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Die Arbeiten des langen Hans.
gethüme zu machen sei und glaubten sich desselben endlich durch
eine List entledigen zu können.
Ein paar Stunden von dem Hofe gab es einen großen
Wald, in dessen Dickicht eine solche Menge wilder Thiere hauste,
daß kein Mensch denselben zu betreten wagte. Dahin beschloß
der Edelmann seinen nicht zu sättigenden Knecht zu senden,
in der sichern Voraussetzung, daß die wilden Bestien ihn ohne
viel Umstände zerreißen und aufsressen würden.
Hans erhielt nun den Auftrag, am nächsten Morgen in den
verrufenen Wald zu fahren, dort ein paar Hirsche zu erlegen,
und diese nach dem Hofe zu bringen. Der appetitreiche Knecht
nickte und folgte diesem Befehle, weil er so ganz nach seinem
Sinne war. Es dauerte aber gar nicht sehr lange, so fuhr
er mit seinem Gespann wieder in den Hofraum, den ganzen
Wagen voll wilder Thiere, die er zum Spaße losließ, daß
alles Gesinde schreiend auseinanderstob. Die von Hans ein-
gefangenen Bären und andere Unthiere liefen frei umher,
und richteten so viel Unheil an, daß der Edelmann dem Knechte
hinimlisch gute Worte geben mußte, damit er sie nur wieder
dahin schaffte, wo er sie hergeholt hatte. Schon verzweifelten
fast Alle, den unbändigen Menschen je wieder los zu werden,
da fiel es dem Edelmanne ein, daß sich in der Nachbarschaft
eine Mühle befand, auf deren letztem Gange der Teufel den
Müller machte. Wer jemals waghalsig genug gewesen war,
auf diesem Gange mahlen zu wollen, dem hatte der Teufel
regelmäßig das Genick gebrochen und dann geschroten. Aus
den zermahlenen Gebeinen waren aber Goldstücke geworden.
Gelang es nun einem kecken Burschen, dem Teufel als Müller
den Rang abzulaufen, der konnte sich eine ganze Schwinge
voll Gold als Lohn für solche Heldenthat holen.
„Weißt du was,. Hans ?" sagte der Edelmann eines Tages,
„dein Appetit macht mich zum armen Manne. Verlassen willst
du mich nicht, also mußt du mir behilflich sein, Mittel her-
beizuschaffen, die mich in den Stand setzen, deinen Hunger
zu stillen. Auf dem Oberboden liegen zwei Malter Roggen.
Die lade auf, fahre sie in die dreizehngängige Mühle, und
mahle sie dort. Den ersten Malter mahlst du auf den ersten
zwölf Gängen, den zweiten aber mahlst du auf dem drei-
zehnten Gange. Sieh dich aber vor, denn der Teufel sitzt
darauf. Kannst du ihn so malträtiren, daß er herunterspringt,
lo findest du eine Schwinge Gold. Die bringe mir, damit
ich wieder Einkäufe machen und dich Nimmersatt füttern kann."
„Wenn's weiter nichts ist," versetzte der lange Hans,
„den Teufel will ich wohl klein kriegen," spannte vier Pferde
vor den Wagen, lud die zwei Malter Roggen auf und fuhr
lustig pfeifend damit nach der dreizehngängigen Mühle.
Er that, wie ihm geheißen war und mahlte einen Malter
seines Getreides auf den ersten zwölf Gängen. Als er den
letzten Scheffel aufschüttete, sah er den Teufel oben auf dem
dreizehnten Gange sitzen. Er baumelte mit seinen langen
dürren Beinen herab bis auf den Beutelkasten und schnitt
dem Knechte ganz niederträchtig malitiöse Gesichter, vor denen
»4 wohl jeder Andere gefürchtet hätte. Der lange Hans
aber lachte dazu und bohrte auf jede neue Fratze, die ihm
der Teufel schnitt, diesem einen Esel. —
Jetzt kam er zum dreizehnten Gange, um den ganzen
zweiten Malter darauf zu mahlen. Da blies sich der Teufel
auf, daß der lange Hans keinen Rauni zum Aufschütten finden
konnte.
„Mach' mich nicht wild, Satan," sagte er zum Teufel,
„sonst hast du es mit einem verdammt schlimmen Kerl zu
thun. Steige herunter und laß mich meinen Roggen mahlen."
Der Teufel aber schnitt ein noch niederträchtigeres Gesicht,
als alle früheren zusammen genommen und blies sich noch
viel ärger auf. Da gab der lange Hans ihm eine so fürch-
terliche Ohrfeige, daß ihm der Athem ausging und er dabei
das Gleichgewicht verlor. Hans schüttete geschwind ein paar
Scheffel auf und als sich der Teufel wieder ermannt und auf
dem Gange zurecht gerückt hatte, war der Mühlstein in vollem
Umlauf, und aus dem Beutel fiel das schönste Mehl.
