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„Wenn es nöthig wäre, so würde ich schon morgen wie-
der zu Euch kommen," rief Börner noch vom Wogen aus der
Wiesenbäuerin zu, „das ganze Uebel wird sich aber von selbst
wahrscheinlich schon während der Nacht verlieren. Und befolgt,
was ich Euch gesagt habe: sorgt nur für die gehörige
Kühlung!" Damit rollte auch des Doktors leichter Wagen in
größter Eile der noch ziemlich fernen Heimath zu, denn am
Himmel standen drohende Gewitterwolken, vor deren Losbruch
Börner gar zu gern seine Wohnung zu erreichen wünschte.
denes Heilmittel.
An der Thüre ihres Hauses stand aber noch eine Zeit
lang die alte Wieseubäuerin und hielt mit dem treuen Knechte
Nazi eifrig Rath, wie wohl die verordnete Kühlung am Besten
zu beschaffen sei. Das Ergebuiß dieser Berathung werden unsere
freundlichen Leser bald erfahren.
Doktor Börner war in den nächsten Tagen nicht nach
Fichtenbcrg gekommen. Seine Berufswege hatten ihn nach
anderen Richtungen geführt und erst nach Verlauf einer Woche
kam er wieder durch das Torf, wo er vor des Wiesenbauers
Gehöft anhielt, um nach seinem Patienten zu sehen.
Da saß der Wiesenbauer drin am Tische, aber doch nicht
so ganz munter, wie Börner erwartet hatte. Das Fieber war
zwar vollständig verschwunden, aber die stark belegte Zunge
deutete auf einen tüchtig verdorbenen Magen.
„Ja, ja, Herr Doktor," nahm die Wieseubäuerin das
Wort, „ich geb halt schon zu, das; die Klihlung für meinen
Alten ganz gut gewesen ist, aber ein Flasche! Medizin hält'
doch wohl noch besser geholfen."
„Ich verstehe Euch nicht, liebe Frau," sprach kopfschüttelnd
der Doktor, „sagt mir doch, auf welche Weife Ihr meine Vor-
schriften befolgt habt."
„Wie Euer Gnaden fort waren," berichtete die Wiesen-
bäuerin, „da bin ich noch lang mit dem Nazi, unserem Knecht,
vor der Thüre gestanden und wir haben in unserer Herzens-
Angst uit g'wußt, woher wir nun sollen gleich a Kühlung
nehmen. Ich Hab' meinen Alten g'wiß von Herzen lieb, aber
ich dachte, es >vär' doch halt a Schand, wann mer sollt' von
wegen so a bisserl Krankheit gleich auf der Stell' in den Stall
gehen und a Kuh schlachten, beim die zwa Küh, was mer im
Stall stehen haben, sind grad Kapitalviecher."
Börner traute seinen Ohren kaum, als er dies hörte und
den weiteren Zusammenhang nun schon vermuthen konnte. Es
ward ihm ganz sonderbar zu Muthe, doch hütete er sich, die
Wieseubäuerin zu unterbrechen.
„Zum größten Glück," fuhr die Alte in ihrem Berichte
fort, „fiel da justement dem Nazi ein, daß au demselben Tag
drüben in Weißkirchheim der Fleischer eine Kuh hatte schlachten
wollen. Er läuft also spornstreichs hinüber und zum größten
Glück hatte der Wcißkirchheimer Fleischer die Lung' von der
geschlachteten Kuh noch uit verkauft und der Nazi brachte denn
nach zwei Stunden die Kühlung' heim. Nu waren mer halt
aber wieder in Schwulität, denn ich wußte doch nit, ob der
Herr Doktor roh oder gekochte Kühlung gemeint hatten. Weil
mir nu aber die rohe Lung gar zu unappetitlich vorkam, so
Hab' ich die Hälft genumme un gekocht. Wie ich fertig g'wefen
bin, so Hab' ich halt a Teller voll geschnitten uu bin damit
'reiugaugcu zu meinem Alten. Der hat zuerst durchaus nit
drangewollt un a gar grausamen Spitakel verführt. Aber wie
ich ihm gesagt Hab', daß der Herr Doktor als Medizin ganz
streng die Kühlung vorgeschriebe» hat, da gab er sich drein un
hat etwa den halben Teller abgcssen. Drauf ist er eingeschlnfen,
aber am anderen Morgen ist's ihm noch uit viel besser g'wefen.
So uehm ich halt wieder a Teller Kühlung un bin herein zu
ihm, aber er hat's durchaus nit genomme. Denk ich mir also:
„Wenn es nöthig wäre, so würde ich schon morgen wie-
der zu Euch kommen," rief Börner noch vom Wogen aus der
Wiesenbäuerin zu, „das ganze Uebel wird sich aber von selbst
wahrscheinlich schon während der Nacht verlieren. Und befolgt,
was ich Euch gesagt habe: sorgt nur für die gehörige
Kühlung!" Damit rollte auch des Doktors leichter Wagen in
größter Eile der noch ziemlich fernen Heimath zu, denn am
Himmel standen drohende Gewitterwolken, vor deren Losbruch
Börner gar zu gern seine Wohnung zu erreichen wünschte.
denes Heilmittel.
An der Thüre ihres Hauses stand aber noch eine Zeit
lang die alte Wieseubäuerin und hielt mit dem treuen Knechte
Nazi eifrig Rath, wie wohl die verordnete Kühlung am Besten
zu beschaffen sei. Das Ergebuiß dieser Berathung werden unsere
freundlichen Leser bald erfahren.
Doktor Börner war in den nächsten Tagen nicht nach
Fichtenbcrg gekommen. Seine Berufswege hatten ihn nach
anderen Richtungen geführt und erst nach Verlauf einer Woche
kam er wieder durch das Torf, wo er vor des Wiesenbauers
Gehöft anhielt, um nach seinem Patienten zu sehen.
Da saß der Wiesenbauer drin am Tische, aber doch nicht
so ganz munter, wie Börner erwartet hatte. Das Fieber war
zwar vollständig verschwunden, aber die stark belegte Zunge
deutete auf einen tüchtig verdorbenen Magen.
„Ja, ja, Herr Doktor," nahm die Wieseubäuerin das
Wort, „ich geb halt schon zu, das; die Klihlung für meinen
Alten ganz gut gewesen ist, aber ein Flasche! Medizin hält'
doch wohl noch besser geholfen."
„Ich verstehe Euch nicht, liebe Frau," sprach kopfschüttelnd
der Doktor, „sagt mir doch, auf welche Weife Ihr meine Vor-
schriften befolgt habt."
„Wie Euer Gnaden fort waren," berichtete die Wiesen-
bäuerin, „da bin ich noch lang mit dem Nazi, unserem Knecht,
vor der Thüre gestanden und wir haben in unserer Herzens-
Angst uit g'wußt, woher wir nun sollen gleich a Kühlung
nehmen. Ich Hab' meinen Alten g'wiß von Herzen lieb, aber
ich dachte, es >vär' doch halt a Schand, wann mer sollt' von
wegen so a bisserl Krankheit gleich auf der Stell' in den Stall
gehen und a Kuh schlachten, beim die zwa Küh, was mer im
Stall stehen haben, sind grad Kapitalviecher."
Börner traute seinen Ohren kaum, als er dies hörte und
den weiteren Zusammenhang nun schon vermuthen konnte. Es
ward ihm ganz sonderbar zu Muthe, doch hütete er sich, die
Wieseubäuerin zu unterbrechen.
„Zum größten Glück," fuhr die Alte in ihrem Berichte
fort, „fiel da justement dem Nazi ein, daß au demselben Tag
drüben in Weißkirchheim der Fleischer eine Kuh hatte schlachten
wollen. Er läuft also spornstreichs hinüber und zum größten
Glück hatte der Wcißkirchheimer Fleischer die Lung' von der
geschlachteten Kuh noch uit verkauft und der Nazi brachte denn
nach zwei Stunden die Kühlung' heim. Nu waren mer halt
aber wieder in Schwulität, denn ich wußte doch nit, ob der
Herr Doktor roh oder gekochte Kühlung gemeint hatten. Weil
mir nu aber die rohe Lung gar zu unappetitlich vorkam, so
Hab' ich die Hälft genumme un gekocht. Wie ich fertig g'wefen
bin, so Hab' ich halt a Teller voll geschnitten uu bin damit
'reiugaugcu zu meinem Alten. Der hat zuerst durchaus nit
drangewollt un a gar grausamen Spitakel verführt. Aber wie
ich ihm gesagt Hab', daß der Herr Doktor als Medizin ganz
streng die Kühlung vorgeschriebe» hat, da gab er sich drein un
hat etwa den halben Teller abgcssen. Drauf ist er eingeschlnfen,
aber am anderen Morgen ist's ihm noch uit viel besser g'wefen.
So uehm ich halt wieder a Teller Kühlung un bin herein zu
ihm, aber er hat's durchaus nit genomme. Denk ich mir also:
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Ein falsch verstandenes Heilmittel"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 53.1870, Nr. 13010, S. 58
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CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg