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4 Das Lösen komplexer Probleme:
Grundlegende Ideen

4.1 Kennzeichen komplexer Probleme

4.1.1 Komplexität

4.1.2 Vernetztheit

4.1.3 Dynamik

4.1.4 Intransparenz

4.1.5 Polytelie

4.1.6 Abschließende Überlegungen

4.3 Kontroverse Standpunkte zur For-
schungsmethodik

4.3.1 Der »richtige« Gegenstand

4.3.2 Die »richtige« Art der Theorie

4.3.3 Geeignete Methoden zur Prü-

fung von Theorien
4.3.4 Abschließende Bemerkungen

zu den Kennzeichen

zur Kontroverse

4.2 Historische Entwicklung

4.4 Zusammenfassung

Warum hinterlassen die Untersuchungen mit einfachen Problemstellungen ein
Unbehagen? Ist es nicht aufschlussreich genug zu wissen, wie man Streichholzprob-
leme löst? Kann man nicht die dort gewonnenen Erkenntnisse auf andere Prob-
lemstellungen übertragen? Tatsächlich kommt das Unbehagen daher, dass es prin-
zipielle und nicht nur graduelle Unterschiede zwischen einem Streichholzproblem
und dem Problem der Überbevölkerung gibt. Aber nicht nur Weltprobleme unter-
scheiden sich von Streichholzproblemen: Viele alltägliche Probleme (Soll ich wegen
besserer Verkehrsanbindung zum Arbeitsplatz umziehen? Liebt meine Partnerin
mich wirklich? Wie kann ich die Raten für mein neues Fahrrad finanzieren?) sind
von anderer Natur - sie sind von ihrem Problemraum her offen und ihrer Natur
nach ebenso wissensintensiv wie emotionsgeladen. Welche Aussagekraft haben
also die Bearbeitung des (geschlossenen) Turm von Hanoi oder eines (wissens-
armen) kryptarithmetischen Problems für die Bewältigung von alltäglichen Prob-
lemen?

Die hier aufgeworfene Frage nach der Validität einfacher Problemstellungen in
Hinblick auf lebensweltlich bedeutsamere Probleme war eine der Triebfedern für
die Entstehung eines neuen Forschungszweigs. Die ersten Arbeiten dazu erschienen
im Jahre 1975 (Dörner, 1975; Dörner, Drewes & Reither, 1975). Diese Datierung
ist sicher nicht ganz zufällig: Zum einen war dies eine Zeit, in der man auch als
Psychologe und nicht nur als Physiker Zugang zu Großrechnern erhielt, zum
anderen wurden Anfang der 70er Jahre etwa durch die Arbeiten des »Club of
Rome« die Grenzen des Wachstums aufgezeigt (z. B. Meadows, Meadows, Zahn
& Milling, 1972). Die »Ölkrise« 1973 tat ein Übriges, indem sie auf die Ab-
hängigkeit der Erste-Welt-Länder von der Rohölversorgung und auf das Problem
nicht erneuerbarer Ressourcen verwies.

Was in diesen frühen Arbeiten geleistet wurde, war bahnbrechend. Versuchs-
personen mussten keine Puzzles lösen oder Scheiben vom Ausgangs- auf den Ziel-
Stab verschieben, sondern sie wurden in eine Art Rollenspiel versetzt, bei dem sie

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