106 Der tapfere Mörsburgcr.
Die siegreiche österreichische Armee eilte vom Unterrhein herbei,
um den Franzosen die Ausgänge aus dem Höllenthalc, durch
das diese sich zurückzogcn, zu versperren. Tag und Nacht hörte
> man in der Ferne das Stampfen der Rosse, das Rasseln der
Kanonen, das Wirbeln der Trommeln und die lustigen Klänge
| der Mnsikbandcn. Hoch zu Roß zog der siegreiche Erzherzog
vorbei inmitten eines zahlreichen Stabes, ringsum seine Krieger
mit grünen Büschen an den Hüten, alle kampfcsfrcudig,
siegesstolz.
Da trat eines Morgens, als der Wirth seinem Knechte
die Arbeit für den Tag anweisen wollte, dieser herein in voller
Armatur, alles wohl gebürstet und geputzt, die spiegelblanke
Muskete in der Hand, die Grcuadiermütze auf dem Kopfe. ,
Der Bauer und die Bäuerin erschracken. „Was gibt's, was I
wollt Ihr?" fragten sie. „Hausfrau," sprach er, „meine Dienst- >
zeit hat ein Ende; gebt mir an Lohn, was Ihr für recht j
haltet neben der Zehrung. Ich Hab' mit dem Franzosen noch |
ein Wort zu sprechen von wegen damals. Hab' ich's ihm nicht |
wehren können, wie er sich hereingcstohlen hat in's Reich, wie f
ein Dieb in der Nacht, so will ich doch jetzt mithelfen, daß s
er wieder hinaus muß." Die Leute suchten ihn zurückzuhalten: |
wozu er sich denn jetzt in Gefahr stürzen wolle, da es ihm f
niemand heiße; er gehöre ja gar nicht zu den Oesterrcichern, $
im Gegenthcil, der schwäbische Kreis habe längst Frieden mit |
den Franzosen. Allein sie mußten bald erkennen, daß der Sol-
dat fest entschlossen war, und ihn ziehen lassen. Zuvor aber
steckten sic ihm noch reichliche Wegzehrung zu, und entließen
ihn dann unter Thränen mir einem schönen Stück Geld, ga-
ben ihm auch noch's Geleite bis zu der großen Heerstraße,
auf der er rüstig dem österreichischen Heere nachzog.
Leider war der Erzherzog zu spät gekommen, um das
französische Heer an den Ausgängen des Höllenthalcs zu
erwischen, cs breitete sich, als er hcranrückte, bereits im Rhein-
thale aus und trat ihm kühn entgegen. So kam cs am 19.
Oktober zu der blutigen Schlacht bei Emmendingen. Die
Franzosen verteidigten sich in ihrer starken Position ans den
von ihnen besetzten Höhen, in den Weingärten und Waldungen
ans das hartnäckigste und setzten den andringcndcn österreichi-
scken Sturmkolonncn den tapfersten Wiverstaud entgegen. Schon
hatten sie mehrere Angriffe auf das Dorf Köndringen, welches
der Schlüssel ihrer Stellung war, abgeschlagen, da stellte sich
! der Erzherzog selbst an die Spitze seiner Grenadiere und
führte sie zu einem neuen Sturme vor. In dem Augenblicke,
wo die Colonne die Höhen hinansticg, trat ein einzelner Sol-
dat aus dem Gebüsche hervor und schloß sich den Stürmenden
an. Die Ocsterrcicher hielten ihn anfangs seiner Uniform
wegen für einen Franzosen und schon wollten einige auf ihn
feuern; allein er winkte ihnen ab und schwang seine Bärmütze,
wie sie die schwäbischen Grcnadiercompagniecn trugen, hoch in
der Lust. Allen voran stürmte er durch die Weingärten ge-
gen den Feind, mit lautem Jauchzen die Grenadiere ihm nach,
der Feind wurde zum Weichen gebracht, und das Dorf genom-
men. Als man den schwäbischen Grenadier suchte, des Erzherzogs
scharfes Auge hatte ihn wohl bemerkt, war er verschwunden.
