Das Leben ein Traum.
143
Sticlicht Verbindung.
Karl Wartenmcyer, Landgerichtsoberschrciber und Agent mehrerer
Feueraffekuranzen rc.
Ursula Wartenmcyer, verivittwete Adelhueberin
empfehlen sich als Neuvermählte fernen Verwandten und Freunden.
Siegbronn, den 12. July 1846.
Zugleich zeige ich Unterzeichnete dem verehrlichen Publikum an,
daß ich mich, nach wie vor, mit dem Haubensticken beschäftige, auch
Nachtlichter von den verschiedensten Sorten und beßter Qualität
täglich bei mir das Schachterl zu 12 kr. zu haben sind.
Bcy meiner ausgedehnten Bekanntschaft vermag ich auch dienst-
losen Dienstboten annehmbare Plätze zu verschaffen.
Siegbronn, den 12. July 1846. Ursula Wartenmeyer.
Traurmnzeigk.
Gott dem Allmächtigen har cs gefallen, heute früh 7 Uhr
j unsere inniggeliebte Tochter und Schwester
Julie von Sitzen
nach eineni mehrjährigen Lungenleideu zu sich und unter die Zahl
seiner Engel auszunehmen.
Werden inneren Werth der Verblichenen kannte, wird die Größe
unseres Schmerzes fühlen und würdige» können.
Sie starb, eine folgsame Tochter, liebende Schwester und treu-
ausharrende Braut, in stiller Ergebung in den höheren Willen.
Ruhe ihrer Asche.
Siegbronn, den 29. Merz 1846.
Die Hinterbliebenen.
„Seitdem mein Carl das letztemal beym Herr Minister gewesen
ist, ist er so mißvergnügt, so heftig und barsch, daß es bald zwischen
uns zu den ernstesten Erörterungen gekommen wäre- Ich fürchte,
seine Liebe zu mir nimmt täglich mehr ab, und will dir gestehen,
daß ich mich immer mit Schrecken im Spiegel besehe, namentlich
seit der letzterhaltenen Zahnlücke und den ewig anhaltenden Katarrh,
— obwohl ich mir doch nicht verhehlen will, daß mir die langen
Locken, die ich seit neuester Zeit trage, gut stehen.
Ich hoffe Alles von dem kommenden Frühjahre, in welchem
ich die Molkenkur zu gebrauchen gedenke.
Mit Freuden habe ich vernommen, daß Dein verehrter Herr
Gemahl Magistratsrath geworden ist; wäre in deiner Stadt nicht
allenfalls die Stelle eines rechtskundigen Rathes, eines Magistrats-
sekretärs, oder Stadtschreibers erlediget? —
Du weißt wohl, liebe Mina, was ich meine, und ich baue auf
deine Freundschaft und die Gewogenheit des Herrn Magistratsrathes-
Lebe wohl und verbleibe stets gut deiner
unglücklichen Julie.
P. 8. Dein Adolph und die Emma müßen schon
recht groß seyn; mich würde es herzlich freuen, wenn
ich sie einmal sehen könnte. —"
Siegbronn, «m 12. Jänner 1846.
„Nun bin ich das antichambriren herzlich müde; mein letzter
Bescheid des Herrn Ministers lautete dahin, er müße mir, so leid
es ihm thue, unverhohlen sagen, daß ich mich, wenn ich nicht ein
Protektiönchen auszutreiben wüßte, wodurch meine Brauchbarkeit
auf geeignete Weise au's Licht gestellt würde, bei einem adelichen
Gutsherren um die Stelle eines Patrimonialbeamten II. Claffe
melden sollte. Also bis hieher und nicht weiter! —
Die Juli hat wieder ihre Krämpfe und es ist mit ihr nicht
mehr zum Aushalten vor lauter Geheul.
Lebe wohl, dein gänzlich damiedergedrückter Freund
Wartenmcyer.
Weißt du mir kein sicheres Haarbefördernngsmittel ? —
Endlich ist das Oberstrichterliche Urtheil in Sachen
Fiscus gegen Langenzähn gekommen, es lautet auf
Klagsabweisung in angebrachter Art."
Siegbronn, am 12, Jänner 1846.
