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7.2 Was sind die wichtigen offenen Fragen?

a) Erweiterung des Gegenstandsbereicbs. Ganz unbestreitbar gehören komplexe
Probleme heute zum Gegenstandsbereich der Problemlöseforschung dazu. Sie
haben die Forschung zu einfachen Problemen aber nicht verdrängt. Vielmehr
besteht eine Ko-Existenz verschiedenster Problemtypen, von denen die kom-
plexen Probleme am schnellsten ihren Weg in den Anwendungsbereich finden.
Komplexe Probleme könnten zu einer Prüfinstanz für Theorien werden, die an
einfachen Problemen entwickelt wurden. Inwiefern das Spannungsverhältnis
zwischen beiden Forschungsbereichen fruchtbar gemacht werden kann, muss
sich zeigen.

b) Beschreibung neuer Phänomene. Mit dem neuen Gegenstandsbereich verbun-
den ist die Akzentuierung neuer Phänomene wie z. B. der Notfallreaktion des
intellektuellen Systems oder der engen Verknüpfung von Kognition und Emo-
tion. Auch wenn die von Dörner (1992) geforderte Phase des »Schmetterlings-
sammelns« (also des bloßen Beschreibens von Phänomenen) noch nicht abge-
schlossen sein dürfte, wird dem Erklären derartiger Phänomene heute mindes-
tens ebenso große Aufmerksamkeit gewidmet wie deren Beschreibung. Dies ist
Teil einer »reifen« Wissenschaft, die ihre Stärke in theoretischen Konstruk-
tionen zur Erklärung von Wirklichkeit sieht.

c) Verbesserungen der Untersuchungsmethodik. Nicht nur hinsichtlich der Be-
schreibung von Phänomenen, sondern auch hinsichtlich der Methoden ihrer
Erforschung sind wir heute ein Stück weitergekommen. Auch wenn sich am
Ende einer Methodendebatte keine singuläre Methode als Sieger rühmen kann,
ist doch das Verständnis der Schwächen wie Stärken einzelner Verfahren
gewachsen. Wir kennen die Werkzeuge in unserem Methodenkoffer zuneh-
mend besser - das ist der Erfolg kritischer Debatten über die richtige Art
Denkpsychologie zu betreiben.

d) Experimentelle Befunde als Rückgrat. Kern aller empirischen Wissenschaften
sind experimentelle Befunde, die - möglichst repliziert - den Grundstock der
Theorien abgeben und die »constraints« aufzeigen, innerhalb derer sich Theo-
riebildung bewegen kann. Hier haben 25 Jahre Forschung eine Menge zusam-
mengetragen, von der im vorliegenden Buch einiges zu lesen ist, auch wenn man
sich mehr Replikationen und vereinheitlichende theoretische Konzepte wün-
schen mag.

7.2 Was sind die wichtigen offenen Fragen?

Auch wenn der erreichte Stand Anlass zu positiven Bewertungen ist, sollten die
verbliebenen offenen Fragen nicht ausgeblendet werden, mit denen sich die Prob-
lemlöseforschung (aber nicht nur sie alleine) zukünftig beschäftigen muss. Diese
Fragen sollen abschließend gestellt werden. Die Anordnung der Themen erfolgt in
aufsteigender Reihung ihrer Wichtigkeit.

Bedeutung bildgebender Verfahren. Die Chancen, die in den modernen bild-
gebenden Verfahren liegen, mit denen die Neurobiologie des Gehirns zunehmend
differenzierter analysiert werden kann, werfen brisante Fragen auf wie z. B. diese:
Werden wir demnächst dem Gehirn beim problemlösenden Denken zusehen kön-

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