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Eine wahre Geschichte

Oskar Spring gehörte zu den geschicktesten Advokaten
einer Mittelstadt, in der er noch einen Vetter, Wilhelm Sp-
ring, hatte, der ebenfalls Advokat war, aber sich viel weniger
des Zutrauens des Publikums erfreute — ob mit Recht oder
Unrecht, war eigentlich schwer zu entscheiden. Wilhelm Sp-
ring war ein rechtlicher und fleißiger Mann, der nur solchen
Personen und Prozessen diente, die seiner moralischen Ueber-
zeugung nach im Rechte waren, mit Anderen mochte er gleich
gar nichts zu thun haben und eben dies war der Grund,
warum ihn diejenigen am Wenigsten suchten, die sich ein
Recht erstreiten wollten, das sie eben nicht hatten. Im Uebri-
gen konnte man ihm auch nicht nachsagen, daß er je Beweise
von besonderen Geistesgaben gegeben — im Gegenlheil brauchte
man bei ihm die altherkömmlinge Phrase, daß er das Pulver
nicht erfunden. Ganz anders verhielt es sich mit Oskar Sy-
ring. Wenn der einen Prozeß gewinnen wollte, so gewann
er ihn, auch wenn sein Client sich selbst seines Beistandes
nur darum bediente, weil er auch nicht einen Schein des
Rechtes auf seiner Seite hatte. Aber dies Wollen war bei
ihm eben ein ziemlich seltener Fall. Er war in Wohlleben
und Reichthum ausgewachsen und trieb auch jetzt die Praxis
nur fort, um, wenn es ihm einmal beliebte, einen verwickel-
ten Rcchtsfall entwirren zu können und gerade das durchzu-
setzen, was Andere für unmöglich hielten. Eigentlich pflegte
er aber lieber seinen an tausend Bedürfnisse gewöhnten Kör-
per, als das Jus, ging lieber in die Restauration, als in die
Expedition, lieber zum Italiener, als auf das Gericht.

So war er schon ein Manu in den besten Jahren ge-
worden und hatte plötzlich das Jungesellenleben satt. In

Albine Handor, hatte er ein liebcnswürdes Mädchen kennen
lernen, das eben so reich und lebensfroh als er, ihm eine
angenehme Gefährtin zu werden versprach. Albine war die
Tochter eines entfernten Gutsbesitzers und erst seit Kurzem
zum Besuche bei einer Familie, in der Oskar Spring aus-
und einzugehen pflegte. Der geistvolle Lebemann, der sie mit
Aufmerksamkeiten aller Art überhäufte, hatte bald ihr uner-
fahrenes Herz erobert und als er um ihre Hand warb, machte
sie ihre Einivilligung allein von der ihrer Eltern abhängig,
an der sie keinen Augenblick zweifelte, denn der Anwalt Sp-
ring war ja nicht nur liebenswürdig, sondern auch reich und
das wußte sie, fiel bei ihrem Vater entscheidend in die Waag-
schale, wenn es auch für sie selbst keine unwichtige Eigen-
schaft ihres Zukünftigen war. So sandte sie ihm denn eines
schönen Morgens ein parfumirtes Briefchen, das nur die we-
nigen verhcißungsreichen Zeilen enthielt:

„Die Entscheidung ist gekommen! Hole sie Dir selbst
„so bald als möglich bei Deiner glücklichen

Albine."

Sie schreibt „glücklichen Albine!" rief der entzückte Freier,
wie kann es da anders sein, als daß die Einwilligung der
Eltern angekommen! Er machte die sorgfältigste Toilette,
um sich vor seiner Braut und aller Welt als glücklicher
Bräutigam zu deklariren. So bald er mit dem Anzuge zu
Stande war und noch ein Glas Burgunder getrunken, das
ihm unentbehrlich war, eilte er doppelt angeregt die Treppe
hinab.

Im Hause begegnete ihm ein vierschrötiger Mann mit
eben so plumpen Zügen als Manieren und fragte: „Wohnt
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Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Eine wahre Geschichte"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Doepler, Carl Emil
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Rechtsanwalt <Motiv>
Tochter <Motiv>
Liebespaar <Motiv>
Scham <Motiv>
Empörung
Karikatur
Partnerwahl
Vater <Motiv>
Zimmer <Motiv>
Satirische Zeitschrift
Fingergeste
Thema/Bildinhalt (normiert)
Missgeschick <Motiv>

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 30.1859, Nr. 719, S. 118

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Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
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