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56

Die Kunslindustrie der Gegenwart.

Gebiet, worauf ihr die concurrirende Malerei nicht folgen
kann oder darf. Jede Berkennung, jedes Bergessen dieser
Grundprinzipien führt die Stickerei zu Jrrthümern und
Fehlern.

Die technischen Manieren der Stickerei wie ihre
künstlerischen Ziele sind in den erwähnten Arbeiten in
gleicher Weise versehlt, und wir fragen erstaunt, wenn
den Berliner Künstlern hier kein Einfluß gestattet ist, ob
denn die wundervollen Stickereien der Aachener Schwestern
im Kloster zum armen Kinde Jesu auf kirchlichem Gebiete,
die auf der Pariser Ausstellung, wo wir sie vergebens
gesucht haben, stcherlich von allen Stickcreien Europas
die ersten gewesen wären, ob sie gar nicht auf die Ver-
besserung der weltlichen Stickkunst in Nord-Deutschland
haben einwirken können? Wahrlich, wenn irgendwo, so
thut sür diesen Zweig der Kunstindustrie, der weil er
jede Damenhand berührt, für die Popularisirung der
Geschmacksbildung in seiner Wichtigkeit gar nichl hoch
genug zu schätzen ist, ein Museum in Berlin noth, denn
sonst-könnte bald genug den Berliner Anstalten dieses
Monopol entriffen werden. Jn richtiger Würdigung
bessen hat auch Waagen für das neue Gewerbemuseum
in Berlin eine Anzahl vorzüglicher orientaiischer Sticke-
reien ausgewählt, wie er denn überhaupt in dem Ankauf
für dasselbe seinen feinen, altgewiegten Kunstsinn hat
walten lassen. Wir wollen nur wünschen, daß diese
junge Anstalt, die aus der Erkenntniß des Uebels ent-
standen ist, auch die Wunde an rechter Stelle und schnell
genug anfasse, denn wahrlich, die Noth ist groß!
 
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