Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Herzog Christoph'

schnitzer Hans Heidelolf das Bürgerrecht gewährt werde. Er
hatte es auch durchgesetzt, trotzdem er Gegner in Menge hatte,
und ein naseweiser, junger Rathsherr ihm sogar zu verstehen
gab, es möchte an der großen Wärme wohl des Bildschnitzers
schönes Töchterlein Theil haben, sintemalen der Herr Collega
bis in die letzten Zeiten, ungeachtet seiner ehrwürdigen Scheitel,
noch immer gern auf Freiersfüßen gewandelt, und cs notorisch
sei, daß er zum Lobe einer oder der anderen schönen Jung-
frau sich noch gern auf den Pegasnm setze und einen starken
Trab reite. Herr Florian hatte aber wie alle, so insonder-
i heit diesen Gegner und boshaften Angreifer mit deutschen
und lateinischen Kraftsprüchen gänzlich zu Boden geschmettert,
j daß männiglich sagte, es sei seit Menschengedenken keine solche
Rede gehalten worden, und die Sache alsbald abgethan war.
Worauf Herr Florian sogleich von dannen ging, um sich
in s Thal an die Hochbrücke zu begeben, dem Bildschnitzer
sein Glück zu verkünden und sich einen Stein in's Brett zu
setzen; denn wenn ein Mensch für Hans Heidelolfs Tochter
in Feuer und Flammen stand, so war es Herr Florian Hupfins-
land, und hatte der naseweise Collega nicht in s Blaue ge-
troffen, da er einen so boshaften Bolz auf ihn geschossen.

Als er nun, wie gesagt, mit Herzog Christoph zusammen-
traf, stotterte er: „Bitte tausendmal um Vergebung, gnädigster
Herr Herzog," und machte eine so tiefe Reverenz, als es sein
wohlgenährter Leib zugab. Weil Christoph aber, der ihm
nicht besonders hold >var, ohne weiters gen die Peterskirche
ging, drehte sich Herr Florian möglichst schnell um und ließ
eine noch tiefere Reverenz mit großer Ausdauer nach der
Seite erfolgen. Als er nun ausblickte und von Christoph
nichts mehr gewahr wurde, drückte er sich an die Mauer,
machte sich den Gang hinab und lenkte in das Thal ein,
wo er in freier Luft ivieder zu einiger Fassung kam.

Herzog Christoph aber stand mittlerweile an der kleinen
Kapelle, die heut zu Tage zugemauert ist, gerade über von
der Rathhausstiege. Er war fast daran vorübergeschritten,
als er flüchtigen Blickes eine Jungfrau gewahr geworden,
die in tiefster Andacht ganz einsam in einer Ecke kniete und
überreich an Schönheit war, dabei dem Herzog wie ein Blitz
der Gedanke auffuhr, daß sie seinem Traumbild auf das
Aeußerste ähnlich sei. Hatten ihn aber damals die bösen
Sinne gereizt, so war er hinwieder von der ausnehmenden
Zucht und Reinheit dieses Wesens noch weit mehr ergriffen.
Es trieb ihn, einzutreten, und erst da er sie eine Weile be-
lauscht und ihm darauf seine Vorsätze wieder lebhaft vor
die Seele gekommen, wollte er, aber recht ungern, fort. Da-
bei machte er aber ohne Willen mit den Sporen ein kleines
Geräusch, so daß sich die Jungfrau erschreckt umschaute und
ihn erblickte, wie er, das Auge auf sie gerichtet, eben fort-
schleichen wollte. In wahrer Glut überströmte es ihr Antlitz,
und Herzog Christoph war auch, jenen Traum ausgenommen,
nie so roth geworden. Das holde Kind sah ihn aber nicht
lange an, schlug schnell die Augen, die schönsten, so Chri-
stoph je erblickt, darnieder, bekreuzte sich, wollte am Herzog
vorüber und ihres Pfades gehen.

!_;-

Wurf und Sprung. 131

Er vertrat ihr aber mit feiner Sitte de» Weg und sprach: |
„Mein Lebenlang Hab' ich kein Wesen so fromm beten gesehen.
Euch möchte ja wohl der Hinnuel nichts abschlagen. Haltet's
alle Zeit so! Doch sprecht, wie heißt Ihr?"

„Heiß' Gertraud, gnädigerHerr," Jagte jene mit beklommener
Stimme, „und bin des Bildschnitzers Hans Heidelolfs Tochter."

„Hab' ich Euch doch nie gesehen unter der Zier unserer
Stadt."

„Gehörte wohl nicht zur Zierde einer Stadt," entgegnete sie,
„könnt mich auch nicht leicht gesehen haben, da ich erst wenige
Tage hier bin zu München mit meinem Vater, der gern Bürger
würde, wenn es die wohlweisen Herren nur gestatten wollen."

„Verlaßt Euch auf mich," sagte Christoph, „ich vermag
was bei den Rathsherreu und Zunftmeistern, weil ich an
Herzog Albrechts Hof gut angeschrieben bin."

„Möcht' wohl zu spät sein," meinte Gertraud, „denn jetzt
gerad' entscheiden sie drüber, so viel's ihnen zusteht, ob's
sein soll oder nicht."

„Und da habt Ihr gebetet, daß die Sache guten Verlaus
nehme —?"

„Das Hab' ich!"

„Nun, so hoffen wir vordersamst das Beste," sagte Chri
stoph. „Und wo seid Ihr dahier zu Hause?"

„Wo — ich —V

„Wo Ihr mit Eurem Vater wohnt?" verbesserte Christoph.

„Zn was soll das, Herr!" fiel die Jungfrau rasch ein.
„Gelobt sei Jesus Christus!" Dabei bekreuzte sie sich.

„In Ewigkeit!" sagte Herzog Christoph rasch; in dem Au
genblicke war Gertraud zur Kapelle hinaus. — Weg war sie
Image description

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Herzog Christoph's Wurf und Sprung"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Schmolze, Carl Hermann
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Gebet <Motiv>
Karikatur
Junge Frau <Motiv>
Beobachter
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 3.1846, Nr. 65, S. 131
 
Annotationen