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Deutsche Kriegszeitung — 1917

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Hefte 44-47, November 1917
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Nummer 47

7

seits alsbald mit entsprechenden Kräften
entgegengetreten, dte den Gegner zum
Rückzug bewogen. Auf den feindlichen
Schiffen und Zerstörern wurde nach ein-
wandfreier Beabachtung unserer Streit-
kräfte eine Reihe von Treffern erzielt.
Auch Flugzeuge von uns haben in das
Gefecht eingegrifsen und die englischen
Großkampfschiffe mit Bomben belegt."

Es wurden überhaupt in den letzten
Tagen wieder in der englischen Presse
recht bittere Urteile über die englische
Flotte abgegeben, von der feftgestellt
wurde, „daß der alte Ruhm fich im
Sinken befinde".

über das Gefecht mit 9 englischen Zer-
störern im Knttegatt hat der mittlerweile
nach Deutschland zurückgekehrte Kom-
mandant, Kapitänleutnant d. R. Lauter-
bach seiner militärisch vorgesetzten Stelle
folgende Angaben gemacht:

„Der Hilfskreuzer „Marie" befand sich
am 2. November auf einer Kreuzfahrt
ini Kattegatt und stand um 7 Uhr mor-
gens in der Nähe der schwedischen Insel
Kullen. Plötzlich schälten sich aus dem
leichten Morgennebel eine Reihe von
Zerstörern heraus, deren Nationalität
vorerst nicht zu erkennen war, die viel-
mehr im ersten Augenblick sür deutsche
Boote gehalten wurden. Die Zweifel
wurden jedoch sehr bald behoben, und die
mit schneller Fahrt herankommenden
Eegner konnten als Engländer festge-
stellt werden. Sie schlugen einen grohen
Bogen um die „Marie" und das Führer-
schiff heißte das Signal: „Zeigen Sie
Jhre Notionalflagge." Sobald die
Feinde als Engländer erkannt waren,
war „Klar Schiff zum Gefecht" ange-
.schlagen worden, die Kriegsflagge stieg
am Mast empor, und aus den Geschützen
der „Marie" flogen die ersten Granaten
nach den Feinden hinüber, die nun
ihrerseits auf nur 200 Meter Entser-
nung ein lebhaftes Feuer aus allen Ge-
schützen ervffneten. Obwohl es dem gut-
gezielten Feuer des deutschen chilfskreu-
zers mit wenigen Schüssen gelang, zwei
der Feinde außer Gesecht zu setzen, so
daß sie sich aus der Feuerlinie zurück-
ziehen muhten, war das sich tapfer weh-
rcnde kleine deutsche Schiff der Über-
macht doch nicht gewachsen, Treffer auf
Treffer flogen in die dünnen Eisenwände
hinein und setzten durch Explosion der
Munitionskammern das ganze Hinter-
schiff in Flammen. Als dann auch Gra-
naten in die Mafchine eingeschlagen
waren und ein aus, nächster Nähe ab-
gefeuerter Torpedo das hintere Schiff
auseinanderriß, gab der Kommandant
den Befehl, das Schiff zu verlassen. Ein
weiteres Verbleiben auf dem nunmehr

Llf Monate krlegsi

Am folgenden Tage wollte ich nach-
mittags nur ein wenig spazierengehen
und das Konzert im Jardin de Publique
besuchen. Gegen 2 U!hp nachmittags
verließ ich die „Alesund", um den be-
rühmten Garten aufzusuchen, mußte
mich aber nach kurzer Zeit wieder un-
fichtbar machen, denn an Land wimmelte
es von Soldaten, und ich konnte die
Wirtin vom gestrigen Tage noch nicht
vergessen. Als ich demzufolge meine
Schritte wieder heimwärts lenkte und
an einer russischen Bark, die am Kai
lag, nur einen Moment stehenblieb,
sollte ich zum zweiten Male einsehen
lernen, wie es um meine Sicherheit
und um das „Nur-auf-sich-Verlassen"
in Bordeaux bestellt war. Kaum war
ich neben dem Schiff stehengeblieben
und hatte mir die Takelage betrachtet,
da kam eine Dame in Begleitung zweier
Mädchen auf mich zu, grüßte und fragte,

gefechts- unß manövrierunfähigen, ftark
brennenden und in Rauch und Flammen
eingehüllten Schiff hätte nur noch mehr
Menschenleben gefordert. Der Komman-
dant begab sich mit einigen Leuten nach
dem Vorschiff, das weniger befchädigt
war, und versuchte, die kleine Jolle aus-
zusetzen.

