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V Architekturausstattung

1 ZUR ARCHITEKTURAUSSTATTUNG IM ERDGESCHOSS
Die Architekturteile des EG werden im Folgenden in drei Gruppen gegliedert, die in unterschiedlichen Bauphasen in der WE 6 eingebaut
wurden.
Die Hauptgruppe bilden die zwölf Säulenstellungen des Peristylhofes 31a. Sie bestehen aus attischen Basen, die vollständig - durchwegs
in situ - erhalten blieben, glatten Säulen, die ebenfalls vollzählig sind und zehn Blattkelchkapitellen. All diese Bestandteile der Säulen-
stellungen wurden für die primäre Errichtung der WE 6 in Bauphase I in der frühen Kaiserzeit gefertigt und im Peristylhof 31a verbaut
(Taf. 326).
Steinerne Gebälke hingegen kommen in der WE 6 und im gesamten H 2 (und Hl) nicht vor. Die Säulenstellungen wurden von mächtigen
Architravbalken aus Holz überspannt, von denen ein Abdruck in einem Balkenloch im Hof 31a in der O-Wand erhalten war1. Von den
Balken selbst blieben nur Ascheschichten und Holzkohlereste übrig. Folglich wissen wir auch nicht, wie diese Balken gestaltet waren.
Sie können weiß oder farbig gestrichen, mit Stuck verkleidet oder - wie die Decke im Marmorsaal2 - mit geschnitzten Reliefs dekoriert
gewesen sein.
Eine zweite Gruppe von architektonischen Ausstattungsteilen ergeben die Schrankenplatten, die als Rückwand der Brunnenanlage WB-
A3 zwischen den Säulen und Basen der S-Kolonnade eingebaut wurden (Taf. 19.10). Diese Abschrankung erfolgte im Kontext einer
weitreichenden Umgestaltung und Neuausstattung der WE 6 in Bauphase II, zu der auch der Ausbau des Festsaales 31 gehörte (Taf.
328). Die Schrankenwand wurde im Kontext mit einer Badeanlage im O-Umgang 31aO eingebaut. Gleichzeitig wurden zwei Marmortür-
rahmen A 38 und A 40 in der Flucht der Schrankenwand im O-3 und im W-Umgang aufgestellt. Sie waren mit zusätzlichen Schrankenplat-
ten mit den Ecksäulen und den Wänden des Hofes verbunden. Ein dritter Marmortürrahmen A 44 bildete das Eingangsportal von der S-
Halle der Kuretenstraße in das Vestibulum I, er dürfte gleichzeitig mit den beiden anderen Rahmen, d. h. in Bauphase II zu datieren sein.
In Bauphase III, im mittleren 2. Jh. n. Chr., wurden zwei Inschriften tragende Statuensockel A 42 und A 43 neben dem Aufgang in den
Apsidensaal 8 im Raum 36 aufgestellt (Taf. 330; 30.24).
In Bauphase IV wurde der Marmorrahmen A 40 vom O-Umgang in den S-Umgang versetzt (Taf. 332; 24.8-9); gleichzeitig wurden die
Schrankenplatten A 41 umgesetzt und großteils ersetzt. Im Bereich des Marmortürrahmens A 38 wurden Reparaturarbeiten durchgeführt
und im Zuge dieser Arbeiten die Schrankenplatten A 39 erneuert.

1.1 Säulenstellung und Architektur im Erdgeschoss
Für die zwölf im Peristylhof verbauten Säulenstellungen wurde eine korinthisierende Ordnung gewählt. Die Basen A 1 - A 12 wurden
in kanonisch attischer Form aus weißem, wohl lokalem Marmor, teils mit grauen Schlieren, gefertigt. Das Profil der Basis (Taf. 42.1)
entspricht frühkaiserzeitlichen Formen, die Oberfläche ist poliert; die Ansätze des unteren Torus von der Plinthe und des oberen Torus
von der oberen Leiste des Trochilus sind durch tiefe Einschnitte und Rillen abgesetzt, die Rundungen und Aushöhlungen sind sorgfältig
und mit hoher Spannkraft gebildet.
Aus den Aufzeichnungen von Wiplinger4 geht hervor, dass die Basis A 11 (S 32 Taf. 42.1) und die Basis A 12 im oberen Auflager zwei
DL hatten, während alle anderen ein DL aufweisen. Infolge der Anastylose sind die oberen Auflager der Basen seit 1988 nicht mehr zu-
gänglich, eine zeichnerische Dokumentation existiert nur für Basis All.
Die markante Profilierung der Basen und die Form der tief eingeschnittenen Profile entspricht einer attischen Basis des W-Tors der
unteren Agora5, das Tor entstand gleichzeitig mit der Agora in der frühen Kaiserzeit. Auch die Basen anderer ephesischer Bauten der
frühen Kaiserzeit, wie z. B. der Basilika6 an der oberen Agora weisen dieselben sorgfältig und tief unterarbeiteten Torusansätze auf. Ein
Vergleich mit der sog. domus im H 1 zeigt, dass dort - so wie auf der Agora selbst - die Basen in ephesischer Form ausgeführt waren7.

1 Vgl. dazu den Bericht in Wiplinger, Arbeitsbericht 1988, 6.
2 Dazu s. Thür, Kap. VI. 1.1.
3 Der Marmorrahmen der O-Tür wurde in Bauphase IV in den S-Umgang versetzt;
auch der Marmorrahmen im W-Umgang wurde in Bauphase IV repariert.
4 Wiplinger, Arbeitsbericht 1988, 5.

5 Alzinger, Augusteische Architektur, 66 Abb. 57; Scherrer - Trinkl, Tetragonos
Agora, 23-27.
6 Alzinger, Augusteische Architektur, 26-36; E. Fossel, Die Basilika am Staats-
markt (1982).
7 Jenewein, Architekturdekoration, 89.

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