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66 Die Freimann und der Hundertpfund.

Von Fra»; Trautmann.

(Fortsetzung.)

Du sicht man, wie urgrund listig die frummfrommsten
Frauen sind. Fragte sie also den Welser, wie ihm der Hundert-
Pfund gefallen habe.

Sagte der Welser: „Ja, viel verehrt, trefflich theuere Frau
Frcimann, ganz wohl, und fehlt sich nichts. Besonders zuerst.
Aber was war's zuletzt? Ich Hab' ihm nichts Bös' und Bitteres
gesagt, und war's doch, als sei er ganz zernichtet und im
Haupte perplex."

Darauf bat ihn die Freimann, sich wieder niederzulassen, setzte
sich auch ganz zutraulich zu ihm und sagte: „Lieber Herr Welser,
mich freut, das; Euch der Hundertpfund wohlgcfiel und sehe
zugleich, wie scharf Euer Blick ist. Sicher ist der gute Mann
nicht so, wie er sein sollte. Seht, früherhin war er in Allem
genau, verständig und insgesammt von einer Weise, das; ich mich
auf ihn verlassen konnte. Seit Geraumem aber ist cs oft just,
als ob ihm sein ganzer Sinn verwirrt sei —"

„Ja, Hab' ich nicht gesagt," fiel der Welser ein, „das; er
mir im Haupt' zernichtet und schier ganz consus vorkam?"

„Sicher sagtet Ihr so," antwortete die Freimann, „und
wür't Ihr zu Zeiten dagewesen, war' Euch das noch viel klarer
geworden!"

„So, da ist er noch ärger!" fiel der Welser ein.

„O, noch viel mehr!" gab die Frcimann zurück. „Seht,
da rechnet er ganz falsch, bringt die Unrechten Bücher, antwortet
mir ganz verkehrt — cs fällt ihm nichts ein — wenn ich mahn'
und er mich anschauen soll, schaut er weg, ist überhaupt stets
in Furcht. Kurzab, cs ist, als ob ihm etwas ganz Eigenes
und Anderes durch den Kopf streife, was ihn verhindere, an seine
Pflicht zu denken."

Und der Welser: „Das ist ja schrecklich, und wär's kein
Wunder, so all Euer Geschäft in größte Wirrnis; geriethe!"

Und die Freimann: „Ja sicher! Nun Hab' ich mir schon
oft vorgenommcn, ihn auf's Gewissen zu fragen, wie und was.
Doch wollte ich ihm nicht weh thun, und dachte immer mehr
nach, was ihn betroffen haben möchte. So sann und sann ich

— bis mir zuletzt doch Etwas einfiel!"

„So!" sagte der Welser, „und was war das?"

„Ich dachte," antwortete die Frcimann ziemlich schüchtern,
„ob er nicht etlvan in - in wilden Minnegcdanken zn irgend
einer Maid befangen sei, bei der er aber keine Hoffnung habe

— oder wenn auch, daß er sich nicht zu werben getraut, weil
er sich mit seinem Sold keines richtigen Hausstandes versieht!"

Sagte der Welser: „Aha! — So meint Ihr, cdelvcst,
vicllicbste Frau, Freimann!?"

Versetzte die Frcimann: „Ja, so mein' ich! Da vermag
er etwa nicht, von der Maid abzulaffen, oder er getraut sich
hinwieder nicht, mich um Erhöhung seines Soldes zu bitten
- meint etwa gar, ich verschlüge mich über die Sache ganz
mit ihm und wollte keine Ehe, weil ich auch frei bin! Kurzab,
wenn Etwas d'ran ist, könnt' er wohl d'rob in seine heillose
Verwirrung hineingeratheu sein."

Sagte der Welser: „Vielliebst und thcucrwertheste Frau

Freimann, darin habt Ihr ganz Recht! Denn cs ist mit der
Liebe so, daß sic nicht allein zu Herzen geht, sondern, wenn sic
ganz heftig wird und viel Hindernis; kommt, greift sic auch den
Kopf an. Das weiß ich selbst von meiner ersten Ehsrau her,
bei der mir ihr Vater den Brodkorb gar hoch hing. Nun,
zuletzt kam's doch nach Wunsch und ich wieder zur Vernunft.
War auch daun meines Lebens ganz froh, denn meine Ehsrau
war ganz recht und verlor sic später recht hart. Gott Hab' sic
selig! Hm hm! — Sie sah Euch in jungen Jahren schier gleich,
und — hm hm! — und kann Euch nicht verhehlen, lvas trefflich
guten Eindruck Ihr schon dcßhalb auf mich machet. Ist schon so!"

Erwiderte die Freimann: „Das ist mir ja ganz schmeichel-.
Haft zu vernehmen. Aber wenn ich nur wüßte, wie mit dem
Hundcrtpfund verfahren. Geht das so fort, kann ich ihn nimmer
im Hause behalten, und verlör' ihn doch gar ungern. Er soll nur
mit der Sprach' heraus, dann wollt' ich wohl helfen, so weit
ich kann, damit sein Leiden ein Ende nimmt und Alles wieder
in der Ordnung geht, wie's sein soll. Das seht Ihr doch ein?"

Sagte der Welser: „Das sch' ich freilich ein, und wäre
eben doch das Beste, Ihr entbötet ihn gelegentlich und befehlt
ihm, mit seinem Geheimniß an Tag zu treten."

„Ja, wenn ich mich's nur getraute!" versetzte die Frei-
mann. „Wolltet aber Ihr die Sache auf Euch nehmen, wür'
ich Euch viel Dank schuldig!"

Sagte der Welser: „Ja, weshalb denn nicht, viellieb schönste
Frau Freimann? Einer so holden Frauen thut man Alles zu lieb!
Gebt mir nur bestimmte Vollmacht —■ ansonst der Hundcrtpfund
etwa» unwirsch würde und sagte: „Was gcht's Euch an?"

Und die Frcimann: „Die Vollmacht gcb' ich Euch! Tretet
nur ganz fest auf, so viel und fest Euch gut bcdünkt, und als
ob Ihr sein Herr wäret!"

Und der Welser, innerlich ganz froh überrascht: „So, als
ob ich sein Herr wär' ? Schon recht — allsoglcich geh' ich in die
Schreibstub' und nehm' ihn bei Seite!"

Fiel die Freimannn ein: „Nicht so, da gab' cs zu viel
Aufsehen. Wißt Ihr was? Ich lasse ihn zum zweiten Mal
kommen, und geh' selbst in die andere Stube. Wenn er dann eiu-
trifft, sagt, ich hätte Euch meine Sorge um ihn vcrrathen, weil ich
das für Pflicht hielte — für Pflicht — habt Ihr mich verstanden?"

„Hab' schon verstanden!" sagte der Welser.

Und die Frcimann: „Weil Ihr ein hochwciser, mir ganz
guter Freund wär't, der mir im Leben noch gar viel tapferen
Rath geben könnte! Also fordert Ihr ihn meines Namens
nachdrücklichst auf, seine Sorge zu vcrrathen und sagt: So er
gestehe, sei ihm das zum Glück! Denn wer immer die sei,
welcher er uachstrcbc — ich gab' ihm durch Euch mein heilig Wort
auf.Fürbittc, falls da ein Hindernis; bei den Eltern wäre, oder
was immer sonst. Kurz, versprecht ihm ganz sicher: Die, welche
er liebe, müsse Sein werden. Wenn er aber nicht gestehe, so
sei seines Bleibens in meinem Haus' ein Ende, — denn ich könne
seinen Kummer und alles Jrrsal ferner nicht mehr ansehen!"

Sagte der Welser: „O was gut und herztief mild für
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