Fliegende Blätter (35.1861 (Nr. 835-860))

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Der Seewein

Legende.



Der Tag war heiß, ganz matt und müd'
Einst unser Herr die Straße zieht,
Verstimmt trollt Petrus nach ihm her.

Es guält ihn Durst und Hunger sehr,

Er sehnt sich — denn es dunkelt schier —
Nach Labung und nach Nachtquartier.
Geduld! es winkt aus nächster Näh'

Schon Lindau in dem Bodensec,

Dieß Städtchen sieht recht gastlich aus
Und birgt gewiß so manches Haus,

Das Euch mit Labung gern erfreut
Und Euch ein weiches Lager beut.

Ei, weit gefehlt, man weist sie hier
Mit barschem Wort von jeder Thür.

Sie hinken vor die Stadt hinaus
Und pochen au ein morsches Haus;

Ein armer Mann mit Weib und Kind
Sich kärglich hier sein Brod verdient.

Der Arme nimmt sie auf und spricht:

„Viel Hab' ich leider selber nicht.

Doch trinkt mit uns und eßt Euch satt,

Ein Schelm, der mehr gibt, als er hat;
Stroh streue ich als Lager Euch,

Auf Stroh auch schläft sich's gut und weich.
Wenn mau sich keine böse That
Im Innern vorzuwerfen hat."

Bald war das kleine Mahl zu End',

Doch eh' der Herr vom Wirth sich trennt,

Sagt er recht freundlich, wie er war:

„Gebt einen Wunsch mir offenbar.

Er wird, fährt er versichernd fort,

Euch ganz erfüllt, glaubt au mein Wort!"
Der Arme hört's und glaubt es gern.

Weil Petrus ihm von seinem Herrn
Schon Manches in das Ohr geraunt.
Worüber er voll Ehrfurcht staunt.

„Ein Gärtchen," rückt er denn heraus,

„Ein Gärtchen um mein kleines Haus,

Und noch dabei ein Stückchen Feld,

Wär' mir das Liebste auf der Welt."

„Gut," spricht der Herr, „ich sag' Dir's zu,"
Drückt ihm die Hand und geht zur Ruh'.
Der Arme träumt vom Stückchen Feld,

Wie er es fleißig schon bestellt,

Träumt noch vom Gärtchen bei dem Haus,
Da zieh'n schon seine Gäste aus;

Doch kaum erwacht, tritt auch geschwind
Er vor die Thür' mit Weib und Kind.

Wie staunten sic gar hocherfreut,