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Mißlungene

Ich sorge dafür, daß Euere Pistolen blind geladen werden.
Gleich beim ersten Schüsse fällst Du mausetodt zusammen;
drittens: Während Hartmaun dem Gefängniß über die Grenze
entflieht, stehst Du ruhig wieder aus, und machst schleunig
Hochzeit. Voilä tout!"

Es bedurfte aller meiner Ueberredungskunst, bis Anselm
Breithahn aus meinen Plan einging. Nun besprachen wir noch
das Nähere und mit den Worten: „Auf morgen also!"

trennten wir uns in hosfnungssroher Stimmung. —

Beleidigung und Forderung waren programmmäßig vor
sich gegangen.

In den abgelegensten Theit eines nahen Wäldchens
wurde auf sechs Uhr Abends der Schauplatz des Duells verlegt.
Ich war Sekundant meines Freundes, und da der Gegner in
der Stadt nur wenige Bekannte hatte, verschaffte ich auch ihm
einen Sekundanten, der übrigens in unfern Plan eingeweiht
war. Die üblichen Beschwichtigungsversuche der beiden Gegner-
Verliesen ergebnißtos — im Gegentheile, es wurden sehr scharfe
Bedingungen vereinbart: zehn Schritte Distanz und Kuget-
wechsel bis zur Kampfunsähigkeit. Zitternd stellte sich mein
Freund aus den angewiesenen Platz — sein Gegner schien bleich,
aber ruhig. Auf mein Kommando: „Drei" sollten Beide zu
gleicher Zeit schießen. „Eins — Zwei — "

Bebend hob Anselm die Waffe urrd schloß die Augen . . .

„Drei!"

) hörte nur einen Knall
— mein Freund wankte und sank
zusammen, während die Pistole
seinen Händen entfiel. Die Sache
war so natürlich gegeben, daß ich
noch heute gegen meinen Freund
Anselm Breithahn den Verdacht
hege, es habe ihn Angesichts der
ungewohnten Situation eine kleine
Schwäche angewandelt, die sein Spiel wesentlich erleichterte.
Wir — nämlich ich und Hartmann's Sekundant — stürzten
sogleich aus den scheinbar in den letzten Zügen Liegenden zu,
hoben ihn auf und trugen ihn in meinen Wagen. Dann eilte
ich zu dem wie besinnungslos dastehenden Hartmann. „Er-
stirbt!" ries ich ihm zu, „er stirbt! — Fliehen Sie, wenn Ihnen

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Kriegslist.

Ihre Freiheit lieb ist!" — „Fliehen soll ich fliehen
wiederholte er tonlos — „und Mizi, mein Alles, mein
Leben soll ich verlassen?"

„Nun ja", versetzte ich ärgerlich, „was wollen Sie denn
Anderes thun? Sie sehnen sich doch nicht nach freiem Quartier
und Beköstigung aus Staatsmitteln? Und Ihre Mizi wird
sich wohl schwerlich aus Liebe mit Ihnen einsperren lassen!"

„Sie Haben Recht — o. Sie haben leider Recht! Es

bleibt mir kein Ausweg!"

„Also geschwind in den Wagen, und direkt zur Südbahn!
Um 8 Uhr geht der nächste Zug!"

Der Wagen rollte davon und häudereibend ging ich zu

meinen Freunden zurück und stieg zu ihnen in's Coupü, wo

inzwischen Anselm Breithähn wieder zu seinen fünf Sinnen ge-
kommen war.

„Alles klappt!" ries ich, stolz aus meinen gelungenen
Plan, „soeben ist er schon aus dem Weg über die Grenze,
und Deiner Mizi sagen wir nun, daß ihr ungetreuer Anbeter
sich auf Deine Drohung unbekannt wohin aus dem Staube
gemacht hat, und wohl nie zurückkehren diirste. Und in zwei
Tagen gibt's Hochzeit - denn wir müssen uns beeilen!"

So fuhren wir siegesbewußt in die Stadt zurück.

* rjc

*

Am nächsten Vormittag besuchte ich Anselm in feiner
Wohnung.

„Er ist vor einer Stunde weggegangen", sagte mir die
alte Haushälterin. — „Vortrefflich", dachte ich, „die Werbung
ist also im Gange." — Ich trat in sein Zimmer, setzte mich
behaglich in einen Lehnstuhl und zündete mir seelenvergnügt
eine Cigarre an.

Etwa ein Viertelstündchen mochte ich gewartet haben, als
ich heftig an der Hausglocke reißen hörte.

Bleich und erregt trat Anselm herein und sank, indem
er mir einen zornflammenden Blick zuwars, im nächsten Arm-
stuhl gebrochen zusammen.

„Um Gotteswillen, was gibt's?" rief ich in banger
Ahnung, „ist er nicht entflohen? Hat er sich freiwillig dem
Gerichte gestellt?"

Anselm antwortete nicht — er schlug sich nur, indem er
mich dabei höchst beteidigend ansah, mit der flachen Hand vor
die Stirn.

„So sprich doch!" rief ich gereizt, „ist Guido noch hier?"

„Er ist entflohen", sagte er tonlos, „ganz spurlos ent-
flohen. Aber er hat Mizi — meine theure Mizi..."

„Bei allen Göttern! Was hat er? Hat er sie ermordet?"

„Schwachtopf!" donnerte er mit empörendem Nachdruck,
„mitgenommen hat er sie — mitgenommen!"

Ich war vernichtet.

„O — o!" stöhnte er wieder und bearbeitete seine Stirne.

Ganz leise nahm ich meinen Hut und schlich wortlos aus
beiu Zimmer, den unglücklichen Anselm mit seinem großen
Schmerze allein lassend.

Aber ich habe miüs geschworen, in meinem Leben keinen
Ehestister mehr zu machen. Gelingt^ einem nicht, so hat man

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Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Mißlungene Kriegslist"
Weitere Titel/Paralleltitel
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Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
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Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Schlittgen, Hermann
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 93.1890, Nr. 2352, S. 67

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