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Furtwängler, Adolf
Die antiken Gemmen: Geschichte der Steinschneidekunst im Klassischen Altertum (Band 3): Geschichte der Steinschneidekunst im Klassischen Altertum — Leipzig und Berlin, 1900

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https://doi.org/10.11588/diglit.825#0160
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SECHSTER ABSCHNITT.

Die griechischen Gemmen der hellenistischen Epoche.

(Tafel XXXI, 15—42. XXXII—XXXV. L, 13. 20. 30. 50. LH, 1. 3. 6. 7. S. LIII. LIV. LV. LVII, 1—3.
LIX, 1. 3. 4. 5. 7. S. g. 10. LXI, 43. 47. 4S. 57. 59. 61. I.XII, 3. LXIII, S. 12. 27. 36. LXIV, 18. 21. 5S.)

Der Strom der griechischen Kunst, der bis dahin innerhalb klar kenntlicher enger
Grenzen dahinfloss, erweitert sich in der Epoche nach Alexander zu gewaltiger Breite, so dass
sein Lauf und seine Ufer dem forschenden Auge oft undeutlich zu verschwimmen drohen.
Nicht drangt er sich mehr, ungeduldig vorwärts strebend, zwischen Bergen und Hügeln hin-
durch, wo denn jede Windung ein neues fassbares reizvolles Bild darbietet; die Ufer werden
eben und einförmig, und vergeblich sucht das Auge auf weite Strecken nach der Wechselfolge
fester Ruhepunkte. Während wir in der grossen Epoche des fünften und vierten Jahrhunderts
die griechischen Kunstwerke oft sogar nach Dezennien genau zu bestimmen vermögen, weil
der rasche Wechsel in den Erscheinungen des sich klar und gesetzmässig entwickelnden Stiles
wahrend dieser von Schöpfungskraft übersprudelnden Periode uns die festen Haltpunkte bietet,
so können wir die Denkmäler der hellenistischen Zeit zumeist nicht einmal nach dem Jahr-
hundert datieren und müssen uns leider oft begnügen, sie nur im allgemeinen in die Epoche
von ca. 300 bis ca. 100 v. Chr. zu setzen. Dies gilt für die Gemmen ebenso wie für die
Skulpturen. Freilich können wir die Grundzüge der Entwicklung wohl erkennen, und die
Erscheinungen am Anfange und die am Ende des Zeitraums sind erheblich und deutlich ver-
schieden; allein im einzelnen verschwimmen die Grenzen nur allzuoft, und namentlich ist die
griechische Kunst unter römischer Herrschaft im ersten Jahrhundert vor Chr. so sehr die
unmittelbare Fortsetzung der hellenistischen, dass es sehr oft nicht möglich ist, die Denkmäler
scharf zu sondern.

Unter der grossen Menge von geschnittenen Steinen, die wir mit vorsichtiger Bezeich-
nung der hellenistisch-römischen Epoche zuweisen und später behandeln, werden ohne Zweifel
viele sein, die noch der besten rein hellenistischen Periode, dem dritten bis zweiten Jahrhundert
angehören, denen aber sichere Kennzeichen fehlen, um dahin gesetzt zu werden. Wir können
nur einzelne Gruppen bestimmt ausscheiden, die sich durch Form, Technik, Stil oder Dar-
stellung so präzis charakterisieren, dass wir feste Haltpunkte zur Datierung haben.

Die Form der Siegelsteine, die in den vorangegangenen Epochen ein so untrügliches
Hilfsmittel der Datierung ist, verliert in dieser zumeist das Charakteristische. Skarabäus und
Skarabäoid verschwinden, und die des Charakteristischen ermangelnde Form des glatten, flachen,
undurchbohrten, für einen Ring bestimmten Siegelsteines wird die gewöhnliche. Es sind
namentlich Gemmen dieser Form, bei denen wir oft zweifelhaft bleiben, ob wir sie noch als
 
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