Wieder donnerten die Kanonen zwischen Schwarzwald j
und Rhein. Man kämpfte die Schlacht bei Schlicngcn am 24. i
Oktober. Di- Franzosen hatten nun wieder eine feste Stellung
ans den Höhen eingenommen, und die Oesterreicher, die sic
daraus zu vertreiben suchten, mußten mit furchtbaren Hindernissen
kämpfen. Die Berge waren mit Schnee bedeckt und unaufhör-
licher Regen hatte den Boden so erweicht, daß man weder
Artillerie noch Reiterei voranbriugen, und nur das Fußvolk '
mit Mühe sich durchwinden konnte. Endlich entschied am j
späten Abend General Nauendorf auf dem linken Flügel das
Gefecht, indem er die Franzosen in die Schlucht von Kandern
hinabwarf, diese überschritt und die Höhen erstürmte. Als hier
der Kampf am heftigsten wüthetc, und Kaiserliche und Frau- ;
zosen an den waldigen Abhängen der Kaudcrner Schlucht j
sich mit der größten Erbitterung schlugen, trat plötzlich wieder
der schwäbische Grenadier aus dem Walde hervor, feuerte sein
Gewehr auf die Franzosen ab, schloß sich hierauf an ein mit
dem Bajonct vorgehendcs Bataillon Dcutsch-Banater Grenzer
an, das den Feind im wilden Sturme in die Schlucht hinab-
jagte, und erstieg, einer der ersten, die jenseitigen Höhen.
Dicßmal aber verschwand er nicht mehr, sondern folgte mit
den Grenzern, die den tapferen Mitstreiter freundlich in ihre
Reihen anfnahmen, ohne lang zu fragen, wer er sei, und
woher er komme, dem sich znrückzichendcn Feinde.
Bon der Haltingcr Höhe sah der Erzherzog an der Spitze
seiner Avantgarde zu, wie die französische Armee über vir
Die siegreiche österreichische Armee eilte vom Unterrhein herbei,
um den Franzosen die Ausgänge aus dem Höllenthalc, durch
das diese sich zurückzogcn, zu versperren. Tag und Nacht hörte
> man in der Ferne das Stampfen der Rosse, das Rasseln der
Kanonen, das Wirbeln der Trommeln und die lustigen Klänge
| der Mnsikbandcn. Hoch zu Roß zog der siegreiche Erzherzog
vorbei inmitten eines zahlreichen Stabes, ringsum seine Krieger
mit grünen Büschen an den Hüten, alle kampfcsfrcudig,
siegesstolz.
Da trat eines Morgens, als der Wirth seinem Knechte
die Arbeit für den Tag anweisen wollte, dieser herein in voller
Armatur, alles wohl gebürstet und geputzt, die spiegelblanke
Muskete in der Hand, die Grcuadiermütze auf dem Kopfe. ,
Der Bauer und die Bäuerin erschracken. „Was gibt's, was I
wollt Ihr?" fragten sie. „Hausfrau," sprach er, „meine Dienst- >
zeit hat ein Ende; gebt mir an Lohn, was Ihr für recht j
haltet neben der Zehrung. Ich Hab' mit dem Franzosen noch |
ein Wort zu sprechen von wegen damals. Hab' ich's ihm nicht |
wehren können, wie er sich hereingcstohlen hat in's Reich, wie f
ein Dieb in der Nacht, so will ich doch jetzt mithelfen, daß s
er wieder hinaus muß." Die Leute suchten ihn zurückzuhalten: |
wozu er sich denn jetzt in Gefahr stürzen wolle, da es ihm f
niemand heiße; er gehöre ja gar nicht zu den Oesterrcichern, $
im Gegenthcil, der schwäbische Kreis habe längst Frieden mit |
den Franzosen. Allein sie mußten bald erkennen, daß der Sol-
dat fest entschlossen war, und ihn ziehen lassen. Zuvor aber
steckten sic ihm noch reichliche Wegzehrung zu, und entließen
ihn dann unter Thränen mir einem schönen Stück Geld, ga-
ben ihm auch noch's Geleite bis zu der großen Heerstraße,
auf der er rüstig dem österreichischen Heere nachzog.
