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Furtwängler, Adolf
Die antiken Gemmen: Geschichte der Steinschneidekunst im Klassischen Altertum (Band 3): Geschichte der Steinschneidekunst im Klassischen Altertum — Leipzig und Berlin, 1900

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https://doi.org/10.11588/diglit.825#0313
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NEUNTER ABSCHNITT.

Die griechisch-römischen Gemmen der augusteischen Epoche und der früheren
Kaiserzeit.

(Tafel XXXVI —LX; dazu XIII, 31. 43; XIV, iS. 19. 21. 28; LXI, 21. 37. 4'- 44—46. 49. 5S. 63—74;
LXII, 4. S—32; LXÜI, 30. 33—35. 37—49; LXIV, 19—23. 53—81; LXV, 21—53; LXVI, 6—12).

Der lokalitalische Stil erstirbt in der Glyptik mit dem Ende der Republik. Wie die
Porträts uns lehren, war er in den Kreisen der Vornehmen schon langst vorher, wenigstens seit
Pompejus, Ciceros und Caesars Zeiten tot; Männer dieser Art Hessen sich die Ringe von den
Griechen schneiden, deren unendlich schönere, freiere, flüssigere Kunst sich unter den Römern
immer fester setzte. Immer zahlreicher kamen die gewandten Griechen, aus Athen vor allem ^
und nicht minder aus Kleinasien, einem gewaltigen Zuge nach dem Westen folgend, und Hessen
sich unter den Italikern nieder. Erst nur für die höheren Klassen arbeitend, dehnten sie ihre
Thätigkeit bald nach allen Seiten aus. Der italische Steinschneider musste sich anpassen und
ganz in die griechische Bahn einlenken, oder er fand bald auch bei den niedereren Klassen,
die ihm länger treu geblieben waren, keine Abnehmer mehr. Der lokale Eigengeschmack,
die bodenständige Kraft italischer Kunst werden, wenn nicht aufgesogen von dem Griechen-
tum, doch wenigstens so verdünnt, dass sie kaum kenntlich bleiben. Der italische Kunstdialekt
stirbt aus, die griechische Kunstsprache wird die universelle im römischen Weltreich.

Freilich war dieser Erfolg* den Griechen nur dadurch möglich geworden, dass sie sich
gewandt und geschickt den römischen Anschauungen anzupassen wussten. Was man gewöhnlich
als recht charakteristisch römische Kunst in augusteischer Epoche anzusehen pflegt, wie etwa
die Gemma Augustea Tafel L oder die Silberschale von Aquileia1, sind von Griechen gefertigte
Werke, die römische Anschauungsweise in griechischer Formensprache vorzutragen verstanden.
Allein diese Anpassung erstreckte sich nicht weit, und die Römer kamen noch viel mehr den
Griechen als diese jenen entgegen. Und die nationalen römischen Gegenstände verschwinden
jetzt ganz von den Siegeln.

1 lirimn's kleine Schriften l, 59 IT.
 
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