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171

Meister Nikels böse Tage.

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Geister, begierig, das Unglaubliche von Meister Nikel selbst zu
dernehmen, begab sich in eigener Person zu demselben in Be-
reitung des Rathsschreibers. — Meister Nikel bekannte sich
A Alle dem, was sein Doppelgänger ausgesagt, und versicherte,
daß der Wunsch des Gespenstes, die Acht über den Schuld-
losen möchte sobald wie möglich aufgehoben werden, auch sein
ähnlichstes Begehren sei.

„Meister, Meister!" sprach beim Abschied der Bürger-
meister zu dem Zerknirschten, „das sind böse Dinge, die ei-
Nentlich . . . doch wir wollen sie ruhen lassen. Wenn aber
^uer Bruder noch lebt und zurückkehrt, dann kann er Euch zu
schwerer Verantwortung ziehen!" Zum Rathsschreiber aber
lagte er: „Bringt diese Sache sogleich auf die Registrande; es
soll morgen das Erste sein, was tvir vornehmen."

* *

*

„Baltin, nun ist Alles gut und in Ordnung!" rief der
^nthsschreiber, als er wieder hcimgekehrt war, seinem Gaste

„Morgen wird die Acht wider Euch ausgehoben. Der
Doppelgänger hat das Seine gethan, jetzt wollen wir ihn stugs
beseitigen!" Der Rathsschreiber nahm abermals Kamm und
^-cheere zur Hand, schnitt Baltin die Haare ganz kurz und den
'^art gänzlich ab; andere Kleider wurden herbeigcschafft, und
io die Aehnlichkeit der beiden Brüder möglichst verwischt. „Drei
l'is vier Tage bleibt Ihr nun noch bei mir verborgen," sagte
Goswin, „dann bringe ich Euch aus der Stadt heraus, und
^hr wandert dann, als der lang verschollene Baltin, öffentlich
durchs Thor herein!"

* *

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Die unerhörte und unheimliche Begebenheit, daß der
Geister Nikel Gerhold in doppelter Gestalt in der Stadt
^Uihergxhe, verbreitete sich nun mit reißender Geschwindigkeit,
^ald wurde auch bekannt, daß durch den Doppelgänger an den
^ug gekommen, wie der Meister vor vielen Jahren seinen
Bruder hinterlistig aus der Stadt und aus seinem Hause und
Gewerk getrieben habe. Das Staunen wuchs, als vier Tage
Furans die Kunde-sich verbreitete, der lang verschollene Baltin
idi zurückgekehrt. Und was die Sache noch wunderbarer machte,
^or, daß der Heimgekehrte erzählte, er habe nicht daran gedacht,
^ wieder nach Gleißheim zurückzukehren — da sei ihm vor vier
^ogen, als er in weiter Ferne umhergewandert, im Traun: sein
Bruder erschienen, der ihn gebeten, er solle eilends heimkommen!

Daß der Heimgekehrte wirklich der lang verschollene Baltin
bezeugte schon die ungemeine Aehnlichkeit mit seinem Bruder,
*c trotz des kurz geschorenen Haares und des glatten Kinnes
Unverkennbar zu Tage trat.

Der Rathsschreiber hatte sich des Heimgekehrtcn angenommen.

er (wie er erzählte) zufällig mit demselben zusammcnge-
^offen, als dieser gerade durch's Thor in die Stadt herein-
Eg>n. Goswin vermittelte nun eine Zusammenkunft der beiden
^üder. Meister Nikel kam dem Heimgekehrten beschämt und
^knirscht entgegen, bat, ihm den schlimmen Streich zu vergeben,
^nd bot ihm an, mit gleichen Rechten und Ansprüchen wieder
ltl das Gewerk einzutreten.

Dies lehnte Baltin ab, er sei zu lange dem Handwerk
entfremdet, der Bruder solle ihm etwas Bestimmtes als sein Erb-
theil herauszahlen, davon wolle er leben mit seinem Kinde, der
Regine. Zu beiderseitiger Zufriedenheit wurde dich Alles ge-
schlichtet. Frau Hermcngild war durch die Ereignisse und Ent-
hüllungen der letzten Woche dergestalt verschüchtert und kleinmüthig
geworden, daß sie sich, wider alle Gewohnheit, in diese Ange-
legenheit gar nicht einmischte. Rcginc aber begrüßte ihren Vater,
den sie nun (lote sie meinte) zum erstenmal in ihren: Leben
sah, mit inniger Liebe und Freude.

lieber das Weitere bedarf es nun nicht mehr vieler Worte.
Es versteht sich von selbst, daß Meister Höhne die Regine nicht
zur Frau erhielt. Er machte auch gar keine Ansprüche mehr.
Die unheimliche Doppelgängerei des Meisters, sowie die häßlichen
Dinge, die durch den Doppelgänger zu Tage gekommen waren,
hatten ihm klar gemacht, daß eine nähere Verbindung mit dieser
Familie nicht eben wünschenswerth, und der reiche Meister fand
ja, wenn er sich nur umschaute, gar Viele, die ihm mit Freuden
das Jawort gaben. Dagegen währte es nicht lange, so machte
der Rathsschreiber Hochzeit mit der Regine. Baltin zog zu
seinen Kindern, und fand im ivildcn Mann, wo er die Abende
verbrachte, stets eifrige Zuhörer, wenn er von seinen langen
Wanderjahren erzählte.

Ucbrigens schien der alte Landfahrer den Gewächsen zu
gleichen, die üppig und saftvoll in dem härtesten, dürresten Boden
gedeihen, aber in fruchtbare Erde verpflanzt und gehörig besorgt
und bewässert, rasch eingehcn. Er war immer gesund gewesen,
als er noch in Hitze und Külte heimathlos in der Welt um-
herzog, auf Heuböden und in Ställen sein Nachtlager fand,
und oft nichts als hartes, trockenes Brod zur Nahrung hatte,
und nun, da er im weichen Bette schlief, täglich den Tisch ge-
deckt fand, und von der Tochter sorgsam gepflegt wurde, ver-
fiel er zusehends und ging endlich ein, nachdem er noch zuvor
die Großvater - Freude genossen, ein Enkeltöchterchen auf den
Armen wiegen zu können.

Der Rathsschreiber ist bald darauf wirklicher Stadtschreiber,
später sogar Bürgermeister geworden. Die unheimliche Ge-
schichte von Meister Nikels Doppelgängerei blieb unaufgeklärt.
Goswin hielt reinen Mund; Baltin aber hatte später das
Gewissen geschlagen ob des Betruges, bei welchem auch er mit-
geholfen, und hatte Pater Vincent Alles gebeichtet. Dieser hatte
ihm das Sündhafte solcher Handelsweise ernstlich vorgehalten,
hatte ihm eine leichte Buße auferlegt, ihn aber zugleich ermahnt,
von dieser Sache sonst gegen Niemand zu sprechen, in Anbetracht,
daß dieselbe doch gar Bielen zur Gewissenserschütternng und Er-
bauung gedient, als ein augenscheinlicher Beweis, wie Gott auf die
wunderbarste Weise verborgene Vergehungen an das Licht bringe.

In der That, die unheimliche Geschichte lebte, auch in
dem eben angedeutetcn Sinne, noch lange in den Gemüthern
fort. Der Bürgermeister hatte dem Rathsschreiber aufgetragcn,
diese wunderbare Begebenheit in die Rathsannalen niederzu-
schreiben; Goswin that dieß mit vielem Behagen, und dort steht
sie nun zu ewigem Gedächtniß für die Nachkommen.

Der Bürgermeister Goswin aber konnte sich später nimmer

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