Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
3. Baubeschreibung und Rekonstruktion

3.2 Reste in situ
3.2.1 Vorbemerkung
Auf Grund der lange zurückliegenden Ausgrabung des Bauwerks sowie der Aufstellung einer Architekturprobe im Jahr 196288 ist eine
Feststellung der in situ befindlichen Reste (Taf. 1, 1; 8; 11, 1-2; 13, 1-2) nur unter Zuhilfenahme der vorhandenen Unterlagen möglich;
dennoch kann nicht in allen Fällen eine eindeutige Aussage getroffen werden. Auf folgende Dokumentation kann dabei zurückgegriffen
werden:
- Grabungsbericht Franz Miltners in den „Jahresheften des Österreichischen Archäologischen Institutes“ mit der schematischen
Grundrißaufnahme durch K.-H. Göschl89
Bericht Miltners im „Anzeiger der philosophisch-historischen Klasse der Österreichischen Akademie der Wissenschaften“, der
gleichlautend in der Reihe „Türk Arkeoloji Dergisi“ abgedruckt wurde90
- Handschriftliches Tagebuch Miltners aus den Grabungsjahren91
Fotodokumentation der Ausgrabung und der Tätigkeit von H. Pellionis92 (Taf. 2, 1-5, 1)
Grundrißaufnahme und Schnitte durch das Bauwerk von H. Pellionis93 (Taf. 9, 1-2), die den Zustand von 1962 wiedergeben
Von H. Pellionis erstellte Skizze mit der Lage der Werkstücke bis September 1962, auf dem die in situ befindlichen numeriert sind.94
Teilweise sind diese Aufzeichnungen lückenhaft oder nicht eindeutig zu interpretieren: Beiden vom Ausgräber publizierten Grabungsberichten
steht, entsprechend einem der Schwerpunkte der damaligen Tätigkeit, die gefundene Skulpturenausstattung im Vordergrund95. Ähnliches
gilt für das handschriftliche Tagebuch. Deshalb ist es unwahrscheinlich, daß eine - heute jedenfalls nicht vorhandene - Dokumentation
der Sturzlage der Bauglieder in zeichnerischer Form jemals existierte96. Auf eine Sturz- bzw. Fundlage konnte Pellionis zu Beginn seiner
Tätigkeit keine Rückschlüsse mehr ziehen, da er einen „aufgeräumten“ Zustand vorfand, der im Zuge der Grabungstätigkeit Miltners her-
gestellt worden war. Ähnlich problematisch ist daher die von ihm vorgenommene Markierung der „Werkstücke in situ“ in der betreffenden
Skizze sowie in der Grundrißaufnahme und in den Schnitten. Wie auch die fotografische Dokumentation der Ausgrabung zeigt (Taf. 4, 2;
5, 1), wurden nämlich bereits im Zuge derselben in erster Linie Postamente und Basen, aber auch Statuen wieder an ihren vermuteten ur-
sprünglichen Standort versetzt und die übrigen Bauglieder aus ihrer Fundlage bewegt. Deshalb ist für alle einzelnen Elemente und in Frage
kommenden Bauglieder gesondert zu diskutieren, ob sie sich in situ befinden.
Die Beschreibung geht von der Straße aus und erfolgt vom Becken aufsteigend nach oben. Obwohl die Kuretenstraße aus dem orthogonalen
Straßenraster der Stadt herausgedreht ist, folgt die Verwendung der Himmelsrichtung in der Baubeschreibung der Einfachheit halber dem
üblichen Schema: Die Rückwand wird gleichzeitig als N-Seite, die beiden Seitenflügel werden mit W- und O-Seite bezeichnet.
3.2.2 Schöpfbecken
Grundsätzlich ist am gesamten Bau festzustellen, daß die W-Seite einen weniger guten Erhaltungszustand aufweist als die O-Seite; dies trifft
auch auf das Schöpfbecken zu. Die Bodenplatten sind bis zum südlichen Punktfundament des W-Flügels erhalten. Sie bestehen ebenso wie
jene des Hauptbeckens aus rechteckigen Quarzsandsteinplatten unterschiedlicher Größe, die teilweise längs, teilweise quer zur Ausrichtung
des Schöpfbeckens verlegt sind (Taf. 8). Ihre Länge beträgt 82 bis 160 cm, ihre Breite 43 bis 76 cm. Soweit an einigen Fehlstellen meßbar, sind
sie ca. 8 cm dick. Wie am W-Ende zu sehen, waren die Abschrankungsplatten des Schöpfbeckens in die Vertiefung eines Fundamentstreifens
aus Marmor oder Kalkstein gesetzt (Taf. 9, 2, Schnitt B-B). Vor dem westlichen Seitenflügel ragt aus dem teilweise erhaltenen Mörtelbett
der Bodenplatten ein vertikales Tonrohr (Dm 22 cm), dessen Innenseite und unmittelbare Umgebung stark versintert sind. Wie auf Fotos
sichtbar (Taf. 10, 1), war das Tonrohr zum Zeitpunkt der Grabung über das Niveau der Bodenplatten hinaus erhalten97.

88 s. Kap. 2.1 bzw. 2.3.
89 Miltner, Grabungsbericht 1957, 326-346. Abb. 171. 173-186.
90 Miltner, Bericht ÖAW 1957, 83 f.; wortident: Miltner, Bericht 1957 TAD, 21.
91 Die entsprechenden Tagebucheinträge sind im Anhang zusammengestellt, das Original
befindet sich im Archiv des ÖAI (Wien).
92 Die Fotodokumentation im Archiv des ÖAI vorhanden. Relevante Abbildungen finden
sich im Abbildungsteil.
93 Die Originale befinden sich im Planarchiv des ÖAI.
94 Das Original befindet sich im Planarchiv des ÖAI.

95 Bei den insgesamt 15 Abbildungen im Grabungsbericht 1957 handelt es sich um ein
Foto des Nymphäums während der Ausgrabung und einen rekonstruierten Grundriß,
die übrigen Aufnahmen stellen Skulpturen dar.
96 Auf der „Skizze der Lage der Werkstücke bis Sept. 1962“ besitzen zahlreiche Stücke
eine „alte Numerierung“, bei der es sich offenbar um Fundnummern handelt. Diese
dürften allerdings erst am 10. August 1958 im Zuge der Aufnahmearbeiten vergeben
worden sein, vgl. den entsprechenden Tagebucheintrag im Anhang.
97 Zu Überlegungen zur Funktion des Rohres als Zuleitung zu einer Art „Trinkbrunnen“
vgl. Kap. 8.2.

9
 
Annotationen