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Fraenger, Wilhelm
Hieronymus Bosch "Das Tausendjährige Reich": Grundzüge einer Auslegung — Coburg, 1947

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https://doi.org/10.11588/diglit.29109#0146
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DAS TAUSENDJAHRIGE REICH

begriffen haben, zu einer wohidurchda&ten Ordnung ab. Der Gliederung in drei horizon-
taie Zonen entspriAt ein dreigestufter Aufstieg, der sich vom L e i b zur S e e i e und zum
G e i s t erhebt. Im Vordergrunde überwiegt das 'Weib ais mütteriicher Schoß der Schöp-
fung, im Mitteigrund die zeugerische Seeienkraft des Mannes, wogegen auf der dritten Stufe
die Geschlechter in der Voilkommenheit des Genius ineinander übergehen.

Innerhaib dieses dreiteiiigen Organismus wirkt eine unsichtbare Giiederung, die — auf
die Anbringung von Wegweisern und optischen Markierungen verzichtend — den magi-
schen Spirituaiismus unsres Maiers in seiner kühnsten Voiimacht zu erkennen gibt. Haben
doch die zwei Dreiecke, die ais pythagoräische Grundbuchstaben in das Konzept der Tafei
eingezeichnet waren, ais pneumatisAesPrinzipzu geiten, das in Zusammenwir-
ken mit der kardinalen MitteiaAse, das Biid des Werdens und erfüiiten Seins durchdringt,
um es zu einem Gegenbiid ätherischen Entwerdens aufzuiösen.

Diese unsichtbar wirksame DurAstrahiung durch eine absinkende Todesbahn und eine
aufsteigende Jenseitsachse setzt unsre Tafei in genaueste EntspreAung zur Leitidee des
„Garten Eden". Wie dort der dreiköpfige Ibis als der Tod das Sprungbrett der iebendigen
Entfaitung biidet, ist auA im „Tausendjährigen ReiA" das offene Grab die eigentiiAe Le-
benspforte und hier wie dort steiit siA das Ewige Leben im Glast der Paradiesesbrunnen
dar. W^o Ausgangspunkt und Ziei identisch sind, muß auA die Mitte, das heißt: die Achse,
weiAe Tod und Seiigkeit verknüpft, identisA sein und demzufoige C h r i s t u s, wie im
Garten Eden, so auA im Tausendjährigen ReiA den „Mittier" biiden. Dort steiite sich der
„M e n s ch e n s o h n" ais Schöpfer in ieibhaftiger Erscheinung dar. Hier offenbart siA
der „E r 1 ö s e r" in der geisthaften Wirkung der Unsterbiichkeitssymboie: FisA und Schmet-
terling. Das in den Dreiecken des Lebens und des Todes einbeschlossene Bekenntnis, dem
jedenfalis die Steiie aus dem Römerbrief Kap. 1^,8 zu Grunde iiegt, umkiammert aiso eine
Christus-Achse, in weicher — in der unsichtbaren Kraft des heiiigen Geistes — der
„Herr des Himmeis und der Erde" die Lebensiinie des Tausendjährigen ReiAs
durAwirkt.
 
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