128
Reparaturen und spätantike Veränderungen
aus Spolien hergestellten Brunnen die Wasserversorgung der Privathäuser ersetzen muß-
ten. Vermutlich wurden bei den schweren Erdbeben des 3. und 4. Jh.s. die unterirdisch
verlegten Tonrohre beschädigt und das Wasserleitungsnetz damit funktionsunfähig. Als
Ersatz könnten die an vielen Stellen nachzuweisenden, schnell installierten Brunnen-
becken gedient haben, die mit neu verlegten Leitungen gespeist wurden. Dort konnte die
Bevölkerung nunmehr ihr Wasser schöpfen. Diese Überlegungen finden in den am
Hadrianstor beobachteten Installationen eine Stütze.
IV Spätantike Inschriften.
A Die Inschrift des Bogens (Nr. 3). Die Nordseite des großen Bogens, der die durch das
Tor hindurchführende Fahrbahn überspannte, erhielt in der Spätantike eine neue
Inschrift, wahrscheinlich eine Dedikation. Da hierfür die Faszien der primären Ausstat-
tung abgemeißelt wurden, ist zu vermuten, daß die Archivoltenstirn schon vorher eine
Weihe- oder Bauinschrift trug23 (vgl. o. S. 42f.). Diese Umgestaltung erfolgte erstnach dem
Taf. 24, Abb. so Sieg des Christentums (vgl. u. C), denn die Stirn des Bogenanfängers HT 17 (Taf. 24, Abb.
50) trägt ein lateinisches Kreuz. Das Kreuz ist nicht in der Schreibrichtung der Inschrift
(s. o. S 73f.) angeordnet, sondern im rechten Winkel dazu. Es basiert auf dem Kämpfer, ist
also nicht auf die Inschrift bezogen. Ähnlich ist das Kreuz vor einer Inschrift angeordnet,
die den Bogen des spätantiken ,Heraklestores4 24 auf dem oberen Embolos ziert. Das
Kreuz als Zeichen Christi wurde häufig an Stadt- und auch an Straßentoren eingemeißelt,
da diese an zentralen Stellen und Straßenkreuzungen standen. Der Vorgang wird mehr-
fach in frühchristlichen Berichten erwähnt25.
B Akklamation (Nr. 4). Auf die Bogenfüllung neben der Archivolte, den Stein HT 97
Taf. 26, Abb. 58 (Taf. 26, Abb. 58), wurde in einem Kreis eine Akklamation an die ,christlichen Kaiser4
und die ,Grünen4 geschrieben und mit dem Kreuz versehen. Die ursprüngliche Fassung
dieser Inschrift galt jedoch der Gegenpartei, der Zirkuspartei der ,Blauen4. Das Wort
ßrvETWv wurde eradiert, ist aber noch deutlich zu erkennen, und durch irpaaivcov ersetzt
(s. o. S. 74f.) - Nach Gregoire weist die Eradierung der Inschrift auf die Machtkämpfe
zu Beginn des 7 Jh.s n. Chr.; Kaiser Phokas (602—610) wurde von den ,Blauen4 favorisiert,
unterlag aber 610 Heraklius und dessen gleichnamigem Sohn, die von den ,Grünen4
unterstützt wurden26. Cameron folgt dieser Datierung, da in zwei anderen ephesischen
Akklamationsinschriften, die ganz in der Nähe des Tores auf Säulenschäften standen, die
beiden Kaiser Heraklius und Heraklius d. J. direkt angesprochen wurden27. Eine weitere
Akklamation ist mit dem aktuellen Wortlaut unserer Inschrift identisch, jedoch ohne
Rasur. Sie steht auf dem westlichen Pfeiler des Tores, welches die ,Marmorstraße4 südlich
des Theaters überspannte28.
23 Auch die Bauinschrift des Straßenbrunnens wurde in der Spätantike vollständig eradiert (IvE II 424
A); vgl. o. Anm. 12.
24 Zum Bau s. o. Anm. 1; der Bogenstein ist abgebildet bei Bammer, ÖJh 51, 1976—77, Beibl. 93ff. Abb. 6.
25 Z. B. in der Erzählung: The History of Saint John the Son of Zebedee, in Apocryphal Acts of the
Apostles, ed. und übers, von W. Wright (1871). S. auch Foss, Ephesus 34f. 37. Auch in der Erzählung der
Siebenschläferlegende wird ein Kreuz am Stadttor erwähnt, vgl. FiE IV,2 5ff., s. auch die bei Foss, a. 0.
Abb. 10 wiedergegebene Illustration aus einem sizilianischen Manuskript des 14. Jh.s.
