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Ein reicher Mann.

verzogen — konnte es bei einem Alter von achtzehn Jahren und
von der Natur nicht stiefmütterlich behandelt, an Liebhabern
nicht fehlen, welche auf des Vaters Geldsäcke specnlirten, oder
nur Mutter und Tochter zugleich die Cour machten, um freien
Zutritt in Sippmars Haus zu haben, wo auf ihres Mannes
Credit dessen Gattin Gastereien veranstaltete, die aus den theuer-
sten Küchen und Kellern Dresdens bezogen, nicht unbedeutende
Summen erforderten. Die Zahl dieser sogenannten Hausfreunde
Sippmars, von welchen keiner derselben sich die Mühe genommen
haben würde, seine Familie vor deren Erbschaft nur einiger
Maßen zu beachten, wuchs mit jedem Tage, da sein Tisch Fein-
schmeckern, Heirathslustigen und Spielern von Profession in
neuerer Zeit immer offen stand.

Nur einen Mann gab es, welcher ehrlich gegen diese Fami-
lie handelte, und welchen Sippmar unter den ärmlichsten Ver-
hältnissen kennen gelernt hatte, den aber Letzterer, obgleich er ihm
die Verwaltung seines Vermögens übertragen hatte, lieber gehen
als kommen sah. Eben dieser Mann, der Advokat Hoffmann,
hatte Sippmar gerettet, als er bis aufs Letzte ausgepfändet
werden sollte, und hatte später dann dessen Erbschaftsangelegen-
heit mit redlichem Eifer geleitet, war aber von dem Augenblicke
an, wo die Familie in den Besitz eines so bedeutenden Vermö-
gens gekommen war, deren ärgster Peiniger geworden, obgleich
er nicht hatte verhindern können, daß Sippmar über zehntausend
Thaler, ohne diese auf Zinsen zu geben, zu seiner Verfügung in
j Händen behalten hatte.

Bei einer Verschwendungssucht, wie sie Sippmar nebst Frau
und Tochter trieb, ohne einen bestimmten Plan für die Zukunft,
sich allen Vergnügungen hingebend, und alle, auch die bizarrsten
und kostspieligsten Launen befriedigend, war es daher wohl nicht
anders möglich, als daß nach einigen Jahren der größte Theil
der Erbschaft verschwunden war, und an demselben Tage, an
welchem Sippmar zum ersten Male ernster, als je, ans dem La-
den des alten Chiapone nach Hause zurückkehrte, hatte er in den
frühesten Morgenstunden an Hoffmann geschrieben, daß dieser
j das letzte Capital, welches ihm noch übrig war, kündigen sollte,
damit er mit diesem Reste seines Vermögens — wie er sich selbst
. vorlog, — etwas anfangen könnte, was sein und der Seinigen
Existenz für die Zukunft sichern sollte. —

In seine Wohnung eintretend, fand er den alten Hoffmann,
welchen er zu Tisch eingeladen hatte, in seinem Zimmer wartend,

! während fröhliches Lachen, vermischt mit dem Knallen derCham-
I pagnerpfropfe und den Hellen Tönen aneinander klingender Glä-
' ser ans den anstoßenden Gemächern herüber schallte.

„Endlich!" sprach Hoffmann ernst für sich, als Sippmar
Hut und Stock abgelegt hatte und ihm entgegen kam.

„Bester, theuerster Freund," rief dieser, „Sie allein hier
und nicht bei meiner Familie?"

„Ihre Familie ist heute sehr zahlreich," entgegnete spöttisch
; der Advokat.

„Ich weiß es," unterbrach ihn Sippmar. „Es ist der Ge-
burtstag meiner Frau," fügte er hinzu, als wollte er das lustige
Treiben entschuldigen, welches immer lauter aus den Neben-
zimmern zu den beiden Männern herübertönte.

„So?" frag dieser ungläubig lächelnd. „Nun ich habe die
Gesellschaft, die heute bei Ihnen dejeunirt und später wahrschein-
lich auch zum Dinür und Souper bleibt, gesehen. Sie besteht
aus ein paar jungen Kaufleuten, welche in Dresden für wohl-
habend gehalten werden, deren Banquerott aber, wie ich weiß,
vor der Thüre ist, aus einem Offizier und einem Architecten,
welche Ihrer Tochter oder vielmehr dem Reste Ihres Vermö-
gens die Cour machen, und aus drei Herren, die Sie wahrschein-
lich am grünen Tische, weiß der Himmel in welch heimlicher
Spielhölle, kennen gelernt haben."

„Herr Gerichtsdirector," entgegnete Sippmar empfindlich,
„nur nicht gleich wieder eine Strafpredigt. Ich weiß, es ist nicht
alles so, wie es sein sollte, allein ich gebe Ihnen mein Wort,
es wird von nun an anders in meinem Hause."

„Nun, das glaube ich auch," fuhr Hoffmann spöttisch fort,
„denn es wird anders werden müssen. Sie haben jetzt noch
zwölftausend Thaler, welche ich Ihrem Aufträge zufolge gekün-
digt habe, und die Sie, es paßt sich zufällig so, — schon mor-
gen in Empfang nehmen können. Mit diesen zwölftausend
Thalern können Sie, wenn Sie wollen, in einer Provinzialstadt
Sachsens bei einer einigermaßen vernünftigen Einschränkung
von Ihren Zinsen leben, denn Sie werden sich einschränken müs-
sen, um Ihre Zukunft zu sichern, da Sie nicht in Abrede stellen
können, daß Ihnen das Recept zur Arbeit schon längst verloren
gegangen ist."

„Dies glauben Sie wirklich!" ries Sippmar mit bitterm
Lächeln. „Also so weit herunter bin ich Ihrer Ansicht nach,
daß ich, weiß Gott in welchem Neste, verbauern soll. Nein,
mein Herr, ich werde hier in Dresden wohnen bleiben, ich werde
thätig sein, und mit dem Gelde wieder Geld verdienen, und es
ist von mir hierzu bereits der erste Schritt geschehen."

„Nun, das gestehe ich, wie Sie dies anfangen wollen, bin
ich neugierig zu erfahren."

„Dies sollen Sie auch, darum habe ich Sie zu mir gebeten.
Ich bin heute durch Zeichnung von fünftausend Thalern Mit-
glied einer Actiengesellschaft zur Begründung einer Zuckersiederei
geworden. Ehrenwerthe und sachverständige Männer stehen an
der Spitze des Unternehmens und es sichert dasselbe in kurzer
Zeit fünfzehn Procent Zinsen.

„Nun dann, mein Herr," rief der Gerichtsdirector, indem
er nach seinem Hute griff, und ein Packet Schriften auf den Tisch
hinwarf, „hier sind die nöthigen Papiere zur Hebung Ihres
Geldes beim Banquier van der Breling, und hier gebe ich
Ihnen die mir ertheilte Vollmacht zurück. Verschleudern Sie
den Rest Ihres Vermögens in thörichten Unternehmungen, solche
Leute, wie Sie, braucht man natürlich dazu. Leben Sie fort in
Saus und Braus in Wirthshäusern und Spielbänken, füttern
Sie Ihren Hund mit Braten und bezahlen Sie dem Marqueur
für jedes Glas Wasser einen Thaler, halten Sie täglich offnen
Tisch für sogenannte Freunde, und bezahlen Sie monatlich zwei-
hundert Thaler für Putz- und Modewaaren, wie dies bisher ge-
schehen. Ich mag nichts mehr mit Ihnen zu thun haben, und
will nur wünschen, daß ich Ihnen nicht wieder näher treten
muß, wenn es ans Auspfänden geht."
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