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Erschreckliche Geschichte von der weiblichen Räuberhöhle re. rc.
Der vierte war ein Fiakär,
Der fünft' ein Militär.
So hauste diese weibliche Ränbergesellschaft fünf Jahre
in jener Gegend, wo endlich die benachbarten Dörfer sich an
die Behörde wandten. Diese meldete die Sache der ihr Vorge-
setzten Behörde, diese wieder der Kreisdirektion, diese wandte sich
an den König, und dieser an die Soldaten, indem er eine Com-
pagnie abschickte, diese hinwiederum wandte» sich an einen Jäger,
dem sie eine große Summe Geldes gaben, daß er den weib-
lichen Räuberhauptmann durch List fangen sollte. Was konnte
dieser Besseres thnn, als ein Liebcsverhältniß mit demselben
anznknüpfen? Bon nun an sahen sich die Kanfmannstochter
und der Jäger fast alle Tage und schwuren sich ewige Treue
und Liebe. Bor etwaigen Störungen schützten sic sich durch
eine ausgestellte Schildwache.
So kam endlich der Tag heran, an dem das Wesen jener
weiblichen Leute ein jähes Ende nehmen sollte. Am Nachmit-
tag machte der Jäger bei seiner Geliebten eine Visite, bei
welcher Gelegenheit er ihr eine rosarothe Schleife an die
Brust steckte. Zugleich bat er um die Ehre, sie zum Tanze
in die benachbarte Schenke führen zu dürfe». Anfänglich schützte
der weibliche Räuberhauptniann Geschäfte vor, allein durch die
Uebcrredungskunst Jenes bewogen, sagte er zu und folgte ihm
in die Schenke. Hier ließen sie sich ein besonderes Zimmer
geben und unterhielten sich geraume Zeit. Der Jäger indeß
war sehr zerstreut, weßhalb die Kanfmannstochter zu ihm sagte:
„Wie kommst Du mir denn heute vor?" In dem Moment
füllte sich die Stube mit Bewaffneten; da sprach sic: „Schurke,
jetzt hast Du mich verrathen!" zog eine Pistol ans ihrer
Crinoline und schoß ihren Geliebten zu Boden. Er aber
heroisch und in edler Selbstüberwindung verbiß den Schmerz
und fiel vom Stuhle herunter, ans seinen Wunden floß das
schwarze Herzblut und färbte die Dielen roth. So starb ein
Mann in der Blüthe seiner Jahre aus dem dereinst gewiß
ein Oberförster hätte werden können, llave pm anima!
Sie schießt den armen Jäger todt,
Gerade in das Herz —
Indessen dieser brave Mann
Verbeißt den bitter» Schmerz.
Er sinkt von seinem Stuhl herab;
Es färbt die Dielen roth
Des grünen Jägers schwarzes Blut.
So starb er sich zu Tod.
Darauf drangen die Soldaten auf das Weib ein und, trotz
den Betheuerungen ihrer Unschuld, wurde sic in die Stadt ge-
bracht, wo man sic an Ketten schloß und ihr einen feuchten
dumpfen Kerker zum Aufenthalte anwies. Während dieser Zeit
wurde ihr der Prozeß gemacht und sie zum Tode verurtheilt.
Als sie auf dem Schaffot stand, ließ sie sich noch einmal
das Porträt von ihrem zweiten Manne geben und hing es
»in den Hals. Sie bat noch einmal, zum versammelten Volke
reden zu dürfen, was ihr jedoch nicht gewährt wurde. Indessen
erhob sic trotzdem ihre Stimme und schrie! „Meine Herren!
abonniren Sie" — sie wurde in ihrer Rede unterbrochen,
denn ihr Kopf rollte in den Sand. Nachdem sie sich jedoch
von ihrer ersten Ueberraschnng erholt, sprach sie ganz ruhig
weiter: „nicht ans den Generalanzeiger, denn dieser ist die
Ursache meines Todes!"
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Erschreckliche Geschichte von der weiblichen Räuberhöhle re. rc.
