Fliegende Blätter (3.1846 (Nr. 49-72))

Des Zechers

„<§o gib mir doch das Schlüffelein, Frau,

Daß ich in's Kellerlein schau;

Soll füllen der Wein die Fläschlein und Fässer,

Und ich austrinken die Brunnen und Wässer —•?

Bin gezeugt im Weinberg,

Bin geboren im Weinberg
Und erwachsen in Reben,

Und soll Wasser trinken
Mein kurzes Leben?

Mein süßes Wciblein, so frisch, so rund.

Hast schöne Aeuglein, kirschrothen Mund,

Und die feinsten Geberden,

Auf der weiten Erden —

Sie aber gab das Schüsselein nit.

Was ich auch fleh' und schmeichle und bitt'!

Da macht ich ja fast sehr verzweifeln,

Blitz, Tod, bei allen Teufeln,

Das Weib will mein Verderben!

Blitz Humpen — will sie denn gar nicht sterben?

Da war sie einmal mausetodt,

Die Bäcklein waren noch kirschenroth.

Sie gruben sie ein zur Ruh',

Gab auch drei Spaten dazu.

Und sprach in meinem Gram:

Gelobt sei Gottes Ram' —!

Griff aber gleich zum Schlüssel d'rauf
Und schloß das Kellerlein auf.

Weib. 18»

Hol's der Geier, was thät ich schauen!

Wollt' meinen Blicken gar nicht trauen —

All' die Fässer und Fläschlein zwar.

Und aber leer ganz und gar!

Hat getrunken bei lebend'gem Leib
Den starken und leichten mein selig Weib;

Schlich täglich, statt zur Kirch' und Kapell',

Hinunter in das Kellerlein schnell,

Und holte sich die wahre Kraft
Bei rothem und weißem Rebensaft,

Der Zeit ich immer gar durstig war
Bon Anfang bis zu End im Jahr,

Daß mir verdorrte die Zunge schier,

Just wenn sie zechte nächst unter mir!

Und — hält' sie nur getrunken allein,

Da aber hatt's ganz and're Pein,

Ich glaub 's waren Ihrer gar zwei!

Fand im Keller allerlei:

Einen halben Sporen und Schleiflein vom Hut!

Potz. Pest und Blut
Und die Fäßlein leer
Und betrogen um die Ehr,

O Schicksal schwer,

Das ist eine Lehr;

Und wenn's ein Engel war,

Ich heirath' nit mehr!

Fr. Trautmaun.