Es dauerte nun gar nicht sehr lange, da ward dem Teufel
unheimlich zu Muthe. Er rückte hin und her auf dem Gange,
den er nicht verlassen mochte, und schnitt ganz entsetzliche Ge-
sichter. Tie sahen aber ganz anders aus als die früheren,
denn sie waren der Ausdruck peinigenden Schmerzes, wie
jene der Ausdruck höhnenden Uebermuthes gewesen waren.
„Ich zermahle dich zu Brei," sagte Hans lachend, „wenn
du nicht heruntersteigst. Dann kannst du die Hölle verpachten,
oder deine Großmutter allein darin wirthschaften lassen, bis
die Verdammten sie zu Tode ärgern."
Wie der Teufel das hörte, sprang er herunter, und gab
sich überwunden. Er war übel zugerichtet, denn Hans hatte
ihm den halben Hintern rein herunter gemahlen, daß sein
eines Bein mit dem Pferdefuße nur eben noch locker im Ge-
lenke baumelte. Hans aber mahlte ruhig vollends sein Getteide,
und als er damit fertig mar, band er die Säcke zu, und schüt-
tete die erbeutete Schwinge Gold in dem einen oben auf.
„Jetzt bin ich ein gemachter Mann," sagte er schmun-
zelnd zu sich selbst, lud das Mehl auf und machte sich damit
auf den Rücklveg.
Dem Edelmanne stiegen die Haare zu Berge, als er
den Unantastbaren abermals heiler Haut und guter Dinge
zurückkehren sah. Er beschloß, sich seiner zu entledigen, möge
es kosten, was es wolle. Zuvor aber wollte er doch wissen,
ob Hans wirklich einen Strauß mit dem Teufel bestanden
habe, und siegreich daraus hervorgegangen sei. Er fragte
daher zuvörderst nach der Schwinge mit Gold.
Hans machte kein Hehl aus seiner That, erzählte, wie
er dem Teufel das halbe Gesäß abgemahlen habe, und sagte
dann seinem Brodherrn, das Bissel Gold möge er sich selber
in den Säcken zusammen Huchen. Das that der Edelmann
unverdrossen, und da er sich in Folge dieses Fundes wohl bei
Kasse sah, schwoll auch ihm der Kamm; denn es ist und bleibt
unumstößlich wahr, daß Geld Courage macht. Er säckelte also
das Geld ein, und erklärte dann kürzer und entschiedener
denn je dem langen Hans, daß er sich fortscheeren solle, denn
er wolle ihn durchaus nicht länger füttern.
I» *
Die Arbeiten des langen Hans.
gethüme zu machen sei und glaubten sich desselben endlich durch
eine List entledigen zu können.
Ein paar Stunden von dem Hofe gab es einen großen
Wald, in dessen Dickicht eine solche Menge wilder Thiere hauste,
daß kein Mensch denselben zu betreten wagte. Dahin beschloß
der Edelmann seinen nicht zu sättigenden Knecht zu senden,
in der sichern Voraussetzung, daß die wilden Bestien ihn ohne
viel Umstände zerreißen und aufsressen würden.
Hans erhielt nun den Auftrag, am nächsten Morgen in den
verrufenen Wald zu fahren, dort ein paar Hirsche zu erlegen,
und diese nach dem Hofe zu bringen. Der appetitreiche Knecht
nickte und folgte diesem Befehle, weil er so ganz nach seinem
Sinne war. Es dauerte aber gar nicht sehr lange, so fuhr
er mit seinem Gespann wieder in den Hofraum, den ganzen
Wagen voll wilder Thiere, die er zum Spaße losließ, daß
alles Gesinde schreiend auseinanderstob. Die von Hans ein-
gefangenen Bären und andere Unthiere liefen frei umher,
und richteten so viel Unheil an, daß der Edelmann dem Knechte
hinimlisch gute Worte geben mußte, damit er sie nur wieder
dahin schaffte, wo er sie hergeholt hatte. Schon verzweifelten
fast Alle, den unbändigen Menschen je wieder los zu werden,
da fiel es dem Edelmanne ein, daß sich in der Nachbarschaft
eine Mühle befand, auf deren letztem Gange der Teufel den
Müller machte. Wer jemals waghalsig genug gewesen war,
auf diesem Gange mahlen zu wollen, dem hatte der Teufel
regelmäßig das Genick gebrochen und dann geschroten. Aus
den zermahlenen Gebeinen waren aber Goldstücke geworden.
Gelang es nun einem kecken Burschen, dem Teufel als Müller
den Rang abzulaufen, der konnte sich eine ganze Schwinge
voll Gold als Lohn für solche Heldenthat holen.
„Weißt du was,. Hans ?" sagte der Edelmann eines Tages,
„dein Appetit macht mich zum armen Manne. Verlassen willst
du mich nicht, also mußt du mir behilflich sein, Mittel her-
beizuschaffen, die mich in den Stand setzen, deinen Hunger
zu stillen. Auf dem Oberboden liegen zwei Malter Roggen.
