6.
Bestellungen werden in allen Buch- und .Kunst-
handlungen, so wie von allen Postämtern und
ZeitangSerpeditionen angenommen.
^ Erscheinen wöchentlich ein Mal. Subscription«-! V| I Janns
preis^für den Band von 24 Nummern 3 fl. 38 kr.
R.-W. od. 2 Rthlr. Einzelne Nummern kosten 13 kr. R.-W. od. 3 ggr.
Kalendergeschichten
von Wilh. v. Chezy.
Erste Geschichte.
Ehrenrettung.
Die Gerechtigkeit wird für blind ausgegeben, weil sie eine
Augenbinde trägt; sie ist aber eben so wenig blind, als der
scheele *) Schmuggel-Mattheis drunten im Wassergäßchen. Der
Matlheis sagt alleweil: »Mein Aug' wird immer blöder, und
die ganze Welt kommt mir so überscheinig vor!' Wenn er
*) Scheel: schielend.
| euch jedoch auf euern Kronthaler oder Gulden herauSgibt und
sich überzählt, so überzählt er sich niemals zu seinem Nachtheil.
Grade so ist die Gleichheit vor dem Gesetz eine hübsche Redens-
art, aber oft geht's damit, wie in jener großen Stadt; dem
armen Handwerksburschen wird Abends auf der Sttaße die
Pfeife aus dem Mund Weggenomnien, und eben fährt eine
Kutsche vorüber, der ein paar Läufer mit brennenden Fackeln
vorleuchten. Das Rauchen ist verboten; vielleicht könnte unter i
dem Pfeifendeckel hervor ein Funke stieben und die Stadt an- '
zünden. So eine schöne Stadt kostet schweres Geld und wird
nicht gar geschwind wieder ausgebaut. Aber die Windlichter,
fragt ihr, von denen zolllange Johanniskäfer abfliegen und
brennende Pechklümpchen fallen, find die nicht gefährlich? O,
gewiß nicht, denn sonst würde die erleuchtete Polizei der laterneu-
reichen Stadt ein Einsehen thun! — So geht's heutzutage zu;
in der guten alten Zeit wird's etwa besser gewesen sein. — !
Meint ihr? Ich will euch ein Stücklein aus selbiger Zeit bor-
pseifen, so von hundert Jahren her, vielleicht etwas minder
oder mehr. Die Leute trugen damals gewaltige Haarhaubcn,
und ließen sich den eigenen Schädel rattenkahl scheeren, wie
die Türken. Einen Schnauzbart führte Niemand, als wer
mußte, nämlich der gemeine Soldai; da war der Bart kein
Zeichen freifamer Mannhaftigkeit, wie bei uns, sondern eine
Art Brandmahl oder wenigstens wie die rothen Sttiche, womit
der Metzger seine Hämmel zeichnet.-Der Wind trieb
sein lustiges Spiel mit den drei klappernden Gerippen am
Dreibein, und von der Radfelge grinste der halbemfleischte Kops
des Straßenräubers, als lauschte er beifällig dem Klippklapp
der Feldglocke *). Drinnen in der Stadt läutete dazu das
Armensünderglöckchen, und sie führten einen hinaus, der trug
ein weißes Gewand mit schwarzen Schleifen. Was hat der
•) Feldglocke: Volksthümlicher Scherzname de« Galgeus.
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Bestellungen werden in allen Buch- und .Kunst-
handlungen, so wie von allen Postämtern und
ZeitangSerpeditionen angenommen.
^ Erscheinen wöchentlich ein Mal. Subscription«-! V| I Janns
preis^für den Band von 24 Nummern 3 fl. 38 kr.
R.-W. od. 2 Rthlr. Einzelne Nummern kosten 13 kr. R.-W. od. 3 ggr.
Kalendergeschichten
von Wilh. v. Chezy.
Erste Geschichte.
Ehrenrettung.
Die Gerechtigkeit wird für blind ausgegeben, weil sie eine
Augenbinde trägt; sie ist aber eben so wenig blind, als der
scheele *) Schmuggel-Mattheis drunten im Wassergäßchen. Der
Matlheis sagt alleweil: »Mein Aug' wird immer blöder, und
die ganze Welt kommt mir so überscheinig vor!' Wenn er
*) Scheel: schielend.
| euch jedoch auf euern Kronthaler oder Gulden herauSgibt und
sich überzählt, so überzählt er sich niemals zu seinem Nachtheil.
Grade so ist die Gleichheit vor dem Gesetz eine hübsche Redens-
art, aber oft geht's damit, wie in jener großen Stadt; dem
armen Handwerksburschen wird Abends auf der Sttaße die
Pfeife aus dem Mund Weggenomnien, und eben fährt eine
Kutsche vorüber, der ein paar Läufer mit brennenden Fackeln
vorleuchten. Das Rauchen ist verboten; vielleicht könnte unter i
dem Pfeifendeckel hervor ein Funke stieben und die Stadt an- '
zünden. So eine schöne Stadt kostet schweres Geld und wird
nicht gar geschwind wieder ausgebaut. Aber die Windlichter,
fragt ihr, von denen zolllange Johanniskäfer abfliegen und
brennende Pechklümpchen fallen, find die nicht gefährlich? O,
gewiß nicht, denn sonst würde die erleuchtete Polizei der laterneu-
reichen Stadt ein Einsehen thun! — So geht's heutzutage zu;
in der guten alten Zeit wird's etwa besser gewesen sein. — !
Meint ihr? Ich will euch ein Stücklein aus selbiger Zeit bor-
pseifen, so von hundert Jahren her, vielleicht etwas minder
oder mehr. Die Leute trugen damals gewaltige Haarhaubcn,
und ließen sich den eigenen Schädel rattenkahl scheeren, wie
die Türken. Einen Schnauzbart führte Niemand, als wer
mußte, nämlich der gemeine Soldai; da war der Bart kein
Zeichen freifamer Mannhaftigkeit, wie bei uns, sondern eine
Art Brandmahl oder wenigstens wie die rothen Sttiche, womit
der Metzger seine Hämmel zeichnet.-Der Wind trieb
sein lustiges Spiel mit den drei klappernden Gerippen am
Dreibein, und von der Radfelge grinste der halbemfleischte Kops
des Straßenräubers, als lauschte er beifällig dem Klippklapp
der Feldglocke *). Drinnen in der Stadt läutete dazu das
Armensünderglöckchen, und sie führten einen hinaus, der trug
ein weißes Gewand mit schwarzen Schleifen. Was hat der
•) Feldglocke: Volksthümlicher Scherzname de« Galgeus.
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Kalendergeschichten"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Thema/Bildinhalt (normiert)
Zudringlichkeit <Motiv>
Chaiselongue <Motiv>