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6 Problemlösendes Denken aus Sicht verschiedener Teildisziplinen

nommen, so wie wir unser Fach auch im Rahmen der universitären Lehre segmen-
tieren. Im Grundlagenbereich gehören dazu neben der Allgemeinen Psychologie die
Fächer Entwicklungspsychologie, Sozialpsychologie sowie Differenzielle Psycho-
logie und Persönlichkeitspsychologie. Im Anwendungsbereich, der im darauf fol-
genden Teil dargestellt wird, sollen dann die drei großen Teilgebiete der Pädagogi-
schen Psychologie, der Arbeits-, Betriebs- und Organisationspsychologie sowie der
Klinischen Psychologie beleuchtet werden.

6.1 Allgemeinpsychologische Befunde:
Wechselwirkungen mit verschiedenen
psychischen Funktionen

Viele der bisher vorgestellten experimentellen Untersuchungen zum Lösen kom-
plexer Probleme stammen aus dem Bereich der Allgemeinen Psychologie. Dennoch
sollen hier noch einmal ein paar Studien herausgegriffen werden, die exemplarisch
den Einfluss bestimmter Größen wie Lernen, Emotion und Motivation auf das
Problemlösen dokumentieren.

6.1.1 Lernen und Gedächtnis

In einer systemtheoretisch inspirierten Arbeit haben Heineken, Arnold, Kopp und
Soltysiak (1992) die Frage geprüft, ob die Befunde zur fehlerhaften Kontrolle
dynamischer Systeme (»Logik des Misslingens«, Dörner, 1989b) nicht auf die
Tatsache zurückgeführt werden könnten, dass die zum Lernen der Regelhaftig-
keiten notwendige Zeit einfach zu kurz ausgefallen war. Folgerichtig gestalteten die
Autoren ein Experiment, in dem 36 Versuchspersonen insgesamt 6 Durchgänge zu
je 200 Interaktionen mit einem dynamischen System Temperatur zu bearbeiten
hatten. Dieses System bestand aus einer Strukturgleichung, in der die zu regelnde
Temperatur im Wesentlichen von der Temperatur zum vorherigen Zeittakt sowie
einer manipulierbaren Stellgröße abhing, die entweder mit 0, 2 oder 8 Takten
Verzögerung Wirkung entfaltete. Wenig überraschend war der Befund, dass Zeit-
verzögerung die Steuerungsleistung verschlechterte (vgl. hierzu auch Kapitel
5.5.3). Interessant ist hier vielmehr der Nachweis, dass mit zunehmender Übung
sowohl die Güte der Regelung zugenommen als auch die Latenz der Entschei-
dungszeiten abgenommen haben. Dies galt auch unter den Bedingungen zeitver-
zögerter Wirkungen. Allerdings waren sich die Versuchspersonen der zugrunde
liegenden Regelungsfunktion auch dann nicht bewusst. Ein Hinweis auf die ver-
borgenen Zeitverzögerungen erwies sich nicht als effektiv. Dennoch ziehen die
Autoren den optimistischen Schluss (S. 147): »Die dargestellten Befunde zeigen,
dass der Mensch sich eigentlich recht vernünftig verhält und strategisch vorgeht.«

Den Einfluss des Gedächtnisses auf das Bearbeiten des komplexen Szenarios
Mondlandung konnten Hussy und Granzow (1987) nachweisen, indem sie die
Größe des externen Gedächtnisses (die auf dem Bildschirm sichtbaren Prob-
leminformationen) und damit indirekt die Belastung des internen Gedächtnisses

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