143
Sticlicht Verbindung.
Karl Wartenmcyer, Landgerichtsoberschrciber und Agent mehrerer
Feueraffekuranzen rc.
Ursula Wartenmcyer, verivittwete Adelhueberin
empfehlen sich als Neuvermählte fernen Verwandten und Freunden.
Siegbronn, den 12. July 1846.
Zugleich zeige ich Unterzeichnete dem verehrlichen Publikum an,
daß ich mich, nach wie vor, mit dem Haubensticken beschäftige, auch
Nachtlichter von den verschiedensten Sorten und beßter Qualität
täglich bei mir das Schachterl zu 12 kr. zu haben sind.
Bcy meiner ausgedehnten Bekanntschaft vermag ich auch dienst-
losen Dienstboten annehmbare Plätze zu verschaffen.
Siegbronn, den 12. July 1846. Ursula Wartenmeyer.
Traurmnzeigk.
Gott dem Allmächtigen har cs gefallen, heute früh 7 Uhr
j unsere inniggeliebte Tochter und Schwester
Julie von Sitzen
nach eineni mehrjährigen Lungenleideu zu sich und unter die Zahl
seiner Engel auszunehmen.
Werden inneren Werth der Verblichenen kannte, wird die Größe
unseres Schmerzes fühlen und würdige» können.
Sie starb, eine folgsame Tochter, liebende Schwester und treu-
ausharrende Braut, in stiller Ergebung in den höheren Willen.
Ruhe ihrer Asche.
Siegbronn, den 29. Merz 1846.
Die Hinterbliebenen.
„Seitdem mein Carl das letztemal beym Herr Minister gewesen
ist, ist er so mißvergnügt, so heftig und barsch, daß es bald zwischen
uns zu den ernstesten Erörterungen gekommen wäre- Ich fürchte,
seine Liebe zu mir nimmt täglich mehr ab, und will dir gestehen,
daß ich mich immer mit Schrecken im Spiegel besehe, namentlich
seit der letzterhaltenen Zahnlücke und den ewig anhaltenden Katarrh,
— obwohl ich mir doch nicht verhehlen will, daß mir die langen
Locken, die ich seit neuester Zeit trage, gut stehen.
Ich hoffe Alles von dem kommenden Frühjahre, in welchem
ich die Molkenkur zu gebrauchen gedenke.
Mit Freuden habe ich vernommen, daß Dein verehrter Herr
Gemahl Magistratsrath geworden ist; wäre in deiner Stadt nicht
allenfalls die Stelle eines rechtskundigen Rathes, eines Magistrats-
sekretärs, oder Stadtschreibers erlediget? —
Du weißt wohl, liebe Mina, was ich meine, und ich baue auf
deine Freundschaft und die Gewogenheit des Herrn Magistratsrathes-
Lebe wohl und verbleibe stets gut deiner
unglücklichen Julie.
P. 8. Dein Adolph und die Emma müßen schon
recht groß seyn; mich würde es herzlich freuen, wenn
ich sie einmal sehen könnte. —"
Siegbronn, «m 12. Jänner 1846.
„Nun bin ich das antichambriren herzlich müde; mein letzter
Bescheid des Herrn Ministers lautete dahin, er müße mir, so leid
es ihm thue, unverhohlen sagen, daß ich mich, wenn ich nicht ein
Protektiönchen auszutreiben wüßte, wodurch meine Brauchbarkeit
auf geeignete Weise au's Licht gestellt würde, bei einem adelichen
Gutsherren um die Stelle eines Patrimonialbeamten II. Claffe
melden sollte. Also bis hieher und nicht weiter! —
Die Juli hat wieder ihre Krämpfe und es ist mit ihr nicht
mehr zum Aushalten vor lauter Geheul.
Lebe wohl, dein gänzlich damiedergedrückter Freund
Wartenmcyer.
Weißt du mir kein sicheres Haarbefördernngsmittel ? —
Endlich ist das Oberstrichterliche Urtheil in Sachen
Fiscus gegen Langenzähn gekommen, es lautet auf
Klagsabweisung in angebrachter Art."
Siegbronn, am 12, Jänner 1846.
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Das Leben ein Traum"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)