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er eines Abends in wehmüthiger Stimmung seine Herde heim-
wärts. gefolgt von seinem treuen Spitz, und sang ein Schäfer-
er beim Tan; der Schäferinnen erscheinen, und wagte es nicht,
Phillis vor Augen zu treten! So verkümmerte er! Einsam
klagte er in den Felsenklüften und seine Herde zerstreute sich.
Eines Tages fand man ihn erblaßt liegend am Ufer desweiden-
begränzten Baches. Gram und Kummer hatten ihn getödtet.
Dieß ist die Geschichte des schönen Mirtill — endigte Me-
nalkas — und die Schäferinnen, die um ihn saßen, weinten.
lieb an Phillis. Sieh, da trat sie eben aus ihrer Hütte, schön
und reizend, wie die Abendsonne, die ihre Gestalt röthete! Mir-
till zog schweigend vorüber, und Thränen fielen auf seinen Pfad.
Des andern Tags aber fand er eine Rose vor seiner Thüre lie-
gen ! Er hob sie vom Boden auf, küßte sie und sprach zu sich:
..Vielleicht kömmt sie von Phillis!" —
Phillis aber hatte ihn belauscht. Als er Abends spät heim-
kehrend an ihrer Hütte wieder vorüber ging, trat sie ihm ent-
auch er liebte Phillis — schwur er Rache zu nehmen an dem
Beglückten. Als nun eines Tages Mirtill, seine Herde hütend,
auf neue Lieder sann, schlich sich Mopsus auf den Zehen her-
bei, und schnitt — o welche Tücke! — Mirtills schönen Zopf
ab. Da war es um Mirtill geschehen! Denn nimmer durfte
Y l I e.
gegen, süßlächelnd wie der Mond, der eben aus den Wolken
zog. Mirtill aber vermochte es länger nicht, sein Herz zu be-
zähmen; er fiel ihr zu Füßen und sprach mit bewegter Stimme:
„Phillis!" Und sie darauf: „Mirtill!" und er bedeckte ihre
Hände mit heißen Küssen. Der tückische Mopsus aber, der bei-
der Liebe ahnte, hatte von Ferne hinter einem Baume lauschend
sie beobachtet. Von Eifersucht und Wuth entbrannt — denn
er eines Abends in wehmüthiger Stimmung seine Herde heim-
wärts. gefolgt von seinem treuen Spitz, und sang ein Schäfer-
er beim Tan; der Schäferinnen erscheinen, und wagte es nicht,
Phillis vor Augen zu treten! So verkümmerte er! Einsam
klagte er in den Felsenklüften und seine Herde zerstreute sich.
Eines Tages fand man ihn erblaßt liegend am Ufer desweiden-
begränzten Baches. Gram und Kummer hatten ihn getödtet.
Dieß ist die Geschichte des schönen Mirtill — endigte Me-
nalkas — und die Schäferinnen, die um ihn saßen, weinten.
lieb an Phillis. Sieh, da trat sie eben aus ihrer Hütte, schön
und reizend, wie die Abendsonne, die ihre Gestalt röthete! Mir-
till zog schweigend vorüber, und Thränen fielen auf seinen Pfad.
Des andern Tags aber fand er eine Rose vor seiner Thüre lie-
gen ! Er hob sie vom Boden auf, küßte sie und sprach zu sich:
..Vielleicht kömmt sie von Phillis!" —
Phillis aber hatte ihn belauscht. Als er Abends spät heim-
kehrend an ihrer Hütte wieder vorüber ging, trat sie ihm ent-
auch er liebte Phillis — schwur er Rache zu nehmen an dem
Beglückten. Als nun eines Tages Mirtill, seine Herde hütend,
auf neue Lieder sann, schlich sich Mopsus auf den Zehen her-
bei, und schnitt — o welche Tücke! — Mirtills schönen Zopf
ab. Da war es um Mirtill geschehen! Denn nimmer durfte
Y l I e.
gegen, süßlächelnd wie der Mond, der eben aus den Wolken
zog. Mirtill aber vermochte es länger nicht, sein Herz zu be-
zähmen; er fiel ihr zu Füßen und sprach mit bewegter Stimme:
„Phillis!" Und sie darauf: „Mirtill!" und er bedeckte ihre
Hände mit heißen Küssen. Der tückische Mopsus aber, der bei-
der Liebe ahnte, hatte von Ferne hinter einem Baume lauschend
sie beobachtet. Von Eifersucht und Wuth entbrannt — denn
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Idylle."
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 2.1846, Nr. 38, S. 111
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg