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155

Meister Nikel dachte nicht ohne inneres
Grausen daran, daß, wenn die Anderen wirklich
keinen Scherz mit ihm trieben, er entweder,
ohne es zu wissen, wie im Traume, schon hier
gewesen sein müsse, oder sein eigen Gespenst
mußte vor ihm hcrgegangen sein; beides aber
war sehr ungcmüthlich für ihn. Und die anderen
Gäste kamen zu demselben Schluß: wenn Meister
Nikel wirklich keinen dummen Spaß machte,
so mußte er entweder vorher irrsinnig gewesen
sein, oder ein unheimlicher Doppelgänger von
ihm war vorher auf die Zunftstube gekommen.
In beiden Füllen ivurdc er aber dadurch Allen
zu einer höchst unheimlichen Persönlichkeit. Die
Banknachbarn rückten immer weiter von ihm
weg, eine bange Schwüle lag auf Allen; von
der wunderlichen Begebenheit >oollte man nicht
mehr sprechen, und doch beschäftigte sie aus-
schließlich Aller Gemüth, und kein anderes Ge-
spräch wollte aufkommen. Meister Nikel sagte
endlich: „Ich gehe nach Hause... die Sache
hat mir die Lust verdorben!"

Niemand hielt ihn zurück. — Beim
Hinausgehen aber hörte er noch, wie Einer
halb laut sagte: „Hoffentlich kommt er nun
nicht zum dritten Male wieder itnb weiß von
den beiden andern Malen nichts!" Als der
Meister gegangen, wurde die seltsame Begeben-
heit erst recht besprochen.

Meister Nikel war recht schwül zu Muthe
und zornig brummte er vor sich hin: „Bin ich
denn so Einer, mit dem man sich so etwas
erlauben darf?" Aber was war der Aerger
darüber, gegen die unheimliche Furcht, die ihn
gepeinigt, als er noch glauben mußte, er sei
doppelt gesehen worden. Ziemlich wohlgemuth
schritt er d'rum seinem Hause zu, nicht ahnend,
welch' neuer Schrecken ihn dort erwartete.

Seine Leute saßen, um den warmen
Sommerabend zu genießen, vor dem Hause und
auf den Steinbänken innerhalb der Hausthür;
sie schauten verwundert auf, als sie den Vater
Ungewöhnlich früh von der Zunftstube heim-
kehren sahen. Frau Hermengild aber stand auf
und ging ihrem Eheherrn nach, als derselbe
in die Wohnstube trat, um Wnmms und Kappe
abzulegen. Sie machte hinter sich die Thüre
zu und fuhr nun zornig, aber mit gedämpfter
Stimme, auf den Ueberraschten ein: „Sage
wir doch, Mann, bist Du denn vom bösen
Geist besessen? oder betrunken? oder was?
Willst Du dem Höhne die Regine nicht geben,
weinethalben! Verständiger freilich wäre es
gewesen. Du hättest es nicht erst versprochen!

Meister Nikels böse Tage.

Aber mag sie doch nehmen, wen sie will, den Rathsschreiber, oder meinetwegen
Meister Hans, den Henker! Aber mußt Du ihr denn solch verrücktes Zeug
vorschwatzen, mußt mit dem Mädel Dinge reden, die längst vorbei sind, mußt
Dich vor ihr schlecht machen und Dich einen Schurken nennen?"

Der Gescholtene stand da mit weit anfgerissenen Augen. Kein Wort
verstand er von dem, was die Frau in ihn hineinredete. „Was willst Du
denn? Was gibt's denn?" rief er endlich ungeduldig und ärgerlich.

„Was gibt's denn?" fragte erbost lachend die Frau. „Willst's wohl
etwan gar nicht wissen? Oder bist Du vielleicht vorher von Sinnen gewesen?
Man möcht's fast glauben! Was hast Du denn der Regine gesagt?"

(Fortsetzung folgt.)

Einladend.

„Herrgott! Da möcht' man gleich ein Selbstmörder sein; — sich da
hinunter zu stürzen wär' ein Hochgenuß!"

20*
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"Einladend"
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Fliegende Blätter
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Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

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Entstehungsort (GND)
München

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Sammlung Eingang

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Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

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Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
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Fliegende Blätter, 70.1879, Nr. 1764, S. 155
 
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