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*) Ziegenhirte.

>8« Ter Wil

Tie Sonne ging unter, und Martins armes Weib stand
vor der Thüre ihres Hauses. Den Säugling hielt sie auf
dem Arm. Die andern Kinder standen traurig neben ihr.
Mit Sehnsucht und Angst blickte sie nach dem Waldsaume
hin. Ta schallte ein Glöckchen. Sie ivendete den Kopf, und
sah, wie der Pfarrer, unter dem Bortritt des Küsters, von der
Mühle her kam, wo er einem Knecht, der vor ein Paar
Wochen verunglückt war, das heilige Abendmahl gereicht hatte

Andächtig ließ sie sich mit ihren Kindern ans die Kniee
i nieder. Ter Geistliche blieb stehen, erhob den Kelch und er- ;
theilte ihr den heiligen Segen. Ehrfurchtsvoll bekreuzte sie
sich: die Kinder folgten ihrem Beispiel.

Der Pfarrer schritt vorüber, und wie zuvor blickte das
Weib nach dem Walde. Das Gewitter war schon seit einer
Stunde vorübergezogen, und aus dem regenfeuchten, mit
Blumen geschmückten Grase, stiegen liebliche Wohlgcrüche auf.

Da eilte ein Geiser*) querfeldein, nach der Mühle her.
Der Schiveiß klebte die Haare des jungen Menschen an seine
Schläfe, und sobald er den Pfarrer und den Küster erblickte,
so rief und winkte er ihnen zu halten. Nach einigen Worten, !
die der Hirte mit Beiden wechselte, wendeten sich diese um
und schritten wieder nach dem niedern Häuschen zurück, vor
welchem die Mutter mit ihren Kindern stand. Eine schreck-
liche Ahnung und eine namenlose Angst erfaßte sie, als sie
in die bestürzten trauerumwölkten Züge des Pfarrers blickte
und ein Paar Thränen an den Wimpern des alten ehrlichen
Küsters zittern sah.

„Um Gotteswillen! was ist geschehen?" rief sie, die Hände
gegen die Nahende» ausstreckend. Da
platzte der Geiser unbesonnen heraus,
und berichtete, daß die Jäger im
Walde ihren Mann niedergeschossen,
und daß dieser sich nach dem heiligen
Abendmahl und dem Anblick der
Seinen vor dem Scheiden sehne.

Die unglückliche Mutter stieß einen
verzweiflungsvollen Schrei aus, und
die Kinder fingen taut zu weinen und
zu jammern an. „O, unser Vater!
unser guter lieber Vater!" schrien
sie durcheinander, rangen dabei die
j kleinen Hände, und starrten unter
j scheuem Grauen nach dem Walde hin.

I Der Geistliche tröstete, so gut es in
diesem traurigen Falle möglich >var,
die halbohnmächtige Mutter, und.eilte
dann mit ihr, von dem Geiser geführt,
j über die Wiesen dem Walde zu. Der
I Küster trug das kleinere der Kinder.

Der Müller, der das Unglück, vor
! der Thüre stehend, mit angehört, ließ

) schütz.

rasch einen Wagen anspannen, warf Stroh und ein Paar !
wollene Decken darauf, und folgte so den Voraneilenden nach. j

Hell und klar leuchteten bereits die Sterne; da vernahm
Martin, die todtwunde Brust auf das thaufeuchte Gras ge-
drückt, ein Weinen und Jammern. Er erkannte die Stimmen
der Seinigen, erhob mühsam das schwere Haupt, und die
Liebe und der Schmerz belebten noch einmal seine halbge-
brochenen Angen.

„Hier fand ich ihn," sagte der Hirte, „als ich meine
Geisen vorüber trieb. Dort liegt er, er lebt noch!"

Unmöglich ist es, die Berzweiflnng und den Schmerz der
armen Mutter und ihrer Kinder zu beschreiben, als sie jetzt
den Gatten und Vater erblickten, von Wunden und Blut
entstellt, dem Tode nahe.

Mit dem herzzereißenden Rufe: „Martin! müssen wir
uns so wieder sehen?" sank das arme Weib zu ihm nieder,
legte sein wundes Haupt schonend auf ihren Schoos, und
küßte ihm, vor Jammer fast vergehend, die so bleiche Stirne.
Da brachen auch die Thränen aus den Angen des Sterbenden
hervor; als er aber jetzt den Pfarrer erblickte, so stöhnte er,
einen jammervollen Blick auf die Kinder und ans den Säugling
werfend, der an der Brust der Mutter eingeschlummert war:
„geh' mit den armen Würmerln ans die Seite, und laß' mich
beichten." Das arme Weib that nach seinem Willen; klagend
und ivimmernd klammerten sich die Kinder an ihre Kleider.

Leise flüsternd zog die Nachtluft durch Busch und Bäume,
und während der Geistliche dem nach Trost Begehrenden die
letzte Wegzehrung reichte, herrschte eine Feierstille im Walde.

So schonend als möglich wurde endlich der Verunglückte
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Der Wildschütz"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

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Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Beichte <Motiv>
Pfarrer <Motiv>
Verletzter
Wald <Motiv>
Traurigkeit
Karikatur
Kind <Motiv>
Mutter <Motiv>
Schussverletzung
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 7.1848, Nr. 168, S. 186
 
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