26 Gregoire, Recueil des Inscriptions grecques-chretiennes d’Asie Mineure (1922) Nr. 114(5).
27 Cameron, Circus Factions (1976) 148.
28 Gregoire, a. 0. 114(3); IvE 6 Nr. 2090(a); abgebildet in Foss, Ephesus Abb. 2.
Reparaturen und spätantike Veränderungen
aus Spolien hergestellten Brunnen die Wasserversorgung der Privathäuser ersetzen muß-
ten. Vermutlich wurden bei den schweren Erdbeben des 3. und 4. Jh.s. die unterirdisch
verlegten Tonrohre beschädigt und das Wasserleitungsnetz damit funktionsunfähig. Als
Ersatz könnten die an vielen Stellen nachzuweisenden, schnell installierten Brunnen-
becken gedient haben, die mit neu verlegten Leitungen gespeist wurden. Dort konnte die
Bevölkerung nunmehr ihr Wasser schöpfen. Diese Überlegungen finden in den am
Hadrianstor beobachteten Installationen eine Stütze.
IV Spätantike Inschriften.
A Die Inschrift des Bogens (Nr. 3). Die Nordseite des großen Bogens, der die durch das
Tor hindurchführende Fahrbahn überspannte, erhielt in der Spätantike eine neue
Inschrift, wahrscheinlich eine Dedikation. Da hierfür die Faszien der primären Ausstat-
tung abgemeißelt wurden, ist zu vermuten, daß die Archivoltenstirn schon vorher eine
Weihe- oder Bauinschrift trug23 (vgl. o. S. 42f.). Diese Umgestaltung erfolgte erstnach dem
Taf. 24, Abb. so Sieg des Christentums (vgl. u. C), denn die Stirn des Bogenanfängers HT 17 (Taf. 24, Abb.
50) trägt ein lateinisches Kreuz. Das Kreuz ist nicht in der Schreibrichtung der Inschrift
(s. o. S 73f.) angeordnet, sondern im rechten Winkel dazu. Es basiert auf dem Kämpfer, ist
also nicht auf die Inschrift bezogen. Ähnlich ist das Kreuz vor einer Inschrift angeordnet,
die den Bogen des spätantiken ,Heraklestores4 24 auf dem oberen Embolos ziert. Das
Kreuz als Zeichen Christi wurde häufig an Stadt- und auch an Straßentoren eingemeißelt,
da diese an zentralen Stellen und Straßenkreuzungen standen. Der Vorgang wird mehr-
fach in frühchristlichen Berichten erwähnt25.
B Akklamation (Nr. 4). Auf die Bogenfüllung neben der Archivolte, den Stein HT 97
Taf. 26, Abb. 58 (Taf. 26, Abb. 58), wurde in einem Kreis eine Akklamation an die ,christlichen Kaiser4
und die ,Grünen4 geschrieben und mit dem Kreuz versehen. Die ursprüngliche Fassung
dieser Inschrift galt jedoch der Gegenpartei, der Zirkuspartei der ,Blauen4. Das Wort
ßrvETWv wurde eradiert, ist aber noch deutlich zu erkennen, und durch irpaaivcov ersetzt
(s. o. S. 74f.) - Nach Gregoire weist die Eradierung der Inschrift auf die Machtkämpfe
zu Beginn des 7 Jh.s n. Chr.; Kaiser Phokas (602—610) wurde von den ,Blauen4 favorisiert,
unterlag aber 610 Heraklius und dessen gleichnamigem Sohn, die von den ,Grünen4
unterstützt wurden26. Cameron folgt dieser Datierung, da in zwei anderen ephesischen
Akklamationsinschriften, die ganz in der Nähe des Tores auf Säulenschäften standen, die
beiden Kaiser Heraklius und Heraklius d. J. direkt angesprochen wurden27. Eine weitere
Akklamation ist mit dem aktuellen Wortlaut unserer Inschrift identisch, jedoch ohne
Rasur. Sie steht auf dem westlichen Pfeiler des Tores, welches die ,Marmorstraße4 südlich
des Theaters überspannte28.
23 Auch die Bauinschrift des Straßenbrunnens wurde in der Spätantike vollständig eradiert (IvE II 424
A); vgl. o. Anm. 12.
24 Zum Bau s. o. Anm. 1; der Bogenstein ist abgebildet bei Bammer, ÖJh 51, 1976—77, Beibl. 93ff. Abb. 6.
25 Z. B. in der Erzählung: The History of Saint John the Son of Zebedee, in Apocryphal Acts of the
Apostles, ed. und übers, von W. Wright (1871). S. auch Foss, Ephesus 34f. 37. Auch in der Erzählung der
Siebenschläferlegende wird ein Kreuz am Stadttor erwähnt, vgl. FiE IV,2 5ff., s. auch die bei Foss, a. 0.
Abb. 10 wiedergegebene Illustration aus einem sizilianischen Manuskript des 14. Jh.s.
26 Gregoire, Recueil des Inscriptions grecques-chretiennes d’Asie Mineure (1922) Nr. 114(5).
27 Cameron, Circus Factions (1976) 148.
28 Gregoire, a. 0. 114(3); IvE 6 Nr. 2090(a); abgebildet in Foss, Ephesus Abb. 2.