos und der antiken wie
modernen römischen Kunst rein erhalten zu haben, ist das Verdienst des Lombarden Sodoma.
Baldassare Peruzzis Bedeutung als Dekorateur ist an anderer Stelle bereits gewürdigt worden.
Kaum aber hatte sich die sienesische Malerei von der Überlieferung befreit, lenkte sie schon
ins Fahrwasser des Eklektizismus ein; es darf keineswegs befremden, wenn sich bei einzelnen
Malern Einflüsse von Quattrocentisten und Cinquecentisten vereinigt finden.
Bernardino Fungai (1460—1516) ist unter dem Einfluß des Giovanni da Paolo und Fran-
cesco di Giorgio aufgewachsen, und bleibt auch mit seiner nach altem Schema komponierten
Krönung Mariae von 1512 (Siena, Fontegiusta) ein Nachzügler des Quattrocento. Allein ver-
heißungsvoll waren seine Ansätze zu einer detailreichen Landschaft, die es ja in der sienesischen
Malerei der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts so gut wie gar nicht gab. Giacomo
Pacchiarotto (geb. 1474, | wohl 1540) ging aus der Schule des Matteo di Giovanni hervor
und fühlt sich dann durch Francesco di Giorgio auf Signorelli hingewiesen (Himmelfahrt Christi,
Siena, Akademie).
Giovanni Antonio Bazzi, gen. il Sodoma (geb. 1477in Vercelli, mit Defendente dei Ferraris Schüler bei
Martino Spanzotti da Casale, bis 1500 unter dem Einfluß des mailändischen Kunstkreises, 1501—1508 in Siena, 1508