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114 Wie der Revi erjager Hagedorn eine engl

darauf?! — Da sollt man ja gleich an der Wand hinauf
laufen — und er schämt sich nicht, mir noch obendrein zu
sagen, daß er den letzten todtgeschvssen hat? ! Daran! ■—
ich will ihm was in's Ohr sagen, die Fuchsjagd ist auf
übermorgen präcis nenn Uhr angesagt, und wird gehalten.
Finden wir keinen Fuchs, so verläßt Er am andern Tage
seinen Dienst und damit Basta!"

Hagedorn ging zähneknischend von dannen, trank im
Wirthshanse einen Bittern über den andern, vergaß darüber
die Fuchshunde zu füttern und taumelte etwas benebelt in s
Bett, wo er die ganze Nacht von Füchsen träumte.

Am nächsten Morgen erwachte er mit einer Anivandlnng
physischen und moralischen Katzenjammers. Er gedachte der
hungrigen Hunde und beeilte seine Schritte, das Versäumte
nachznholen. Unterivegs fiel ihm am Fenster des Krämers
ein stattlicher Pöckelhäring in die Augen und in Anbetracht
seines Zustandes beschloß er sofort denselben zum Frühstück
mitzunehmcn.

Hei! wie schnoberten und wedelten die hungrigen Hunde,
als Hagedorn mit seinem duftenden Packet in den Zwinger
trat! Unser Revierjäger war indeß keineswegs in der Stim-
mung sein Frühstück mit den Hunden zu theilen, sondern
legte den Häring vorsichtig ans die Fensterbank und griff dann
nach der langen Peitsche an der Wand, um die Zudringlichen
an den schuldigen Respekt vor seiner Persönlichkeit zu erinnern.

Kaum hatte Hagedorn indeß den Rücken gewandt, als
auch schon der branngefleckte „Polidor“ den Häring vom
Fensterbrett schnappt, der dreifarbige „Ajax“ sucht ihm den-
selben zu entreißen — und es entspinnt sich sofort ein Kampf,
an welchem die sämmtlichc Mente mit ohrenzerreißendem
\ Gebell und Geheul Theil nimmt.

Wir wundern uns billig, daß Hagedorn nicht sofort
j mit seinem „Dolmetscher" der Peitsche drein schlug! Im
Gcgenthcile, er stand während der Dauer des Kampfes nn-
i beweglich und lächelte hämisch vor sich hin, denn es war
i ihm durch diesen Vorfall ein großer Gedanke anfgedämmert,
den er sofort zu realisiren beschloß. Wir sehen ihn jetzt den
Zwinger verlassen und bald darauf mit einem zweiten Häring
znrückkehren, welchen er den Hunden zuerst von Weitem zeigt
! und hernach Jedem derselben über die Nase wischt! Der
I Häring wird hierauf mittelst einer Schnur hoch unter der
Decke das Zwingers aufgehängt und baumelt wie ein Pendel
hin und her. Hierauf verläßt Hagedorn das Lokal, ohne
zu füttern, steckt den Schlüssel in die Tasche und entfernt
sich, indem er ein lustiges Jägerstücklein pfeift.

Darob erhob die hungrige Biente ein lautes Lamento,

; welches indeß im Laufe der Stunden in stille Resignation
I und schmerzlich süße Betrachtung des schwebenden Härings
! sich auflöst.

Auch der Abend ging für die hungrige Gesellschaft ohne
Souper vorüber und es war sehr erklärlich, wenn sie den
Aufgang des Mondes diesmal mit verdoppelten! Gesang be-
grüßte. Ter Mond aber kümmerte sich blutwenig um die
Unglücklichen, er goß sein mildes Licht mit olynipischer Ruhe

ische Fuchsjagd ohne Fuchs arrangirt re. :c.

über den Zwinger und glitzerte an den fernen Mansarden-
fenstern der Schloßgebäude.

Unten im Torfmoor aber lagerte der Abendnebel und
ivogte wie ein Meer, — hie und da blitzte ein Wassertümpel
silbern hervor, lieber den Kamin des nächsten Hügels sehen
wir jetzt einen einsamen Wanderer rüstig dahinschreiten, mit
hohen Wasserstiefeln angethan, mit einem riesigen Tannen- i
stecken in der Rechten und einer Schnurin der Linken, an deren
Ende ein gewichtiger Pöckelhäring befestigt, ans dem Boden
nachschleift.

Wir erkennen in dem nächtlichen Wandrer bereits unfern |
Hagedorn und erreichen sofort seinen Plan. An der Mög- >
lichkeit verzweifelnd, einen Jagdfuchs zu beschaffen, will er-
den Häring weit und breit im ganzen Revier nmherschleppen .
und ist fest überzeugt, daß die ausgehungerte Meute diese
duftende Fährte eben so gierig anfnchmcn und verfolgen ivird,
>vie die frischeste Fuchsspnr.

Mit einem Eifer, der einer bessern Sache würdig, schrei- !
tet Hagedorn vorwärts. Er ist keineswegs gesonnen, sich
und seinen Nachfolgern die Sache möglichst leicht zu machen,
sondern vermeidet absichtlich jeden gangbaren Weg, jeden be-
bauten Acker. Er hat soeben glücklich ein Terrain passirt,
dessen trügerische Mvosdeckc bereits zweihundert Sckiritt weit-
hin erzitterte, als er den Fuß ans den Rand setzte. Jetzt
steht er einen Augenblick still, schaut mit Wohlgefallen ans
seinen Weg zurück und brummt für sich: „Hier füllt se
de Voßjagd wul dick kriegen!" Hierauf wird die Pfeife
wieder gestopft und der Fischzug fortgesetzt.

Nachdem verschiedene hohe Dornhecken durchkrochen und
der dahinter liegende zehnfüßige Wassergraben jedesmal mit
Hilfe des Stockes übersprungen worden, wendet sich Hagedorn
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Wie der Revierjäger Hagedorn eine englische Fuchsjagd ohne Fuchs arrangirt und mit Ehren zu Stande bringt"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Hering
Lautäußerung
Karikatur
Hunger <Motiv>
Jagdhund <Motiv>
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 33.1860, Nr. 797, S. 114
 
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