Der vierte war ein Fiakär,
Der fünft' ein Militär.
So hauste diese weibliche Ränbergesellschaft fünf Jahre
in jener Gegend, wo endlich die benachbarten Dörfer sich an
die Behörde wandten. Diese meldete die Sache der ihr Vorge-
setzten Behörde, diese wieder der Kreisdirektion, diese wandte sich
an den König, und dieser an die Soldaten, indem er eine Com-
pagnie abschickte, diese hinwiederum wandte» sich an einen Jäger,
dem sie eine große Summe Geldes gaben, daß er den weib-
lichen Räuberhauptmann durch List fangen sollte. Was konnte
dieser Besseres thnn, als ein Liebcsverhältniß mit demselben
anznknüpfen? Bon nun an sahen sich die Kanfmannstochter
und der Jäger fast alle Tage und schwuren sich ewige Treue
und Liebe. Bor etwaigen Störungen schützten sic sich durch
eine ausgestellte Schildwache.
So kam endlich der Tag heran, an dem das Wesen jener
weiblichen Leute ein jähes Ende nehmen sollte. Am Nachmit-
tag machte der Jäger bei seiner Geliebten eine Visite, bei
welcher Gelegenheit er ihr eine rosarothe Schleife an die
Brust steckte. Zugleich bat er um die Ehre, sie zum Tanze
in die benachbarte Schenke führen zu dürfe». Anfänglich schützte
der weibliche Räuberhauptniann Geschäfte vor, allein durch die
Uebcrredungskunst Jenes bewogen, sagte er zu und folgte ihm
in die Schenke. Hier ließen sie sich ein besonderes Zimmer
geben und unterhielten sich geraume Zeit. Der Jäger indeß
war sehr zerstreut, weßhalb die Kanfmannstochter zu ihm sagte:
„Wie kommst Du mir denn heute vor?" In dem Moment
füllte sich die Stube mit Bewaffneten; da sprach sic: „Schurke,
jetzt hast Du mich verrathen!" zog eine Pistol ans ihrer
Crinoline und schoß ihren Geliebten zu Boden. Er aber
heroisch und in edler Selbstüberwindung verbiß den Schmerz
und fiel vom Stuhle herunter, ans seinen Wunden floß das
schwarze Herzblut und färbte die Dielen roth. So starb ein
Mann in der Blüthe seiner Jahre aus dem dereinst gewiß
ein Oberförster hätte werden können, llave pm anima!
Sie schießt den armen Jäger todt,
Gerade in das Herz —
Indessen dieser brave Mann
Verbeißt den bitter» Schmerz.
Er sinkt von seinem Stuhl herab;
Es färbt die Dielen roth
Des grünen Jägers schwarzes Blut.
So starb er sich zu Tod.
Darauf drangen die Soldaten auf das Weib ein und, trotz
den Betheuerungen ihrer Unschuld, wurde sic in die Stadt ge-
bracht, wo man sic an Ketten schloß und ihr einen feuchten
dumpfen Kerker zum Aufenthalte anwies. Während dieser Zeit
wurde ihr der Prozeß gemacht und sie zum Tode verurtheilt.
Als sie auf dem Schaffot stand, ließ sie sich noch einmal
das Porträt von ihrem zweiten Manne geben und hing es
»in den Hals. Sie bat noch einmal, zum versammelten Volke
reden zu dürfen, was ihr jedoch nicht gewährt wurde. Indessen
erhob sic trotzdem ihre Stimme und schrie! „Meine Herren!
abonniren Sie" — sie wurde in ihrer Rede unterbrochen,
denn ihr Kopf rollte in den Sand. Nachdem sie sich jedoch
von ihrer ersten Ueberraschnng erholt, sprach sie ganz ruhig
weiter: „nicht ans den Generalanzeiger, denn dieser ist die
Ursache meines Todes!"
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Erschreckliche Geschichte von der weiblichen Räuberhöhle, so sich zugetragen hat zu Ungarn"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 35.1861, Nr. 844, S. 75
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg