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Donatus mit dcm Geier.

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wo er den Schmaus zurecht zu machen pflegte. Donatus be-
nutzte den Augenblick, seine Armbrust schußsertig zu machen
und damit zur Wange zu fahren. So auch Ostertag. Und
! als nun der edle Vogel langsam wieder zur Höhe schwebte
und vor dem Horste flatternd anhielt, that cs urplötzlich zwei
Schneller rasch hintereinander. Von zwei Spitzbolzen durchbohrt
stürzte er sammt seiner Last in die Tiefe zurück, die er kaum
verlassen. Beide Schützen hatten meisterhaft getroffen. „Das
war das Weibchen", sagte Ostertag. „DaS Männchen ist nicht
daheim, sonst wäre es herausgestrichen. Voran also."

Die Beiden traten nacheinander den nicht weiten,
aber immerhin genugsam schwierigen Weg an der Fel-
j senwand an. Sie erreichten die Tannen, wo sich ver-
hältnißmäßig ganz bequem Fuß fassen ließ. Der Geuisen-
j Pfad lief von da noch eine Strecke schräg hinunter, bis
] er in einer Entfernung von etwa dreihundert Schritten
j die Kuppe einer bewachsenen Anschüttung erreichte, von
wo die Tiefe des Kessels sich erreichen ließ, in welchem
der erlegte Vogel lag. — „Den holen wir hernach, nicht
wahr?" fragte Donatus.— „Ob?" entgcgneteOstertag.

Er holte aus der Waidtasche eine starke Leine mit vielen
Knoten und band sie au den einen der Baumstämme.

Noch damit beschäftigt, sagte er, ohne das Antlitz zu er-
heben: „Weißt du was, Herr Ohm? Ich werde selbst
den Jungen holen." — „Das gilt nicht", versetzte Do-
natus; „wir haben unterwegs verabredet, daß ich mich
hinablassen soll. Ich bin leichter wie du, also trägt das
Seil mich desto besser. Hast dn's nicht selber gesagt,
als du mir den Vorrang zngestandcst? Und fügtest du
nicht auch hinzu, du sei'st der Stärkere und vermögest
also um so handlicher mich aufwärts zu ziehen, als ich,
der Schwächere, die schwerere Last?" — „Und ich hab's
versprochen", brummte Ostcrtag, „das entscheidet, ob es
mich nun reue oder nicht. Also: Rest!" Donatus trat
furchtlos, aber doch nicht ohne Herzklopfen, die luftige
Fahrt an, nachdem er sich das untere Ende der Leine, —
welche übrigens der Stärke nach ein Tau war, — um
den Leib geschlungen und geknüpft. . Auf dem Rücken
trug er nebst der Armbrust einen leeren Maltersack, den
Ostertag vorsorglich mitgcbracht, um die Brut des Geiers
darin fortzuschaffen. Den rechten Arm hatte er durch die
Wurfschlinge seines Jagdspießes gesteckt, so daß die Waffe,
vom Ellenbogen herunterhängend, ihm zur Hand blieb,
während diese einstweilen beim Klettern verwendet wurde.
Dergestalt ausgerüstet, empfahl sich Donatus dem Schutze
der Mnttergottes, packte die Leine mit beiden Händen
und rutschte langsam an der Böschung hin, von Knoten
zu Knoten je mit einer Hand abwärts greifend. So kam
er zur Kante des Ueberhangs, unterhalb dessen er mit
den Füßen das Seil erfaßte, worauf er, einen Katzen-
buckel machend, erst mit der einen, dann mit der an-
deren Hand abwärts griff, um sich hernach gegen unten
auszustrecken. So schwebte er zwischen Himmel und Erde.

Die Entfernung bis zur Höhlung war noch geringer, als

Donatus sich eingebildet; mit leichter Mühe fand, in erreich-
barster Nähe, der Widerhacken an der Spitze des ausgestrecktcn
Spießes eine Unebenheit des Gesteins, und alsbald konnten
die Füße den festen Boden erreichen. Die Höhlung ging schräg
nach unten zu einwärts und erweiterte sich nach oben und
seitwärts zu einer geräumigen Höhle. In einem Winkel, etwa
zehn Schritte vom äußere» Rande entfernt, befand sich der
Horst auf einem schier klafterhohen Felsblock. Die kreischende
Brut verrieth dem Ohr die Stelle, bevor das Auge sie noch

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Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Donatus mit dem Geier"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Kommentar
Signatur

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Tierknochen
Armbrust
Adler <Motiv>
Fels <Motiv>
Hang
Vogelnest
Tötung <Motiv>
Jäger <Motiv>
Karikatur
Jungtiere <Motiv>
Horst <Biologie>
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 35.1861, Nr. 853, S. 147

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Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
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