Die übrigen Leute waren inzwischen
achtern über Bord gesprungen und zum
Teil von den Engländern aufgefischt
worden, woraus die Zerstörer, ohne den
Untergang der „Marie" abzuwarten,
eiligst davondampften. Bekanntlich
haben sie eine halbe Stunde später
wehrlose, friedlich ihrem Gewerbe oblie-
gende deutsche Fischdnmpfer ohne War-
nung versenkt und sogar noch die Ret-
tungsboote beschossen.

Als die Engländer aus Sicht gekom-
men waren, stieß die kleine Folle der
„Marie" mit 15 Mann von dem bren-
nenden sinkenden Hilfskreuzer ab, nach-
dem der Kommandant noch drei Hurras
aus Seine Majestät den Kaiser und das
Schiff ausgebracht hatte. Noch einmal
wurde um das todwunde Schifs herum-
gefahren, um vielleicht im Wasser trei-
bende Verwundete zu retten. Es wurde
jedoch keiner mehr angetroffen. Gegen
9 Uhr wurden die Schiffbrüchigen dann
von dem dänischen Dampfer „Dalgas"
aufgenommen und nnch Kopenhagen ge-
bracht. Dort sanden die Verwundeten,
darunter der Kommandant, dem ein
etwa eigroßes Sprengstück aus der Schul-
ter entfernt werden mußte, in dem
Städtischen Krankenhaus Aufnahme.
Diese war glänzend, die Einrichtung des
Hospitals hervorragend, die Hilfsbereit-
schaft des dänischen Personals über alles
Lob erhaben."

Aus diesem Bericht geht klar hervor,
daß die von englischer Seite über das
Seetreffen gebrachten Veröffentlichungen
nicht der Wahrheit entsprechen, daß viel-
inehr der Hilfskreuzer „Marie" sich bis
zum Äußersten gewehrt hat. So hat
in dem kaum zehn Minuten währenden
Gefecht das eine der hinteren Geschütze
allein 29 Schuß abgegeben. Bemerkens-
wert ist, wie eilig es die „englische Über-
macht" hatte, sich vom Kampfplatz zu
entfernen. Dadurch wurde es einein Teil
der Besatzung möglich, völlig unbehelligt
zu entkommen.

Vom U-Boot-Krieg ist zunächst die
Ansprache zu erwähnen, die der Kaiser
bei seinem Besuch an der adriatischen
Küste an die dortigen deutschen U-Boot-
Mannschaften hielt. Der Kaiser ging
davon aus, wie das Unterseeboot vor
dem Kriege noch als eine wenig ver-
trauenswürdige, bei den Manövern eher

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cfahrten eines cteutschen Torpe

kl- Zli'

welcher Nationalität das Schiff an-
gehöre. Jch antwortete als höflicher
Mann, diesmal englisch, „.7 U'out
nnOeistunü". Hierauf wiederholte sie
i'hre erfte Frage englisch. — Aha!
Wieder ein Verhör, wiederum aus hol-
dem Mund! Die Französin sollte die
russische Flagge nicht kennen, das schien
mir unmöglich und konnte nur eine
Falle fein, also: Sebastian, Vorsicht!

