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186 Populär-wissenschaftlicher Vortrag des I)r

Verblüffendes haben und man könnte einwenden, daß das Ge-
biet einer jeden Wissenschaft ein abgeschlossenes und in bestimmter
Zeit zu bewältigendes sei, aber, wenn wir erwägen, daß gerade
in neuerer Zeit die Systeme der einzelnen Zweige des mensch-
lichen Wissens einem steten Wechsel unterliegen, werden wir
zngeben müssen, daß man in keiner Disciplin auslernen und
es daher an Unterrichtsstoff nie fehlen kann. Soll endlich das
Ziel, daß Jeder Alles weiß, praktisch erreicht werden, so kann
der Gedanke einer zeitlich unbeschränkten Schule in seiner vollen
Berechtigung wohl nicht beanstandet werden.

Wenn wir diesen principiellen Gedanken in Folgendem
des Näheren auszubauen versuchen, so bewegen wir uns auf
dem Gebiete rein wissenschaftlicher Erörterung, auf welchem
praktische Bedenken keinen Raum finden können.

Wir denken uns also verschiedene Arten von Schulen,
die wir entsprechend zu bezeichnen versuchen. Die erste Schule
wird die Säuglings schule sein müssen.

Sobald der Mensch geboren ist, hat er in dieselbe einzn-
treten. Da die Impfung erst später stattfindet, kann von
Vorlage eines Impfscheines bei der Aufnahme Umgang genommen
werden und genügt ein standesamtlicher Ausweis über richtig
erfolgte Geburt. In der Säuglingsschule, welche unter Leitung
wissenschaftlich gebildeter Ober- und Unter-Hebammen steht,
kann vorläufig und bis die Menschheit eine höhere Stufe der
Entwicklung erlangt haben wird, selbstverständlich nur von einem
Anschauungsunterrichte die Rede sein. Wir schlagen dcßhalb
vor, daß die wichtigsten Dinge der Welt zunächst in leicht-
faßlichen Abbildungen dem Auge des Säuglings eingeprägt
werden sollen und daß zu diesem Zwecke Alles, was das Kind
umgibt, solche Abbildungen an sich tragen muß. So sollen
die Wände der Kindszimmer, die Wiegen und die Windeln

. Sulphurius über Schule und Erziehung.

Bilder aus der Mineralogie, Botanik und Zoologie, später
etwa aus der Astronomie und Anatomie zur Anschauung bringen.
Es wären demnach zum Beispiel Windeln und Geiferschürzchen
mit Schweinchen zu bemalen, um an die Pflicht der Reinlich-
keit zu mahnen, Schürzchen mit Bienen und Ameisen, um den
Fleiß dieser Thiere als gutes Beispiel zu veranschaulichen, und
ließen sich ebenso auch die Kleidungsstücke der kleinen Kinder
in geschmackvoller Weise mit Bildern aus der Thierwelt versehen.

Prägen sich so dem Säuglinge von selbst die wissens-
würdigsten Dinge ihrer äußeren Form nach ein, so ist es auch
von Wichtigkeit, durch sprachliche Mittheilung frühzeitig dem
Säugling spielend höhere Begriffe beizubringen. So würde
cs nicht schaden, wenn die Ammen statt der bisher üblichen
sinnlosen Kinderlieber, ivic:

„Schlaf, Kindlein, schlaf!

Im Garten gch'n die Schaf',"

die wichtigsten Lehrsätze in leichtverständlichen Versen den Kleinen
Vorsingen würden. Wie lieblich müßte cs zum Beispiel klingen,
wenn man den bekannten Pythagoräischcn Lehrsatz so den Säug-
lingen beibrächte:

„Iß, mein Kind, Dein Mnuß,

Denn das Quadrat der Hypothcnuf
Ist gleich — Du kannst d'rauf wetten —

Denen der beiden Katheten."

Hiedurch ließe sich der Uebergang in die erste Kindcr-
schule mit Leichtigkeit bewerkstelligen. Für diese erste Kinder-
schule, welche sich unmittelbar an die Säuglingsschnle an-
zuschließen hat und in welche der Säugling eintritt, sobald er
selbständig gehen und stehen kann, empfiehlt sich als erster
Unterrichtsgegenstand von selbst ■— die Mathematik.

Keine Wissenschaft ist so geeignet, die Denkkraft des Menschen
zu schürfen, als diese. Darum gebe man dem Kinde statt
der sinnlosen Puppen und Bilderbücher sofort geometrische

Figuren als Spielzeug in die Hand, und man ivird sich bald
von den überraschenden Fortschritten seines Verstandes überzeugen.
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Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Populär-wissenschaftlicher Vortrag des Dr. Sulphurius über Schule und Erziehung"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Oberländer, Adolf
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 73.1880, Nr. 1846, S. 186
 
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