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20.

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_ Erscheinen wöchentlich ein Mal. Snbscriptionspreich

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St. Urbans Kellerhals

Ein Mär chen von F. M. Duttenhoser.

(Fortsetzung.)

Der Krämer packte sein Bündel zusammen, bezahlte den
Schnaps, den er verzehrt hatte, und ging unbemerkt zur Thürc
hinaus.

— Den halben Morgen gegen die Katze da, rief der Michel
abermals, schüttelte den Würfelbecher und legte einen ziemlich
hohen Pasch vor.

Der Fremde nahm den Becher auf und fragte: falls gelten ?

Spielt! rief Michel. Die Würfel fielen.

— Alle sechse! riefen alle umher und der Michel sank bleich
in seinen Stuhl zurück. Bald aber sprang er auf, warf den
Stuhl um und stürzte zur Thür hinaus.

Michel rannte hinaus zum Dorf seinem Wingert zu. Mit
. hastigen Schritten stieg er die Keinen Treppen hinan, bis er
in der Hütte anlangte, welche sein Vater in den Felsen cinge-
hauen hatte, und welche man Sankt Urbans Kellerhals nannte.
Von dort wollte er noch zum letzten Male sein Besitzthum
übersehen.

Der Vollmond beglänzte die weißbeschneite Landschaft, und
jeder Rebstock war auf der glänzenden Schneedecke deutlich zu
unterscheiden. Michel langte erschöpft an der Hütte an und
sank dort halb bewußtlos auf den Boden nieder. Da hörte er
im Innern des Berges ein Klopfen, wie an leere Fäfier, und
den Tritt eines emsigen Küfers, wie er bald am Boden des
j Kellers umherging, bald auf die Faßleitern stieg. Er hörte das
Fließen schäumenden Weines wie beim Ablaß, und das Blasen
des Blasebalges, mit dem man den Wein aus dem Faste treibt;
er vernahm das Knistern des Schwefels und glaubte brennende
Schwefelschnitten zu riechen. Nachdem das Klopfen und das

II. M.

°d.3ggr.

Gesang einer vollen und wohltöncnden Männerstimme. Die
Worte des Liedes waren folgende:

Ich heg' im liefen Keller mein
Gar manches Faß von edlem Wein
Vom Süßen und vom Herben;

Das ist ein Schatz von seliner Art
Und wird für keinen dran gesparl
Von der Wiege bis zum Sterben.

Gar Wen'gen steht der Herbe an,

Doch dreh für jeden ich den Hahn
Vom Süßen wie vom Herben.

Vom Herben wird nicht viel gepraßt,

Doch hält das Herz er leicht dem Gast
Und er macht ins Holz nicht Kerben.

Wen ich recht lieb gewonnen han,

Dem stech ich erst den Herben an,

Vom Süßen nach dem Herben;

Doch wem mein Sinn nicht treu und hold
Dem schenk ich erst vom süßen Gold
' Und er muß beim Herben sterben.

Schenk' ich den Süßen dir zuvor
So trinkst du schnell, o blöder Thor,

Und trinkst dir dein Verderben;

Bei Jubeltrunk und Sinnenlust
Wird kalt dein Herz in öder Brust
Und dann gehts wie Glas in Scherben.

Den Herben setzt mir nicht herab,

Denn wenn ich dich mit diesem lab'

Wirst du dir Glück erwerben;

Er regt in dir das höchste Gut,

Verleiht dir Kraft und frischen Muth
Wo die Kühnsten sich verfärben.

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