Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
238

Die Kunstindnstrie der Gegeuwart.

durchcms nicht ausreichend, wann, wie undwojeneOrna-
mentationsweisen entstanden sind, die wir heute auf den
Erzeugnissen der orientalischen Kunstindustrie sinden,
welchen Antheil daran die einzelnen Bölkerschaften habcn
und wie und in welchen Perioden oderunter welchen Ein-
flüssen sich ihre Specialitäten gebildet haben.

Dergleichen Specialitäten giebt es aber entschieden,
obwohl man sagen muß, daß das Prinzip, welches sich
durch die ganze orientalische Kunst von Marokko an bis
nach China und Japan hindurch zieht, eines und dasselbe
ist. Dies Prinzip ist ganz und gar ein malerisches, nicht
plastisches; es ist Decoration der ebenen Fläche; sein
Element, sein Kunstmittel ist die Farbe. Dies Prinzip
hat in der orientalischen Welt so mächtig gewaltet, daß
es alle andere Kunst daneben fast verschlungen hat. Mit
allen Sinnen gefesselt von der Lust, von dem Entzücken
an den Reizen schöner Farben, hat der Orientale kein
Verständniß, kein Gefühl für die plastische Form mehr
übrig behalten. So konnte sich die eigentliche Sculptur
nur höchst unvollkommen entwickeln, und selbst für die
figürliche Malcrei war diese Einseitigkeit des Kunstver-
standnisses, dies ausschließliche Borherrschen einer einzi-
gen Kunstrichtung gewiß mehr ein Hinderniß als das
Verbot Muhameds in Betreff menschlicher Darstellung,
das, nie kategorisch ausgesprochen, auch nie zu unbcdingter
Beachtung gelangt ist. Es giebt Volker, wie die Perser
und Jndier, auch dort, wo sie mubamedanisch find, die
gar keine Rücksicht darauf nehmen, von ben Japanesen
und Chinesen zu geschweigen, und doch hat bei ihnen die
Menschendarstellung, trotz häufiger, bis aufs Aeußcrste
 
Annotationen