Leider war der Erzherzog zu spät gekommen, um das
französische Heer an den Ausgängen des Höllenthalcs zu
erwischen, cs breitete sich, als er hcranrückte, bereits im Rhein-
thale aus und trat ihm kühn entgegen. So kam cs am 19.
Oktober zu der blutigen Schlacht bei Emmendingen. Die
Franzosen verteidigten sich in ihrer starken Position ans den
von ihnen besetzten Höhen, in den Weingärten und Waldungen
ans das hartnäckigste und setzten den andringcndcn österreichi-
scken Sturmkolonncn den tapfersten Wiverstaud entgegen. Schon
hatten sie mehrere Angriffe auf das Dorf Köndringen, welches
der Schlüssel ihrer Stellung war, abgeschlagen, da stellte sich
! der Erzherzog selbst an die Spitze seiner Grenadiere und
führte sie zu einem neuen Sturme vor. In dem Augenblicke,
wo die Colonne die Höhen hinansticg, trat ein einzelner Sol-
dat aus dem Gebüsche hervor und schloß sich den Stürmenden
an. Die Ocsterrcicher hielten ihn anfangs seiner Uniform
wegen für einen Franzosen und schon wollten einige auf ihn
feuern; allein er winkte ihnen ab und schwang seine Bärmütze,
wie sie die schwäbischen Grcnadiercompagniecn trugen, hoch in
der Lust. Allen voran stürmte er durch die Weingärten ge-
gen den Feind, mit lautem Jauchzen die Grenadiere ihm nach,
der Feind wurde zum Weichen gebracht, und das Dorf genom-
men. Als man den schwäbischen Grenadier suchte, des Erzherzogs
scharfes Auge hatte ihn wohl bemerkt, war er verschwunden.
Wieder donnerten die Kanonen zwischen Schwarzwald j
und Rhein. Man kämpfte die Schlacht bei Schlicngcn am 24. i
Oktober. Di- Franzosen hatten nun wieder eine feste Stellung
ans den Höhen eingenommen, und die Oesterreicher, die sic
daraus zu vertreiben suchten, mußten mit furchtbaren Hindernissen
kämpfen. Die Berge waren mit Schnee bedeckt und unaufhör-
licher Regen hatte den Boden so erweicht, daß man weder
Artillerie noch Reiterei voranbriugen, und nur das Fußvolk '
mit Mühe sich durchwinden konnte. Endlich entschied am j
späten Abend General Nauendorf auf dem linken Flügel das
Gefecht, indem er die Franzosen in die Schlucht von Kandern
hinabwarf, diese überschritt und die Höhen erstürmte. Als hier
der Kampf am heftigsten wüthetc, und Kaiserliche und Frau- ;
zosen an den waldigen Abhängen der Kaudcrner Schlucht j
sich mit der größten Erbitterung schlugen, trat plötzlich wieder
der schwäbische Grenadier aus dem Walde hervor, feuerte sein
Gewehr auf die Franzosen ab, schloß sich hierauf an ein mit
dem Bajonct vorgehendcs Bataillon Dcutsch-Banater Grenzer
an, das den Feind im wilden Sturme in die Schlucht hinab-
jagte, und erstieg, einer der ersten, die jenseitigen Höhen.
Dicßmal aber verschwand er nicht mehr, sondern folgte mit
den Grenzern, die den tapferen Mitstreiter freundlich in ihre
Reihen anfnahmen, ohne lang zu fragen, wer er sei, und
woher er komme, dem sich znrückzichendcn Feinde.
Bon der Haltingcr Höhe sah der Erzherzog an der Spitze
seiner Avantgarde zu, wie die französische Armee über vir
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Der tapfere Mörsburger"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 30.1859, Nr. 718, S. 106
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg