Ein falsch verstandenes Heilmittel.
Dn wirst lieber die andere Hälfte von der Kühlung braten,
das schmeckt besser! Hab's auch gethan nn bring meinem Alten
zn Btittag an großen Teller gebratene Kühlung. Viel hat
er aber auch nit essen können un wie ich's Abends aufgewärmt
wieder gebracht habe, so is mein Alter ganz fuchswild geworden."
Doktor Börner sagte kein Wort, er sah nur mitleidsvoll
nach dem armen Wiesenbauer hinüber. Tie Wiesenbäuerin
aber fuhr fort:
„Wie's nun am anderen Tag auch noch nit viel besser
'gangen ist und mein Alter so sehr über Magendrücken geklagt
hat, so bin ich gar in Verzweiflung gerathen, denn von der
s Kühlung wollt er Halt nichts mehr wissen, weder gekocht noch
gebraten. Da sagt der Nazi: ob mer's nit sollten mit ein-
gemachter Kühlung versuchen, weil doch der Wiesenbauer
immer a ganz besondere Passion auf eingemachte Kalbsfüß
hätt'. Ich denk bei mir: der Rath is so übel nit, un so geh
ich in die Kachel un bald is die eingemachte Kühlung fertig.
Wie ich's nun aber 'reinbring zum Alten an's Bett, so nimmt
er den Teller un — wirft mir die ganze eingemachte Kühlung
an den Kopf! Da Hab' ich mir's Gesicht abgewischt, Hab' ge-
flennt un bin hinausgangen. Von der Zeit au aber Hab'
ich ihm keine Kühlung mehr gebracht un 's is Gott sei Dank
auch ohne dies wieder besser geworden!"
Doktor Börner Hütte lieber Herausplatzen mögen vor Lachen,
aber er bewahrte trotzdem seinen Ernst und verschrieb jetzt dem
Wiesenbauer eine große Flasche Medizin für dessen durch die
falsch angewcndete Kühlung verdorbenen Magen.
Heutzutag ist der Wiesenbaucr auch wieder ganz wohl auf
und Doktor Börner's Ruf hat immer mehr zugenommen. Mit
dem Verordnen einer Kühlung bei seinen böhmischen Patienten
ist er jedoch sehr vorsichtig geworden und spricht entweder von
nicht so leicht mißzuverstehcnder „Abkühlung" oder er schreibt
die Anwendung der abkühlenden Mittel ganz genau vor.
Dienstancrbictrn.
Mitternacht war schon längst vorüber und doch brannte
in dem Arbeitszimmer des Advokaten S: noch hell die Lampe.
Die »st an erbieten. .V9
Derselbe war derart in seine Arbeit vertieft, daß er nicht hörte,
wie cs im Ofen brickelte und bröckelte und krabbelte; dort hebt
sich auf einmal langsam die Ofeuplatte wie von einer unsicht-
baren Macht immer mehr nach oben gedrückt, eine Hand kommt
zum Vorschein, gleich darauf die andere, langsam wird die
Platte vollends in die Höhe gehoben und hervortaucht eine
Gestalt, mit dem halben Körper aus dem offenen Schlunde des
Ofens ragend, welche erst jetzt halb verblüfft den Schein der
Lampe, sowie den ihr mit dem Rücken zugekehrtcn S. bemerkt
und dann einen fast wehmüthigen Blick auf das in ihrer Rechten
befindliche Brecheisen gleiten läßt. Plötzlich wendet sich der Ad-
vokat um und erblickt zu seinem jähen Entsetzen das nicht sehr
erbaulich aussehende Ebenbild eines Galgenstricks, der ihm ge-
lassen in's Gesicht schaut und die unschuldige Frage an ihn
richtet: „Brauchen Se koin Hausknecht?"
Glcichniß.
Was hohe Geister je der Menschheit gaben —
Es dauert unvergänglich fort —
Gleichwie am Weine wir uns noch erlaben.
Wenn auch die Rebe längst verdorrt. Cralkus.
