167
Die Kerschen.
(Schwäbisch.)
Ein Bäuerlein hat seiner gnädigen Herrschaft ein Körblein
Kerschen verehrt, welche selbiges Jär die ersten gewesen. So-
bald die gnädige Frau das Körblein mit den Kerschen in die
Hand bekommen, hat sie an'fangen zu effen mit einem solchen
Appetit, daß sie auf einmal 6 oder 7 itt’ä Maul geschoben.
Das hat das Bäuerlein unvermerkt gesehen, und bei sich selb-
sten gedacht: „Mein Gott, wie gefräßig ist meine gnädige Frau;
wann wir Bauren-Leut 2 oder 3 Tag Hunger leiden, so könn-
ten wir mit kainem größern Appetit essen, als sie die Kerschen
tuet anfallen. — Als die gnädige Herrschaft das Mittagsmal
eingenommen, wurde auch dem Bäuerlein verlaubt, zur Tafel
zu sitzen; und da neben andrem Konfekt auch etwas von seinen
Kerschen in einer silbernen Schalen aufgettagen worden, nam
die gnädige Frau mit einem Gäbele auf das zierlichst ein Ker-
schen heraus, ergriff ein kleines Mefferle, fieng an darmit die
Kerschen zu schelen, den Keren heraus zenemmen, und die Ker-
schen in vier Tail ze ttanschiercn; fuer damit zum Maul, und
fragte das Bäurle, ob sie auff dem Dorf auch also pflegten
die Kerschen z' essen, als wie sie in der Stadt? Der Baur
war, nach Laut des bekannten Sprichworts, ein arger Laur,
schwig so still, als ein Maus bei dem Schmerlaib; gedachte
doch bei ihm selbsten, daß die gnädige Frau vor ein paar
Stund 6 und 7 oder noch mer Kerschen auf einmal in
das Maul geschoben, wol kam Gäbele gebraucht, weniger
geschält habe. Die gnädige Frau ließ nicht nach, das ander
Mal zu fragen, ob sie auf dem Land auch mit einer solchen
Höflichkeit die Kerschen effen, wie sie in der Stadt? Auf die
wiederholte Frag gedachte der Baur: Nun ist es Zeit, meinen
Batzen anzubringen, sagt also: Mein' gnädige Frau, wir
machen es nicht so höflich, als wie ich es jetzt von ihr über
Tisch gesehen; wann uns aber der Hunger treibt, und die
Schaben 3 oder 4 Tag im Bauch grüblen, so machen wir's
fein bäurisch und grob, als wie es die gnädig' Frau vor
ein paar Stunden gemacht, schieben 6 oder 7 Kerschen auf
einmal in's Maul, und schlucken sie sambt den Kernen hinab.
Die weisen Zwerge.
Eine sehr rührende Ballade.
Zu den sieben Zwergen
Ueber den sieben Bergen,
Kommt ein Mädel aus der Stadt,
Bittet schön um guten Rath.
O Zwerge! o Mädel!
Denn sie zählt schon Zwanzig,
Und noch meld't kein Mann sich.
„Vettern", spricht sie, „sagt mir an,
Wie bekomm' ich einen Mann?"
O Mädel! o Zwerge!
Drauf nach kurzem Sinnen
Thut der Erste beginnen:
„Mädel, sei brav und tugendlich,
Alles Andre findet sich."
O Weisheit, große Weisheit!
„Bete und arbeite!"
Predigt ihr der Zweite;
Und so künden die andern Vier,
Was da sei des Weibes Zier.
O Weisheit, große Weisheit!
Der bis da geschwiegen,
Thut das Köpfchen wiegen,
Fragt, den Finger auf der Nas':
„Hast du Füchse, schöne Bas',
Ja Füchse, blanke Füchse?"
Die Kerschen.
(Schwäbisch.)
Ein Bäuerlein hat seiner gnädigen Herrschaft ein Körblein
Kerschen verehrt, welche selbiges Jär die ersten gewesen. So-
bald die gnädige Frau das Körblein mit den Kerschen in die
Hand bekommen, hat sie an'fangen zu effen mit einem solchen
Appetit, daß sie auf einmal 6 oder 7 itt’ä Maul geschoben.
Das hat das Bäuerlein unvermerkt gesehen, und bei sich selb-
sten gedacht: „Mein Gott, wie gefräßig ist meine gnädige Frau;
wann wir Bauren-Leut 2 oder 3 Tag Hunger leiden, so könn-
ten wir mit kainem größern Appetit essen, als sie die Kerschen
tuet anfallen. — Als die gnädige Herrschaft das Mittagsmal
eingenommen, wurde auch dem Bäuerlein verlaubt, zur Tafel
zu sitzen; und da neben andrem Konfekt auch etwas von seinen
Kerschen in einer silbernen Schalen aufgettagen worden, nam
die gnädige Frau mit einem Gäbele auf das zierlichst ein Ker-
schen heraus, ergriff ein kleines Mefferle, fieng an darmit die
Kerschen zu schelen, den Keren heraus zenemmen, und die Ker-
schen in vier Tail ze ttanschiercn; fuer damit zum Maul, und
fragte das Bäurle, ob sie auff dem Dorf auch also pflegten
die Kerschen z' essen, als wie sie in der Stadt? Der Baur
war, nach Laut des bekannten Sprichworts, ein arger Laur,
schwig so still, als ein Maus bei dem Schmerlaib; gedachte
doch bei ihm selbsten, daß die gnädige Frau vor ein paar
Stund 6 und 7 oder noch mer Kerschen auf einmal in
das Maul geschoben, wol kam Gäbele gebraucht, weniger
geschält habe. Die gnädige Frau ließ nicht nach, das ander
Mal zu fragen, ob sie auf dem Land auch mit einer solchen
Höflichkeit die Kerschen effen, wie sie in der Stadt? Auf die
wiederholte Frag gedachte der Baur: Nun ist es Zeit, meinen
Batzen anzubringen, sagt also: Mein' gnädige Frau, wir
machen es nicht so höflich, als wie ich es jetzt von ihr über
Tisch gesehen; wann uns aber der Hunger treibt, und die
Schaben 3 oder 4 Tag im Bauch grüblen, so machen wir's
fein bäurisch und grob, als wie es die gnädig' Frau vor
ein paar Stunden gemacht, schieben 6 oder 7 Kerschen auf
einmal in's Maul, und schlucken sie sambt den Kernen hinab.
Die weisen Zwerge.
Eine sehr rührende Ballade.
Zu den sieben Zwergen
Ueber den sieben Bergen,
Kommt ein Mädel aus der Stadt,
Bittet schön um guten Rath.
O Zwerge! o Mädel!
Denn sie zählt schon Zwanzig,
Und noch meld't kein Mann sich.
„Vettern", spricht sie, „sagt mir an,
Wie bekomm' ich einen Mann?"
O Mädel! o Zwerge!
Drauf nach kurzem Sinnen
Thut der Erste beginnen:
„Mädel, sei brav und tugendlich,
Alles Andre findet sich."
O Weisheit, große Weisheit!
„Bete und arbeite!"
Predigt ihr der Zweite;
Und so künden die andern Vier,
Was da sei des Weibes Zier.
O Weisheit, große Weisheit!
Der bis da geschwiegen,
Thut das Köpfchen wiegen,
Fragt, den Finger auf der Nas':
„Hast du Füchse, schöne Bas',
Ja Füchse, blanke Füchse?"
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Die Kerschen." "Die weisen Zwerge."
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 2.1846, Nr.45, S. 167
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg