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178

Ter geprellte Teufel.

kleiner Höllenbruten, jetzt sag an, soll ich dich in Fetzen
reißen, oder ungerupft in meine Küche tragen?"

Ter also angedonnerte Gaisbub fühlte sich Anfangs durch
, das fürchterliche Aussehen der unterweltlichen Majestät etwas
verdutzt und eingeschüchtert, bald aber hatte er seine Fassung
j wieder erobert, und er äußerte ganz keck und frei, Herr Sa-
tan habe nicht das Recht, ihn so mir nichts, dir nichts nach
der Hölle zu schleppen, erst müsse er sich, wie ehrliche Teu-
fel, seine Seele verdienen, bevor er sich unumschränkte Ge-
walt darüber anmaße. — Satan drückte sinnend einen seiner
bckrallten Finger auf die Stirne, und nach einigem Bedenken
kreischteer: „Hast recht, kleiner Knirps! so wähle drei Dinge
die ich verrichten soll, für jedes davon ist deine Seele mir
verfallen, nur wenn ich von allen dreien keines zu Stande
bringe, bist du wieder frei und ledig."

Ter Junge besann sich eine kurze Weile, wie er sich am
besten aus dieser kitzlichen Geschichte herausputzen könnte;
dann verlangte er von Herrn Urian, er müsse ihm alle Kreuz-
blumen zusammen sammeln, die auf dem Berge zu finden
seien, und sie in einer Viertelstunde herbeischaffcn.

Ter Teufel verschwand und kam nach auberaumter Zeit
keuchend und schiveißtriefend mit einein mächtigen Rückkorb
wieder, indem er den duftenden Inhalt zu des Gaisbuben
Füßen hinschüttelte. — „Fehlt da keine mehr?" fragte die-
ser mit einer verschmitzten Miene. — „Nicht eine Einzige,
du kleiner Höllcngeist!" betheuerte Satan.

Ta zog der Gaiser sein Hütet vom Kopf und zeigte ihm
lachend den Strauß, den er schon vorhin gepflückt und auf-
gesteckt hatte. —- Ter Teufel schnitt ein äußerst dummes Ge-
sicht und grollte: „Hast mich herum gekriegt, Naseweis! jetzt
wähle das zweite Ding."

„Tu mußt in einer Viertelstunde alle meine Ziegen mel-
ken!" heischte der Junge.

Flugs machte sich Satan an die ungewohnte Arbeit und
es ging so ziemlich von statten; als er aber an das letzte
Thier gelangte, stieß ihn dasselbe mit seinen gewaltigen Hör-
nern so heftig an die rückwärtigen Theile, daß er alles Gleich-
gewicht verlor und sein Pserdehuf wie ein Meilenzeiger in
die Lust ragte. — Wüthend erhob er sich, um sein Glück
von Neuem zu versuchen, aber immer mußte er wieder zur
Erde und über dieses Manöver verstrich die anberaumte Zeit.
— Ganz schach und matt gestand- er, daß er auch hier das
' Spiel verloren habe.

„Ich glaub's gerne," höhnte sein kleiner Tyrann, indem
er sich in unmäßigem Gelächter beide Weichen hielt, „wenn
Ihr den Bock auch melken wollt, werdet Ihr freilich nicht
fertig mit der Arbeit!"

Herr Urian, als er sich gefoppt sah, stampfte mit seinem
Roßfuß wüthend aus die Erde und verlangte mit Ungestüm
die dritte und letzte Ausgabe. — Ohne sich lange zu besinnen,
forderte der pfiffige kleine Schelm, daß er alle Marterten
(Bildstöcklein) zählen müsse im ganzen Land. — Satanas
protestirte feierlichst gegen diese Zumuthung, allein der Junge

blieb unerbittlich, und so verschwand Satan endlich mit einem
säuern Gesicht, um nicht wiederzukehren.

Ter arme geprellte Teufel wandert seither rastlos Land
auf Land ab, aber es gelingt ihm nicht, mit seiner Arbeit zu
Ende zu kominen, denn kaum hat er einen Distrikt abgezählt,
so tverden gleich wieder Dutzende Von Gedenktafeln hinter sei-
nem Rücken aufgerichtet und der Bildstöckl-Reichthum in Tirol
vermehrt sich durch die Pietät seiner Bewohner alljährlich
in s Unendliche!

Die Zirler-Gaisbuben scheuen sich aber seit dieser Blamage
vor dem Teufel auch nicht mehr!

_ Martinas.

Vetter Crlij.

lSchluh.)

8er Tag der Executivn war erschienen und was in Co-
burg nur gehen und sehen konnte, was nicht im Wochenbett
oder auf dem Sterbelager sestgehalten wurde, das zog hinaus
zum Thore aus den Anger, um sich zu überzeugen, was
Allen noch wie ein Scherz klang, daß Vetter Orlix müsse
Spießruthcn laufen.

Und wenn man die Gruppen der Männer und Frauen
Coburgs betrachtete, so konnte man nicht eben sagen, daß
aus den Blicken der Menge Bestürzung und Mitleiden gesprochen
hätte, wohl eher noch lustige Neugier, die in Gelächter und
Witzeleien über den Orlix sich kund gab, als erwarte man
einen seiner Spässe, wie er sie oft gemacht bei Vogelschießen
und Kegelschieben, bei Kirchweihfest und Wurstschmauß. Als
aber von der Festung her das Rasseln der Trommeln ertönte,
als von daher ein Bataillon Coburger Musquetiere anmarschirte
und den Anger besetzte, auf welchem die Executivn vor sich
gehen sollte, als bald darauf dreihundert Mann Soldaten
ohne Ober- und Untergewchr, mit Birkenruthen versehen, sich
in zwei Linien aufstellten und der Profoß geschäftig auf- und
niederrannte, als endlich unter Bedeckung der Orlix selbst
ankam, da sahen erschrocken die friedlichen Coburger, daß das
Ganze bittrer Ernst werden sollte, da blickten sie mitleidig
auf ihren Liebling, und die Witze und das Gelächter ver-
stummte wie mit einem Zauberschlage daruiedergedrückt und
Jeder schien seinem Nachbar zuzuflüstern: „Schade, daß dies
kein Spaß geblieben!"

Orlix aber, der jetzt auf Commando des die Executivn
leitenden Offiziers mit seiner Bedeckung Halt machte, sah sich
ringsum die Menscheumasse ruhig an, und mit verstohlenem
Blick nach dem Herzog, der mit dem Prinzen Leopold und
einer glänzenden Suite von Stabsoffizieren und Adjutanten
angekommen war, das Ruthenlaufen des Orlix mit anzusehen.

Die Trommeln rasselten von Neuem, das Cvmmandowort
des Offiziers ertönte und die Soldaten erhoben auf ein Zei-
chen des Profoß die Ruthen, aber der Orlix — lief nicht.
Ein staunendes Ah! ertönte aus den Gruppen der Zuschauer,
welche sahen, wie Orlix mit bittender Geberde sich zu seinem
Feldwebel wendete, und als dieser ihm näher trat und frug,
was er noch wolle, mit lauter Stimme rief:
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