So antmortete ich: „Haben Sie denn die
Flagge nicht gesehen, es ist doch ein
Russe." — Sie dankte höflich und exa-
minierte weiter, ob ich denn ein Russe
fei. — Jch verneinte. — Dann sei ich
wohl ein Engländer? Als ich auch das
verneinte, sagte eine von den Müdchen
etwas in sranzösischer Sprache. Äch
hörte das Wort Allemagne heraus, auch
war mir bei diefem nicht endenwollenden
Jnteresse einer Dame an Schiffahrt und
letzten Endes an meiner Perfon doch

als unbeholfen empfundene Waffe galt.
Als dann aber der Krieg uns zwang,
mit unferer zahlenmähig so sehr unter-
legenen Marine, der grohen englischen
Seemacht entgegenzutreten, und die
Kriegsührung der Gegner uns nötigte,
zu den schärfsten Verteidigungmitteln zu
greisen, da trat das deutsche Untersee-
boot in seine große Wirksamkeit. Nach
seinen ersten überraschenden Erfolgen
habe sich dann das deutsche Volk dafür
aufs Höchste begeistert und in seinem
nunmehrigen Vertrauen fast unmögliche
Anforderungen an diefe Wafse gestellt.
Zu seiner großen Freude habe sich die
U-Boot-Waffe aber in ihrer ruhigen
Fortarbeit dadurch nicht stören lassen,
sondern habe sich ftetig und sicher zu einer
ungeahnten Höhe weiterentwickelt. —
Wenn man in den Anfängen des Krie-
ges eine Fahrt von 27 Stunden noch
kaum für möglich hielt, so ist heute eine
Reise von 3 bis 4 Wochen schon eine
Selbstverständlichkett geworden. Und
die Entwicklung sei noch nicht abge-
schlossen. Erreicht sei dies große Ergeb-
nis durch ein Zusammenwirken der fort-
schreitenden Technik der Konstrukteure
und der Mannestüchtigkeit der Besatzun-
gen. Iede Ersahrung des Ängenieurs
und des Kommandanten werde zur
Grundlage eines weiteren Fortschrittes.
So sei allmählich die Wasfe entstanden,
die heute die schwere Sorge Englands
wie der übrigen Gegner bilde.

Der Kaiser fuhr fort: „Es ist Mir da-
her eine Freude und ein Bedürfnis, den
deutschen U - Booten im Mittelmeer
Meine Freude und Anerkennung auszu-
sprechen. Die große TonnenZahl, die im
Mittelmeer versenkt ist, bezeugt, daß die
Wasfe den auf sie hier gesetzten Erwar-
tungen gerecht wird. Der U-Boot-Krieg
wird ausfchlaggebend mitwirken bei der
letzten Entscheidung des Krieges. Wenn
Jch euch jetzt in die Augen sehe, so tue
Äch es in der felsenfesten Überzeugung,
daß die Waffe nicht ruhen wird, bis der
Gegner bezwungen ist. Dazu gehört
selbstverständlich außer der Menfchen-
krast auch die Hilfe des Höchften. Noch
eben hat das U-Boot des Kapitänleut-
nants v. Arnauld erfahren können, was
die Hilfe des Himmels bedeutet. So
wünsche Jch euch, daß ihr besonnen und
tapfer dem Feinde zu Leibe geht, und
flehe den Segen des Höchsten auf euer
Tun herab."

Das U-Boot des Kapitänleutnants
v. Arnauld de la Peridre war gerade
von einer Fahrt zurückgekehrt, auf der
es in aufgetauchtem Zustande von einem
unter Wasser fahrenden feiudlichen
U-Boot mit vier Torpedoschüssen ange-

tI1I!IIIIIIIIIIl!I!IIl!!!>I!!>!!»»!!!!!»IIII!I»II»

lo-Uootsmannsmaoten von klcq

etwas schwül zumute geworden. Einige
Passanten, die augenscheinlich aus Neu-
gierde bei uns stehen geblieben waren,
horchten bei dem Wort Allemagne auf
und sahen mich — oder schien es mir nur
so — herausfordernd an. — So nahm
ich denn mein ganzes Schauspieler-
talent zusammen, lachte und rief:
„'7 um u l-Kninliouviuo, ä"on l.uo>v!"
Damit war mein weiblicher Examinator
zufrieden und ging höflich grüßend
weiter.

Mir war es ein Rätsel, daß ich an-
scheiuend so gut gemimt hatte. Mein
Lachen mußte sie beruhigt haben, eben-
so die Angabe, daß ich Skandinavier sei.
Absichtlich hatte ich das getan, weil man
in Bordeaux allgemein vorzüglich Spa-
nisch sprach; hätte freilich einer der Zu-
hörer mich in einer skandinavischen
Sprache angesprochen, dann würe ich
wohl der Lei-dtragende gewefen, Kurz-

griffen wurde. Der erste Torpedo ging
unter dem U-Boot hindurch, der zweite
sprang darüber weg, noch das Deck strei-
fend, der dritte und vierte gingen hart
vor und hinter dem Boot vorüber.