Die lade auf, fahre sie in die dreizehngängige Mühle, und
mahle sie dort. Den ersten Malter mahlst du auf den ersten
zwölf Gängen, den zweiten aber mahlst du auf dem drei-
zehnten Gange. Sieh dich aber vor, denn der Teufel sitzt
darauf. Kannst du ihn so malträtiren, daß er herunterspringt,
lo findest du eine Schwinge Gold. Die bringe mir, damit
ich wieder Einkäufe machen und dich Nimmersatt füttern kann."
„Wenn's weiter nichts ist," versetzte der lange Hans,
„den Teufel will ich wohl klein kriegen," spannte vier Pferde
vor den Wagen, lud die zwei Malter Roggen auf und fuhr
lustig pfeifend damit nach der dreizehngängigen Mühle.
Er that, wie ihm geheißen war und mahlte einen Malter
seines Getreides auf den ersten zwölf Gängen. Als er den
letzten Scheffel aufschüttete, sah er den Teufel oben auf dem
dreizehnten Gange sitzen. Er baumelte mit seinen langen
dürren Beinen herab bis auf den Beutelkasten und schnitt
dem Knechte ganz niederträchtig malitiöse Gesichter, vor denen
»4 wohl jeder Andere gefürchtet hätte. Der lange Hans
aber lachte dazu und bohrte auf jede neue Fratze, die ihm
der Teufel schnitt, diesem einen Esel. —
Jetzt kam er zum dreizehnten Gange, um den ganzen
zweiten Malter darauf zu mahlen. Da blies sich der Teufel
auf, daß der lange Hans keinen Rauni zum Aufschütten finden
konnte.
„Mach' mich nicht wild, Satan," sagte er zum Teufel,
„sonst hast du es mit einem verdammt schlimmen Kerl zu
thun. Steige herunter und laß mich meinen Roggen mahlen."
Der Teufel aber schnitt ein noch niederträchtigeres Gesicht,
als alle früheren zusammen genommen und blies sich noch
viel ärger auf. Da gab der lange Hans ihm eine so fürch-
terliche Ohrfeige, daß ihm der Athem ausging und er dabei
das Gleichgewicht verlor. Hans schüttete geschwind ein paar
Scheffel auf und als sich der Teufel wieder ermannt und auf
dem Gange zurecht gerückt hatte, war der Mühlstein in vollem
Umlauf, und aus dem Beutel fiel das schönste Mehl.
Es dauerte nun gar nicht sehr lange, da ward dem Teufel
unheimlich zu Muthe. Er rückte hin und her auf dem Gange,
den er nicht verlassen mochte, und schnitt ganz entsetzliche Ge-
sichter. Tie sahen aber ganz anders aus als die früheren,
denn sie waren der Ausdruck peinigenden Schmerzes, wie
jene der Ausdruck höhnenden Uebermuthes gewesen waren.
„Ich zermahle dich zu Brei," sagte Hans lachend, „wenn
du nicht heruntersteigst. Dann kannst du die Hölle verpachten,
oder deine Großmutter allein darin wirthschaften lassen, bis
die Verdammten sie zu Tode ärgern."
Wie der Teufel das hörte, sprang er herunter, und gab
sich überwunden. Er war übel zugerichtet, denn Hans hatte
ihm den halben Hintern rein herunter gemahlen, daß sein
eines Bein mit dem Pferdefuße nur eben noch locker im Ge-
lenke baumelte. Hans aber mahlte ruhig vollends sein Getteide,
und als er damit fertig mar, band er die Säcke zu, und schüt-
tete die erbeutete Schwinge Gold in dem einen oben auf.
„Jetzt bin ich ein gemachter Mann," sagte er schmun-
zelnd zu sich selbst, lud das Mehl auf und machte sich damit
auf den Rücklveg.
Dem Edelmanne stiegen die Haare zu Berge, als er
den Unantastbaren abermals heiler Haut und guter Dinge
zurückkehren sah. Er beschloß, sich seiner zu entledigen, möge
es kosten, was es wolle. Zuvor aber wollte er doch wissen,
ob Hans wirklich einen Strauß mit dem Teufel bestanden
habe, und siegreich daraus hervorgegangen sei. Er fragte
daher zuvörderst nach der Schwinge mit Gold.
Hans machte kein Hehl aus seiner That, erzählte, wie
er dem Teufel das halbe Gesäß abgemahlen habe, und sagte
dann seinem Brodherrn, das Bissel Gold möge er sich selber
in den Säcken zusammen Huchen. Das that der Edelmann
unverdrossen, und da er sich in Folge dieses Fundes wohl bei
Kasse sah, schwoll auch ihm der Kamm; denn es ist und bleibt
unumstößlich wahr, daß Geld Courage macht. Er säckelte also
das Geld ein, und erklärte dann kürzer und entschiedener
denn je dem langen Hans, daß er sich fortscheeren solle, denn
er wolle ihn durchaus nicht länger füttern.
I» *