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Hochschule für Industrielle Formgestaltung [Hrsg.]
Kolloquium zu Fragen der Theorie und Methodik der Industriellen Formgestaltung — 7 Teil 1.1983

DOI Artikel:
Nagy, Mária Éva: Die Rolle der Gesellschaftswissenschaften in der Ausbildung von Formgestaltern
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https://doi.org/10.11588/diglit.30599#0135

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mente der entfalteten sozialistiscnen Lebensweise, wie sie der
Lebensweise der "Konsumentengesellschaft" entspringende V^ir-
kungen, sowie die Momente der Lebensweise der ehemaligen soge-
nannten vornehmen Mittelklasse umfassen. Unter den verschiede-
nen Lebensweise-Modellen wirkte und wirkt auch heute noch in
breiten Kreisen das Modell einer kleinbürgerlichen Lebensv/eise.

Die so starke Portexistenz der kleinbürgerlichen Lebensweise
erklärt Zsuzsa Perge, eine der führenden ungarischen Soziolo-
gen, folgendermaßen:

Infolge der speziellen gesellschaftlichen Entwicklung in Ost-
Europa war die Struktur der Gesellschaften östlich der Elbe
deformiert. In diesen Gesellschaften befinden sich solche Klein-
und Zwergbauern in bedeutender Zahl, die ein halb proletari-
sches, ein halb kleinbürgerliches Leben lebten, und die eben
von der Befreiung die Verwirklichung ibrer lange erhofften,
aber in der früheren Gesellschaftsformation verhinderten klein-
bürgerlichen Bestrebungen erwarten. "Gleichzeitig wollten die
größten Massen cer Gesellschaft, die unter den Bedingungen
kleinbürgerlichen Daseins lebten, einfach die elementaren Le-
bensbedingungen für sich sichern, und zwar schien das klein-
bürgerliche Dasein für sie ein hoffnungslos unerreichbares
höchstes Lebensniveau zu sein; trotz allem sahen sie dieses
Dasein als das einzige ihnen nahestehende Dasein an, denn es
bedeutete für sie die einzig vorstellbare Verbesserung, die
mittels der gesellschaftlichen Umwandlung für sie erreichbar
schien. Paradoxerweise konnten diese Schichten nur dadurch ihre
früheren kleinbürgerlichen Bestrebungen verwirklichen, indem
die materielle Basi.s des Kleinbürgertums infolge der histo-
rischen Entwicklung aufgehört hat zu existieren."

Die Verbreitung der kleinbürgerlichen Lebensweise stellt also
das Ergebnis einer speziellen osteuropäischen sozialökonomi-
schen Entwicklung dar. Diese Lebensweise kann man nicht da-
durch verändern, daß s..e einfach abgestreift und em neues Le-
bensweise-Modell postuliert wird.

Zur Verbreitung der sozialistischen Lebensweise ist die Kennt-
nis der Leitbilder nicht ausreichend; wir sollten auch die

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