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19.

o

Bestellungen werden in allen Buch- und Kunst- Preis des Bandes (26 Nummern) ^ ß.70. Bei direktem

Handlungen, sowie von allen Postämtern und IflTro* -fl 4^/fl Ü Bezüge per Kreuzband: für Deutschland und Oesterreich --

Zeitun gs-Erpeditionen angenommen. i-« Jfi_c94Ä:.8L© ^ 7.60, für die anderen Länder des Weltpostvereins ^8—. ^0.

Erscheinen wöchentlich ein Mal. Einzelne Nummer 30

Was dem Herrn Franz Xaver Pimpelhuber, ehrsamen Bürger und Stadtrath in Uttenroda, in

der Sylvester nacht träumte. (Nachdruck «r-t-n.)

Bon ihm selbst erzählt, und stenographisch ausgenommen von Heinrich Horgeel.

Wie Ihr mich Alle kennt, ivar ich zeitlebens und auch
schon früher immer ein mäßiger Mensch, der dem lieben Herr-
gott für alle seine guten Gaben dankte, still für sich lebte und
niemals mehr verzehrte, als seine Mittel erlaubten. Da ich
unverheirathet blieb, habe ich hier sechzig Jahre zugcbracht,
ohne dessen recht gewahr geworden zu sein.

Als ich nun in der letzten Sylvesternacht nach Hause
ging, da machte ich so im Kopfe, wie das meine Gewohnheit
ist, meinen Jahresabschluß, verglich das Gute, das ich gcthan,
mit dem Schlimmen, das ich begangen und war zufrieden mit
der Bilance — zufriedener, als dreißig Jahre früher.

Nachdem ich mein Gebet gesprochen, einen Kümmel ein-
genommen, die Nachtmütze über die Ohren gezogen, kroch ich
in's Bett, deckte mich zu, löschte das Licht aus, und bald da-
rauf war ich cingcschlnfcn.

Der Kronenwirth, bei dein ich seit vierzig Jahren als
treuer Stammgast ehrlich meine Renten verzehre, hatte uns einen
starken Punsch gebraut', und da ich vielleicht mehr getrunken,
als ich sonst zu thnn gewohnt bin, so geschah mir, was schon
seit langer Zeit nicht der Fall war: ich hatte einen Traum,
den ich Euch, liebe Mitbürger, seiner Sonderbarkeit wegen nicht
zu verschlveigen gesonnen bin.

An einem Hellen Morgen, so träumte mir, wanderte ich
über eine endlose Ebene. Der Than glänzte zu meinen Fiißen ans
dem weichen Grase, und in der Ferne sah ich mir ein langes,
langes Gebäude zublinken, dem ich, in Gedanken vertieft, cnt-
gegcnschritt.

Mir war so eigenthümlich wohlig zu Muthc; ich fühlte
keine Beschwerde, trotz des anstrengenden Marsches; ich athmete
so leicht — cs schien mir, als wäre ich wieder jung geworden,
und ich wunderte mich nur, daß ich trotz des Hellen lichten
Tages die Sonne nicht sah. Ich blieb stehen, schaute mich
nach allen Richtungen um — aber die Sonne war nicht auf-
zusinden. Sollte dieses alte Unternehmen auch „krachen" ge-
gangen oder insolvent geworden sein? dachte ich bei mir, und

eh' ich mich's versah, war ich dein langen und langweiligen

Gebäude nahe gekommen; es lvar einstöckig, im Style der

alten ärarischen Gebäude; aus der Zinne war ein Adler mit

einem Bündel vergoldeter Blitze angebracht und darunter stand:
„Verzehrungssteueramt."

In der Mitte des Hauses war eine Durchfahrt, und da
ich mir bewußt war, nichts Steuerbares bei mir zu haben, so
wollte ich durchpassiren, als mir der dort stehende Portier seinen
Stock entgegenhielt. „Halt!" rief er, „zuerst auf die Kanzlei."

„Entschuldigen," sagte ich, „ich habe nichts Steuerbares
bei mir; ich bin der Stadtrath Pimpelhuber, komme das
Stückchen Weg von Uttenroda her und nahm mir blos meine
Frühstückscigarrcn mit; sie sind wohl nicht die besten, allein
wenn ich Ihnen mit einer dienen darf —" und ich griff nach
meiner Rocktasche. Allein ich vermochte sic nicht zu finden; ich
suche und suche, und auf einmal sehe ich, daß ich gar keinen
Rock, ja nicht einmal die Hosen anhabe und dem Manne im
bloßen Hemde gegenüber stehe. Ihr könnt' Euch meine Ver-
legenheit vorstellcn.


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