Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Geschichten aus der Heimath,

148

! schützen rufen, und bestätigte in ihrer und der Fremden Ge-
genwart, daß er dabei gewesen, wie am Tage St, Johannis
j Anno 16., im Herrenhause drüben, Nachts zwischen ein und
zwei Uhr, der Junker verschieden sei, und daß er die Leiche
eingesegnet habe, obwohl der Sterbende selbst ihn von sich
gewiesen und geistlichen Zuspruch nicht annehmen wollte. Das
wurde in's Sterbebuch eingetragen, und von den Zeugen
unterschrieben. Der Amtmann aber ließ sich hievon eine Ab-
schrift geben. Drauf fuhren die Gäste ab gegen das Herren-
haus zu. — Unterdessen hatte es zu wettern angefangen; es
donnerte und blitzte, daß es schien, als ob die Haide in Flammen
stünde, und der Regen goß in Strömen herab. Der Amt-
mann aber hatte sich ttotz alledein Werkleute mitgenommen
aus dem Torfe, Ueber kurz waren die Pfähle, die in den
Sumpf um das Herrenhaus eingerammt waren, mit Balken
belegt und der Steg hergestellt. Die Schlüssel knarrten in
den rostigen Schlössern, Als der Amtmann das hohe Flügel-
thor öffnete und mit seiner Begleiterin den Hof betrat, da
that es einen so gewalttgen Schlag, daß sich die Werkleute
bekreuzten, erschrocken heimkehrten und die Beiden ihrem Schick-
sale überließen. Der Blitz war in eine der hohen Weiden
gefahren, die auch alsbald lichterloh zu brennen anfing, Nach
etwa einem Stündchen sah man die Kutsche wieder langsam
den Dorfweg entlang fahren gen die Landsttaße zu. Niemand
vermochte die Bedeutung dieses Besuches zu enträthseln.

Im selbigen Jahre aber und das Jahr darauf regnete
es Tag für Tag so gewaltig, daß schier den ganzen Sommer
und Herbst über das weite Moor unter Wasser stund, und
zur selbigen Zeit soll nun das Schloß versunken sein. Einige
wollen zwar behaupten, es sei im Verlaufe des Schweden-
kriegs niedergebrannt worden, das ist aber nicht so glaublich.
Zudem weiß man, daß der selbige Pfarrherr in späteren
> Jahren gestand, wie er in jener Nacht zum sterbenden Junker
gerufen worden, der aber habe sich unter üblen Verwünsch-
ungen geweigert, die Wegzehrung von einem katholischen
Pfaffen zu nehmen. Als ihm nun gar sein Töchterlein jam-
mernd und händeringend zuredete, er möchte doch zu ihrem
Droste und zu seinem eigenen Seelenheile nicht ohne geistlichen
Segen von der Welt scheiden, da vermaß er sich in schreck-
, lichen Worten,daß er eher zur Hölle fahren, als mit dem Pfaffen
weiter zu schaffen haben wollte. Das Mägdlein bekreuzte sich
bei solcher Rede des Sterbenden, Als dies aber der Alte
sah, schrie er mit gebrochener, röchelnder Stimme, und streckte
dabei wie verwünschend die dürren Arme gegen sein jammerndes
Kind aus: „So hängst auch du noch an dem alten Heiden-
thume, Bastarddirne, uud vergiltst'mir also die Lehren, womit
ich deine Seele retten wollte aus den Klauen des Antichrists,
j Das ist das Erbtheil deiner gottlosen Mutter! Mein Fluch
hat fie getödtet — so treffe er auch dich! — Verkümmern
sollst du an Leib und Seele — Schande soll kommen über
j dich — Schmach und Schande! — Deines Vaters Haus soll
i einstürzen über dir, wenn du es also zu betteten wagst —
| nein — mehr — mehr — wenn du abfällst vom Glauben
deines Vaters — sollen diese Wände dich ausstoßen — ver-

sinken eher — versinken in die bodenlose Tiefe — als deine
Fußstapfen dulden, — so wahr mir Gott helfe — versinken
-— wenn du — —

Die Worte verhallten im hohen Gemache — eine Fleder-
maus schwirrte zu dem offenen Fenster herein, und ein lauter
Donnerschlag schlug an die klirrenden Scheiben, Der Alte
sank auf das Lager zurück und der Tod kam über ihn. Die
Dirne lag am Boden — blaß und thränenlos. Der Geist-
liche wollte sie trösten und beruhigen —■ sie wies ihn, mit
den Armen ängstlich abwehrend, zurück, Ta ergriff ihn der
Schließer ohne Umstände beim Arme, und führte ihn zur
Thüre und zum Schlosse hinaus. Des anderen Tages war
das Schloß abgesperrt und menschenleer.

Der Besuch nach Jahr und Tag kann aber Niemand anders
gewesen sein, als des Junkherrn Tochter, die nach des Vaters
Tod gegen seinen Willen wieder in den Schooß der alten Kirche
zurückkehrte, und als Nonne seine und ihre Sünden abbüßte.
Aber der Fluch ging in Erfüllung, Das Haus versank bis
auf den Thurm, nachdem fie es wieder betreten im Nonnen-
gewande, und Riedgras wächst über den eingesunkenen Giebeln,

lSchluß folgt.)

Der Vöglein Hochamt im Frühlinge.

Äieh, wie die Sonn so herrlich schimmert,
Wie es auf Blatt und Blumen siimmert.
Als wären lauter Edelstein
Gesät aus Wiese, Feld und Rain!

Der Berg vom ros'gen Glanz umflossen,
Die Blüthen all mit Schmelz begossen,
Dazu des Himmels Azurblau,

Das frische Grün der Flur und Au.
Wem da nicht wärmer wird im Herzen,
Wer nicht vergißt der Erde Schmerzen,
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Der Vöglein Hochamt im Frühlinge"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Vögel <Motiv>
Karikatur
Landschaft <Motiv>
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 4.1846, Nr. 91, S. 148
 
Annotationen