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Zusammenfassung und Nachbemerkung
Die Entwicklung der burlesken Malerei im ersten Drittel des 16.
Jahrhunderts läßt sich vereinfachend folgendermaßen zusammenfassen: Die
zunächst an der satirischen Literatur orientierte bildliche Komik in der
Florentiner Grafik vor und um 1500 wurde im zweiten Jahrzehnt des 16.
Jahrhunderts abgelöst bzw. ergänzt durch venezianische Gemälde, die
Umsetzungen der literarischen Gattung der Komödie waren. Nach der
Installation dieser Bilder im Kanon anerkannter künstlerischer Aufgaben
wurden Bildform und Thematik sehr bald, zum Teil verändert von der
oberitalienischen Malerei aufgegriffen. Dabei sind zur Deutung einzelner
Bilder zahlreiche Fragen unbeantwortet geblieben. Julius von Schlossers
Sentenz, "denn wer zuviel deutet, kommt bekanntlich in Gefahr zu
mißdeuten", vermag nur wenig zu trösten/^ Durch den Nachweis einer
Gattungstradition ist man allerdings vor der Gefahr ikonographischer
Haarspaltereien besser geschützt. Wenn die Vorbilder und die Inhalte eines
Bildes grundsätzlich bekannt sind, muß nicht hinter jedem ungeklärten
Detail eine hermetische Symbolik vermutet werden. Die untersuchten
Bildbeispiele bezogen sich auf unterhaltende, komische Literatur. Diese
literarische Tradition speiste sich aus zwei Quellen: zum einen der
mittelalterlichen burlesken Literatur (Fabliaux, Schwank, Novella,
Vagantendichtung)/^ zum anderen der Theorie der Fazetie, die der
humanistischen Analyse der antiken Rhetorik und der Komödien
(zusammen mit ihren Kommentaren) entsprang/^ Die beiden
Entwicklungslinien waren verbunden mit der medizinischen Auffassung
von der Heiterkeit als Heilmittel, die ihren Niederschlag auch in den
eingangs besprochenen kunsttheoretischen Quellen fand. Zu Beginn des 16.
Jahrhunderts - als in Italien die neue literarische Gattung der
volkssprachigen Komödie hinzutrat - waren die verschiedenen
Überlieferungsstränge bereits fest miteinander verknüpft/*^ Dies war der

^J. Schlosser (1921), S.56.
^Vgi. zur Kontrolle der Interpretation durch Bildtraditionen E. H. Gombrich (1978[b]),
S.5f, S.20ff., und E. Panofsky (1980), S.38, S.41 (Schema: II-Kontrollprinzip).
"*Vgl. J. Suchomski (1975), S.158ff. et passim.
^Vgl. G. Ferroni (1980) und A. Fontes-Baratto (1987), S.l-45.
^Pontanus und Castiglione etwa erwähnen in ihren Bemerkungen zur geselligen
Komik, die sich vor allem auf Cicero und Quintilian stützen, Giovanni Boccaccios
"Decamerone" als Vorläufer (G. Ferroni [1980], S.81 und S.90).

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