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Preisfrage für Finanzmänner.

Wie ist es möglich, daß mehrere Personen für ein
und dasselbe Darlehen, und zwar jede der bctheiligten
Personen zu gleicher Zeit, Schuldner und Gläubiger sein
können? —

Auflösung.

Herr Dandcrle hat einen Sohn und einen Schwieger,
i sohn. — Der Schwiegersohn, welcher gerne wissen möchte,
ob sein Schwiegervater an Geldmangel leide, oder aus Geiz
. selbes verbirgt und absichtlich nur die allcrnothwcndigstcn
i Ausgaben macht, kommt auf den Einfall, um hinter die
Wahrheit zu kommen, seinen Schwiegervater um ein Darlehen
von zwölf Thalern zn ersuchen. — Herr Dandcrle, welcher
wirklich in Geldverlegenheit ist, dieses aber seinem Schwieger-
söhne gegenüber nicht will merken lassen, nimmt die Ausrede,
daß er recht gerne aushelfe, nur müsse er erst wechseln lassen,
der Schwiegersohn möge nur eine kleine Stunde Geduld haben,
dann könne er ihm das Geld geben. — Herr Dandcrle eilt
- nun, um dem Schwiegersöhne aushclfen zu können, zn seinem
Sohne und ersucht diesen, ohne von dem Gesuch des Schwieger-
sohnes Erwähnung zn thun, zn einer plvtzlickcn unvorherge-
sehenen. Ausgabe um zwölf Thaler; — der Sohn, welcher
gleich dem Vater geldlos ist, dieses aber ebenfalls nicht will
merken lassen, ersucht selben, eine halbe Stunde zu warten,
er hole nur den Schlosser, um seine Commodc öffnen zu lassen,
da er den Schlüssel dazu verloren habe. — Der Sohn geht
nun geschwind, um dem Vater aushelfcn zu können, zum
! Schwiegersohn und ersucht diesen, ohne vom Gesuch des Vaters
* etwas zn sagen, um zwölf Thaler Darlehen, welche Summa
letzterer auch dem Gesuchstellcr borgt. —

Der Sohn übergibt nun diese zwölf Thaler seinem Vater
als Darlehen, der Vater hingegen ebenfalls diese zwölf Thaler
i dem Schwiegersöhne als Darlehen.

Hiedurch nun wird jeder der drei Männer zu gleicher
i Zeit Schuldner und Gläubiger dieser zwölf Thaler sein.

Kreisamtlicher Befehl an den Gemeindevorstand
zu Stockwinkel.

Es wurde hierorts zur Kenntniß gebracht, daß eine
sichere Magdalena Geyer, auch Jodlcrin genannt, Hieramts
, bereits zu wiederholten Malen wegen lüdcrtichcn Wandels ab-
gcstraft, sich in der Nähe von Stockwinkel umher treibe.

Selbe ist 24 Jahre alt, von Lcutomischel in Böhmen
gebürtig, katholisch, ledig, spricht deutsch und böhmisch, hat
rothe Haare, eine spitze Nase, breiten Mund, vollzählige gut
erhaltene Zähne und als besonderes Kennzeichen ein Multcr-
mal in Gestalt einer dunkelblauen Traube auf deni rechten
Oberarme. Selbe ist im Bctretungsfalle unter sicherer Es-
i körte anher cinzulicfcrn.

Kreisamt Zorndorf, 15. Juni 1858.

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Gehorsamste Relation des Gemeinde-Vorstandes von Stock-
winkel vom 20. Juni 1858 mit beigebogenem Arrestanten,
unter Begleitung des Nachtwächters Klaus Feitel.

Nach viertägigen glücklichen Recherchen gelang es dem
ehrfurchtsgehorsamsten Unterfertigten, der hochkrcisämtlich Be-
gehrten habhaft zn werden und wird selbe mit dem pflicht-
schuldigen Bemerken unterbreitet, daß sie nicht Magdalena
Geyer, noch weniger Jodlerin, sondern Anna Beifuß heißt,
66 Jahre alt, anS Märisch-Trübau gebürtig, evangelisch, vcr-
hcirathet und SchlossergcsellenS-Wittwc ist. Sic hat schwarze
Haare, eine breite Nase, kleinen Mund und ist zahnlos.
Muttermal ließ sich trotz genauer Nachforschung keines finden,
auch war selbe nicht zum böhmisch reden zn bewegen. Sie
ist übrigens des lüderlichen Wandels geständig und daher mit
der Gesuchten wahrscheinlich identisch.

Ein Vortrag ans der Weltgeschichte.

Professor: „Meine Herrn! Julius Cäsar war ein
durch und durch eiserner Charakter; so oft er eine Schlacht
lieferte, siegte er; so oft er Briefe zu cxpcdircn hatte, diktirte
er wenigstens sechs zu gleicher Zeit; ja, ich sage Ihnen, so-
bald er in eine Krankheit verfiel, so war sie sicherlich eine
tödtliche." —

Loblied auf den Telegrafen.

Lange schon schwärmten unsere Väter vom Flug der Gedanken.
Ihr prahlhänsischcn Narren! Welcher Anachronismus!

Wir, die mit knapper Noth erfanden den Telegrafen,

. Wir erst schwingen im Flug die Gedanken über die Welt hin;
Wer denn telegrasirte wohl ciikst von Osten nach Westen,

Wer von Westen nach Ost' oder gar von Berlin nach Neapel?
Heut' erst ziehen sich über's Gcfild die nöthigen Stangen,
Welche nicht faulen, weil sie von unten mit Pech angeschmiert sinv.
NB. Wer die Stangen berührt, der muß auf Jahre in's

Zuchthaus.

D'rob liegt weit durch die Welt geschlängelt der. kupferne

Draht, auf

Welchem die Worte so schnell wie der höllische Teufel davon-

flieh'n.

Freilich; mit übergeschlagenem Arm steht jetzo der Eilbot'
Bor'm Tclcgrafenburcau, taubstumm vor dem Grab seines

Ruhmes;

Selbst das wiehernde Roß zieht schamhaft jetzt seinen Schweif ein;
Schweigend ducken sich Falke und Rohrspatz; sicherlich wißt ihr,
Daß ihr vom Tclcgrafensystcm seid weit überflügelt?

Aber was kümmert uns Eilbot und Roß, der Falk und der

Rohrspatz?

Preisen wir nur fein höchlich den Telegrafen, er bringt ja
Neuigkeiten zn uns brühwarm, und deu Cours von Paris und
London, auch liefert er prompt nach Haus entwichene Cassicrc!
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