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Einleitung

In Museen und Gemäldegalerien wird selten gelacht. Konzentrierte
Museumspädagogen oder angestrengte Touristenführer berufen sich vor
den Besuchergruppen eher auf die einschüchternde Autorität der Institution
und vermeiden es, sich selbst und die von ihnen erläuterten Gegenstände
durch Späße zu degradieren. Der einzelne Museumsbesucher richtet sich
darauf ein, seine kulturellen Kenntnisse zu erweitern, oder er sucht einen
ästhetisch-kontemplativen Genuß. Zum lauten Auflachen kommt es dabei
selten. Ein Dilemma des Museums ist, die Gegenstände, die es zeigt, ihrer
ursprünglichen Zusammenhänge zu berauben. Eine Aufgabe des
Historikers ist es, die ursprünglichen Inhalte und lebensweltlichen
Funktionen zumindest auf dem Papier zu rekonstruieren. Vielleicht gelingt
es dann, einige belustigend gemeinte Bilder der italienischen Renaissance,
wieder "zum Lachen" zu bringen.
Bedeutsamer als die musealen Rahmenbedingungen kunsthistorischen
Ernstes ist eine häufig übersehene methodische Schwierigkeit: es fällt bei
vielen alltäglichen Tätigkeiten erstaunlich schwer, eine präzise Grenze
zwischen Ernst und Spaß zu ziehenr Das gilt auch für das Bildermachen.
Auf den ersten Blick erscheint es einfach, zwischen komischen und
ernsthaften Darstellungen in der italienischen Kunst zu unterscheiden.
Versucht man allerdings, die Funktionen des Spiels und der Komik
konkreter zu bestimmen, verwischen sich die klaren Trennungen. Man
findet sich inmitten einer Vielzahl historischer und psychologischer
Definitionen sowie einer unscharf bestimmten Menge von Beispielen
wieder. Komisch ist häufig das als unangemessen und überraschend
Empfundene. Bildliche Komik entsteht dabei aus der "Fallhöhe" zwischen
der Erwartung und dem tatsächlich Vorgefundenen.^ Sie ist daher keine
Eigenschaft von Bildern, die an ihnen ohne weiteres abzulesen wäre. Um
solche Verstöße richtig einzuschätzen, muß zunächst der ursprüngliche
Kontext rekonstruiert werden. Paul Barolskys Buch über "Witz und
Humor" in der bildenden Kunst der italienischen Renaissance, das 1978
erschien und bisher der einzige monographische Versuch geblieben ist,
behandelte Komik als etwas weitgehend Objektives. Es geriet daher nicht

*Auf die Schwierigkeit, zwischen Spiel und Ernst zu unterscheiden, wies E. H.
Gombrich (1984) ("The high seriousness of play. Reflections on 'Homo ludens' by 1.
Huizinga"), S. 138-63, hin.
''Damit soll nur eine pragmatische Begriffsbestimmung gegeben werden, nicht etwa eine
Definition, die die Ergebnisse der Untersuchung schon präjudiziert. Zu historischen
Theorien des Komischen vgl. Kapitel 1 (mit weiterer Literatur).

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