Jm übrigen wurden in den letzten
Tagen wieder 97 000 Tonnen versenkt,
außerdem füns große Dampfer, von
denen einer aus einem gesicherten Ge-
leitzuge herausgeschossen wurde. Einen
überaus empsindlichen Schlag erlitt die
englifche Marine an der Palästinaküfte.
Amtlich mußte aus London bekannt-
gegeben werden: „Ein englischer Zer-
störer und ein kleiner Monitor sind durch
ein feindliches Unterfeeboot versenkt wor-
den, während sie im Zusammenwirken
mit der Armee in Palästina operierten.
Von dem Zerstörer werden 7, von dem
Monitor 26 Mann vermißt."

Damit ist also zugegeben, daß die
große englische Flotte nicht einmal das
östliche Mittekmeer ungestört beherrfcht,
obwohl sie doch in Ägypten einen so
nahen Stützpunkt hat. Die Verluste sind
nicht so leicht, wie sie der Bericht dar-
stellen will, die Monitoren sind neue
Spezialschiffe, die sehr schwer bestückt
smd.

Welche Wirkungen übrigens der
U-Boot-Krieg bis in die entferntesten
Weltgegenden ausübt, geht aus einer
Botschaft des Ministerpräsidenten von
Australien, Hughes, hervor, in der er den
hoffnungslosen Tonnagezustand, soweit
die australischen Lebensbedürfnisse in
Frage koinmen, auseinanderfetzte. Sehr
bezeichnend ist, was er wörtlich über den
U-Boot-Krieg sugte: „Während der letz-
ten Woche sind 32 Schiffe versenkt wor-
den. Zugestandenerweise kann selbftver-
ständlich die Tonnage, die für uns selbst
gebaut wird, unter den besten Verhält-
nissen nie an unsere Bedürfnisse heran-
reichen. Die Kriegsnöte haben die eng-
lische Regierung gezwungen, alle Schiffe
zu requirieren, die unter britischer Flagge
segeln, und die wachsende Intensitüt des
U-Boot-Krieges und der dringsnde Be-
darf an Lebensmitteln sür Großbritan-
nien haben es unabwendbar gsmacht,
daß alle verfügbare Tonnage sich nur auf
den allerkürzesten Routen bewegt. Die
Folge davon ist, daß unsere australischen
Gemässer von dem uns zustehenden Ton-
nageanteil nahezu vollständig entblößt
sind. Es ist darum notwendig, den be-
stehenden Verhältnissen durch Anlage
großer Getreidespeicher und ähnliche
Aushilfsmittel Rechnung zu tragen."

Vielleicht dämmert auch den englischen
Dominions die Erkenntnis auf, wohin
sie durch das Mutterland geführt
werden. n c.

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entinien ;ur tzeimcit.

r«. Zoctsetzung

um, ich war froh, als ich wieder an Bord
war.

Bordeaux' Schönheiten waren mir
jetzt freilich durch die genossenen, nicht-
offiziellen Verhöre doch ziemlich ver-
leidet worden, ich zog es alfo vor, ge-
treu dem Wahlspruch: „Erst in der Be-
schränkung zeigt sich der Meifter!" mir
das Land lieber von der neutralen, aber
sicheren Planke der „Alesund" zu be-
trachten, und blieb die letzten Tage der
Hafenliegezeit an Bord. — Unsere Ba-
nanen waren inzwischen gelöscht worden,
und wir hatten neue Ladung genoinmen.
diesmal war es Holz, und zwar: „Gru-
benholz". Sein Anblick ließ mein Herz
nicht gerade ncit erhöhten Pulsen schla-
gen, denn ich kombinierte: Grubenholz,
Bergwerke, Kohlen — England.

Als wir eines Morgens in See ge-
gangen waren, fand ich meine Kombi-
nation bestätigt, wir waren nach
 
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