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Dn wirst lieber die andere Hälfte von der Kühlung braten,
das schmeckt besser! Hab's auch gethan nn bring meinem Alten
zn Btittag an großen Teller gebratene Kühlung. Viel hat
er aber auch nit essen können un wie ich's Abends aufgewärmt
wieder gebracht habe, so is mein Alter ganz fuchswild geworden."
Doktor Börner sagte kein Wort, er sah nur mitleidsvoll
nach dem armen Wiesenbauer hinüber. Tie Wiesenbäuerin
aber fuhr fort:
„Wie's nun am anderen Tag auch noch nit viel besser
'gangen ist und mein Alter so sehr über Magendrücken geklagt
hat, so bin ich gar in Verzweiflung gerathen, denn von der
s Kühlung wollt er Halt nichts mehr wissen, weder gekocht noch
gebraten. Da sagt der Nazi: ob mer's nit sollten mit ein-
gemachter Kühlung versuchen, weil doch der Wiesenbauer
immer a ganz besondere Passion auf eingemachte Kalbsfüß
hätt'. Ich denk bei mir: der Rath is so übel nit, un so geh
ich in die Kachel un bald is die eingemachte Kühlung fertig.
Wie ich's nun aber 'reinbring zum Alten an's Bett, so nimmt
er den Teller un — wirft mir die ganze eingemachte Kühlung
an den Kopf! Da Hab' ich mir's Gesicht abgewischt, Hab' ge-
flennt un bin hinausgangen. Von der Zeit au aber Hab'
ich ihm keine Kühlung mehr gebracht un 's is Gott sei Dank
auch ohne dies wieder besser geworden!"
Doktor Börner Hütte lieber Herausplatzen mögen vor Lachen,
aber er bewahrte trotzdem seinen Ernst und verschrieb jetzt dem
Wiesenbauer eine große Flasche Medizin für dessen durch die
falsch angewcndete Kühlung verdorbenen Magen.
Heutzutag ist der Wiesenbaucr auch wieder ganz wohl auf
und Doktor Börner's Ruf hat immer mehr zugenommen. Mit
dem Verordnen einer Kühlung bei seinen böhmischen Patienten
ist er jedoch sehr vorsichtig geworden und spricht entweder von
nicht so leicht mißzuverstehcnder „Abkühlung" oder er schreibt
die Anwendung der abkühlenden Mittel ganz genau vor.
Dienstancrbictrn.
Mitternacht war schon längst vorüber und doch brannte
in dem Arbeitszimmer des Advokaten S: noch hell die Lampe.
Die »st an erbieten. .V9
Derselbe war derart in seine Arbeit vertieft, daß er nicht hörte,
wie cs im Ofen brickelte und bröckelte und krabbelte; dort hebt
sich auf einmal langsam die Ofeuplatte wie von einer unsicht-
baren Macht immer mehr nach oben gedrückt, eine Hand kommt
zum Vorschein, gleich darauf die andere, langsam wird die
Platte vollends in die Höhe gehoben und hervortaucht eine
Gestalt, mit dem halben Körper aus dem offenen Schlunde des
Ofens ragend, welche erst jetzt halb verblüfft den Schein der
Lampe, sowie den ihr mit dem Rücken zugekehrtcn S. bemerkt
und dann einen fast wehmüthigen Blick auf das in ihrer Rechten
befindliche Brecheisen gleiten läßt. Plötzlich wendet sich der Ad-
vokat um und erblickt zu seinem jähen Entsetzen das nicht sehr
erbaulich aussehende Ebenbild eines Galgenstricks, der ihm ge-
lassen in's Gesicht schaut und die unschuldige Frage an ihn
richtet: „Brauchen Se koin Hausknecht?"
Glcichniß.
Was hohe Geister je der Menschheit gaben —
Es dauert unvergänglich fort —
Gleichwie am Weine wir uns noch erlaben.
Wenn auch die Rebe längst verdorrt. Cralkus.
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Ein falsch verstandenes Heilmittel" "Dienstanerbieten"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 53.1870, Nr. 1310, S. 59
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg