Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
11»

Zehn Flaschen Punsch.

Es war ticf drunten in den Wäldern Böhmens, wo
wir unserer Drei nach jahrelanger Trennung ein deutsches
Wiedersehen feiern wollten und der Umstand, daß Freund
Leretzow's Geburtstag am andern Tag, einem Mittwoch,
stattfand, ließ mich die alten Bekannten, denen sich zwei
Engländer, mit welchen ich gereist war, anschließen sollten,
zu einem solennen Abendessen mit obligater Punschbowle re.
einladen. Zum Vormittag war eine Parthie nach Stachen:
verabredet, an der ich und Leretzow selbst indeß Theil zu
nehmen verhindert waren, was jedoch die Engländer und
unfern Landsmann Clauser nicht abhiclt, dieselbe zu unter-
nehmen. Sic wollten bei guter Zeit zurück sein und wir
konnten inzwischen die nöthigen Vorbereitungen zum Abend
machen, der auch, ehe wir uns dessen versahen, herange-
j rückt kam.

Leretzow half mir eine Bowle herzustellen, die der Ge-
legenheit Ehre machen konnte — wir hatten, um sicher zu
sein, daß Niemand dürsten müsse, zwei Flaschen auf Jeden
gerechnet. Schon war cs fast dunkel geworden und die
Gäste hätten bereits da sein müssen; uns ward die Zeit
lang — der duftende Hasenbraten — der dampfende Punsch
— „ich denke wir probiren ein GlaS," sagte ich zu meinem
Kameraden. Wir warteten auf sein Zureden noch eine halbe
Stunde — Niemand kam. Ich sah ihn an, er mich —
wir stinnnten überein und probirten — ein — zwei Glas,
j Das' Getränk war vortrefflich. Es war nicht oft, daß wir
! dergleichen zu kosten bekamen und waren bald ordentlich im
i Jur. Der Punsch öffnet die Herzen; wir hatten einander
! so lange nicht gesehen, und somit fehlte cs nicht an Stoff
zur Unterhaltung. Hin und wieder gedachten wir der anS-

gebliebenen Gäste und fürchteten, es möge ihnen ein Unfall
zugestoßen sein. Dadurch kamen wir aus den kürzlich bei
Berlich verübten Mord. Leretzow hatte in der Zeitung das !
Signalement des Thäters gelesen und erzählte, daß eine
Belohnung von 200 Gulden auf dessen Haftnahme ansge-
setzt war. Zweihundert Gulden! Eine hübsche runde Summe,
wenn man sie verdienen könnte. Leretzow sah mich ganz
vorwurfsvoll an, weil ich ihm den Aufenthalt des Verbrechers
nicht sagen konnte, und ich hätte ihn schütteln mögen, weil
er das Geld allein verdienen wollte.

Wir tranken weiter und waren bald in eine mehr
brüderliche Stinrmung versetzt. Wir umarmten einander >
und schwuren Treue auf Leben und Tod. Den letzten Rock
wollten wir theilen, so hieß cs; vergebens aber bemühte ich
mich ihm begreiflich zu machen, wie vortheilhaft cs für ihn
sein würde, wenn er mir den oberen Theil mit Rücken und
Aermeln ließe; mitten in meiner beredten Auseinandersetzung
blieb ich stecken und mußte wieder von vorne beginnen. Im
Begriff die schwierige Erklärung auf einen andern Tag zu
verschieben, sah ich wie sich die Thür öffnete und ein ver-
dächtig anssehendes Individuum eintrat. Dem Aussehen
nach würde ich ihn nicht zum Kassier eines Vereins ein-
psohlen haben, dessen Einnahmen sich ans nur dreißig Kreuzer
monatlich beliefen. Mit einer beispiellosen Frechheit setzte
er sich zu uns an den Tisch und mit Staunen und mit i
Granen mußten wir sehen, wie er sich von unserm Punsch
einschenkte.

„Der ist gut," nickte er mir zu. Dann rückte er an's
Feuer und erwärmte seine blaurothen Hände. „Es ist kalt
heute Abend," sagte er. Plötzlich griff er nach der auf dem
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Zehn Flaschen Punsch"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Oberländer, Adolf
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Zeitungsartikel
Ofen
Abendessen
Festnahme
Zeitung <Motiv>
Leuchte
Glas <Motiv>
Stuhl <Motiv>
Wiederbegegnung
Tisch <Motiv>
Belohnung
Geld
Angebot
Mörder <Motiv>
Weinflasche
Gespräch <Motiv>
Alkohol
Flucht
Geburtstag
Karikatur
Punsch
Innenraum <Motiv>
Trunkenheit <Motiv>
Freund <Motiv>
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 44.1866, Nr. 1083, S. 118

Beziehungen

Erschließung

Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg
 
Annotationen